Deutsche Telekom Können wir uns die Glasfasernetze sparen?

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Telekom setzt auf Vectoring-Technik

Die Zahlen untermauern die aktuellen Ausbaupläne der Deutschen Telekom. Nach mehreren Strategiewechseln setzt Konzernchef Timotheus Höttges inzwischen auf den Einsatz der sogenannten VDSL-Vectoring-Technik. Dabei presst die Telekom höhere Geschwindigkeiten aus den alten Kupferkabeln heraus, indem sie die Glasfaserleitungen im Ortsnetz nur bis zu den Verteilerschränken auf den Bürgersteigen baut. Auf den verbleibenden, besonders teuren 100 bis 300 Meter bis in die Wohn- und Bürogebäude nutzt sie weiter die vorhandenen Kupferkabel.

Für 65 Prozent der 40 Millionen Haushalte in Deutschland lässt sich so die Geschwindigkeit eines Anschlusses auf 100 Mbit/s beschleunigen. Durch weiteres Ausreizen der technischen Möglichkeiten, das so genannte „Super-Vectoring“, sollen 2018 sogar schon 250 Mbit/s möglich sein. Bewahrheitet sich die interne Bedarfsprognose für das Jahr 2026, könnte die Deutsche Telekom noch zehn Jahre mit dem Verlegen von Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude warten. Die „Übergangslösung“ (Höttges) würde so zur Dauerlösung.

Wie das Internet der Dinge die Wirtschaftsleistung ankurbelt

Konzernchef Höttges könnte dadurch Tiefbaukosten in Milliardenhöhe einsparen. Während das Verbuddeln von Glasfaser bis ins Gebäude 1000 bis 1500 Euro pro Haushalt kostet, reichen bei VDSL 220 Euro pro Haushalt aus, rechnete der Telekom-Chef nach Fragen von Aktionären stolz auf der letzten Hauptversammlung in Köln vor.

Schöner Mitnahmeeffekt für die Telekom: Der neue Internet-Turbo hebelt den Infrastruktur-Wettbewerb aus. Denn die Vectoring-Technik funktioniert nur, wenn ein Festnetzbetreiber die Kontrolle über die Infrastruktur bekommt. Die Konkurrenten befürchten deshalb eine „Re-Monopolisierung“.

Anteil der Single- und Zwei-Personen-Haushalte wächst

Der Telekom spielt noch ein zweiter Trend in die Karten: In Deutschland gibt es immer seltener den klassischen Familien-Haushalt mit vier und mehr Personen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren es 2013 nur noch fünf Millionen (zum Vergleich 2004: 5,8 Millionen). Stattdessen wuchs die Zahl der Single- und Zwei-Personen-Haushalte auf knapp 30 Millionen (2004: 27,9 Millionen). Die Folge: Je kleiner die Haushalte sind, umso weniger Bandbreite benötigen sie für ihren Internet-Anschluss. Dass im Jahr 2026 eine(r) alleine vier hochauflösende TV-Programme, Videotelefonate und Musik-Streaming gleichzeitig nutzt, ist eher unwahrscheinlich.

Behält die Telekom mit ihrer Bedarfsprognose Recht, dann verliert eine eherne Grundregel des Internets seine Gültigkeit: Das vom Internet-Papst Jakob Nielsen aufgestellte und nach ihm benannte „Law of Internet Bandwidth“. Das aus historischen Analysen abgeleitete Nielsen-Gesetz besagt, dass sich der Bandbreiten-Bedarf der Kunden alle zwei Jahre verdoppelt, also pro Jahr um 50 Prozent steigt.

Der Zehn-Jahres-Prognose der Telekom liegt nur noch eine jährliche Wachstumsrate von gut 25 Prozent zugrunde.

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