Deutsche Telekom Höttges' Medizin für die Aktionäre

Der Jahresgewinn der Deutschen Telekom bricht wegen hoher Abschreibungen um Milliarden ein. Gleichzeitig erhöht Konzernchef Tim Höttges die Dividende. Wie passt das zusammen? Eine Analyse.

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Der Telekom-Chef hatte Aktionären versprochen: Wenn der Free Cashflow steigt, steigt auch die Dividende. Quelle: Reuters

Düsseldorf In der Natur wächst eine giftige Pflanze angeblich immer in der Nähe von seinem Heilmittel. Auch in der Konzernlandschaft scheint sich dieses Prinzip zu bewahrheiten. So etwa bei der Deutschen Telekom. Da heißt es in den am Donnerstagmorgen veröffentlichten Bilanzzahlen zum vergangenen Geschäftsjahr zunächst, der Konzernüberschuss sei um fast 18 Prozent auf fast 2,7 Milliarden Euro zurückgegangen.

Grund dafür ist eine Beteiligung am britischen Telekomkonzern BT, dessen Aktie nach dem Brexit-Votum massiv an Wert verloren hat. Die Telekom hält 12 Prozent an dem Unternehmen. 2,2 Milliarden Euro muss der Bonner Konzern nun abschreiben.

Ein derartiger Einbruch müsste eigentlich Gift sein für ein börsennotiertes Unternehmen. Die Aktionäre sollten sich Sorgen um ihre Investition machen. Doch hat die Telekom ihr Heilmittel ebenfalls in der Nähe des Unheilbringers positioniert. So heißt es in der Mitteilung des Konzerns nur ein paar Sätze weiter: „Auf Basis der erreichten Ergebnisse schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung am 31. Mai eine um fünf Cent erhöhte Dividende von 60 Cent je Aktie vor.“ Eine Erhöhung der Dividende dient bereits seit dem Konzern-Altertum als Medizin für verstimmte Aktionäre.

Aber wie passt das zusammen? Woher nimmt die Telekom das Geld für die Erhöhung? Zum einen schmerzt die Abschreibung auf die BT-Beteiligung zunächst nur mental, hat aber noch keine physischen Auswirkungen. Die Telekom plant nach derzeitigem Stand nicht, sich von den Aktien zu trennen, weswegen die Abschreibung nur auf dem Papier stattfindet.

Bis sie sie tatsächlich verkauft, sollte sie das irgendwann tun wollen, könnte der Wert der BT-Aktien wieder steigen. Allerdings könnte das dauern. Die Wirtschaftsprüfer hätten die Wertberichtigung nicht vornehmen müssen, würden sie nicht glauben, dass sie langfristiger ist.

Die Entscheidung der Telekom, nach dem Verkauf des britischen Mobilfunkers EE 2015 in BT zu investieren, halten Branchenbeobachter nach wie vor für richtig. Auch wenn zu der Brexit-Entscheidung noch ein Bilanzskandal in Italien die Aktie schwer belastet hat. Langfristig halten die Experten BT für wachstumsstark und gut aufgestellt.

Zum anderen zahlt die Telekom ihre Dividende nicht aus dem Gewinn, sondern aus dem Free Cashflow. Und der ist im vergangenen Jahr um 8,6 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro gestiegen. Der Konzern erklärt stolz, damit habe er seine Prognose für das Geschäftsjahr erreicht, zum Teil sogar übertroffen. Und Telekom-Chef Tim Höttges hatte schließlich immer versprochen: Wenn der Free Cashflow steigt, steigt auch die Dividende.

Der Grund für den Anstieg ist wiederrum, dass es sonst bei den Bonnern derzeit relativ gut läuft. Besonders Vorzeigekind T-Mobile US glänzte erneut, aber auch das Deutschlandgeschäft legte leicht zu. Der Umsatz kletterte insgesamt um 5,6 Prozent auf 73,1 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um 7,6 Prozent auf 21,4 Milliarden Euro. „Wir haben erneut zuverlässig geliefert, was wir versprochen haben“, sagte Höttges. Für dieses Jahr erwartet der seit gut drei Jahren amtierende Unternehmenslenker einen Anstieg des Ebitda um vier Prozent auf 22,2 Milliarden Euro.

Doch bleibt es den Anlegern zu empfehlen, wie auch in der Natur, sich nicht nur Gedanken um vermeintlich offensichtlichen Gefahren Gedanken zu machen. Gift für den Kurs versteckt sich auch im Unterholz. So bleiben das Europageschäft der Telekom und die Großkundensparte schwierig, auch wenn deren Schwäche gerade vom Erfolg in den USA überstrahlt wird. Und das Heilmittel dagegen, wächst nicht offensichtlich in der Nähe. Danach wird man bei der Telekom suchen müssen – und das kann dauern.

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