Deutsche Telekom Der wundersame Wiederaufstieg der Telekom

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Telekoms Projekt "Null Fehler" als ambitioniertes Ziel

Die Idee, das auch die durch die Snowden-Enthüllungen in Verruf geratenen amerikanischen IT-Giganten die Speicherstätte als Lagerplatz für Daten ihrer deutschen Kunden einsetzen dürfen, kommt so gut an, dass die Telekom noch in diesem Jahr die Kapazitäten durch ein zweites baugleiches Rechenzentrum an gleicher Stelle massiv aufstocken wird.

Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, hat die Telekom allerdings ein äußerst ambitioniertes Projekt gestartet. Zum ersten Mal will ein IT-Unternehmen das Ende der Achtzigerjahre in den USA bei General Electric und Motorola entwickelte Qualitätssteigerungsprogramm, das unter dem Schlagwort Six Sigma Furore machte, auf die IT-Welt übertragen. Die nicht ganz von Größenwahn freie Idee: In der bisher sehr störanfälligen Software- und Internetwelt will die Telekom Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit der künftig noch stärker vernetzten Produkte und Prozesse auf 99,99 Prozent steigern. Bisher schien das technisch unmöglich.

Als die Telekom das Projekt zero outage (zu Deutsch: null Fehler) 2010 startete, sollte der alte Programmierer-Grundsatz Quick and Dirty ein für alle Male verdammt werden. Programmierer mussten lernen, disziplinierter und gründlicher zu arbeiten. Passiert trotzdem ein Fehler, wird er so genau analysiert, dass er sich nicht wiederholen kann. Auch den Lieferanten werden so strenge Vorgaben ins Pflichtenheft geschrieben, dass die Unternehmen, die sie nicht einhalten, keine Folgeaufträge mehr bekommen. „Die Zahl der Großstörungen hat sich um 95 Prozent reduziert“, sagt Qualitätsvorkämpfer Stephan Kasulke.

Muss Deutschland wirklich Milliarden in den Glasfaser-Ausbau investieren, um schnelles Internet zu haben? Eine interne Telekom-Prognose weckt erstmals Zweifel: Die Kupferkabel könnten noch zehn Jahre halten.
von Jürgen Berke

Früher hätte der Telekom-Vorstand solch ein Projekt geheim gehalten, um den Wettbewerbsvorteil möglichst lange auszukosten. Die neue Telekom der Ära Höttges gibt solche Internas heraus. Denn die Telekom will auch gesamtwirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Wenn all die großen Digitalprojekte in der Fabrik 4.0 und im Internet der Dinge permanent einstürzen, weil unausgereifte Software zu viele Schwachstellen besitzt, dann legen die Verantwortlichen die Transformation auch schnell wieder auf Eis. Die IT-Branche würde das Fundament, auf dem all die kühnen Wachstumsprognosen beruhen, untergraben.

Zu schwach für die Trendwende?

Die Telekom hat deshalb eine branchenweite Debatte losgetreten. „Wir müssen das Null-Fehler-Prinzip zum Gütesiegel und Marktstandard entwickeln“, sagt Kasulke. „Sonst nimmt die Zahl der IT-Störungen weiter zu.“

Die Telekom allein fühlt sich nicht stark genug, diese Trendwende herbeizuführen. Mit möglichst vielen großen IT- und Softwareanbietern will sie ein Konsortium gründen, das ein wichtiges Ziel verfolgt: „Ich wünsche mir einen Baukasten mit fehlerfreien Komponenten für superkritische Systeme“, sagt Kasulke. Dann können normale Kunden IT-Produkte und -Dienstleistungen einkaufen, die sonst nur die US-Army und die Nato bekommt.

Das Projekt zeigt aber auch: Die Telekom tritt viel selbstbewusster gegenüber den IT-Giganten auf. Früher wäre sie blind vor Respekt allen Ideen aus dem kalifornischen Silicon Valley gefolgt. Jetzt dreht sie zum ersten Mal den Spieß um und spielt ihre Einkaufsmacht aus. Auch US-Firmen müssen die Software in einer Qualität liefern, wie sie die Telekom vorschreibt. Selbst auf der globalen Bühne ist die Telekom auf einmal doch nicht mehr ganz so winzig, wie Höttges gerne suggeriert.

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