Die Macher hinter Rocket Internet Das Samwer-Imperium ist nur eine riskante Wette

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Stillstand ist keine Option

Der wichtigste Geldgeber ist jedoch der börsennotierte schwedische Medienkonzern Kinnevik. Rund 1,2 Milliarden Euro haben die Schweden in die Samwer-Sphäre gepumpt, den Großteil in Zalando. Mit 36,5 Prozent der Anteile sind sie der größte Anteilseigner des Modehändlers, Kinnevik-Verwaltungsratschefin und Großaktionärin Cristina Stenbeck führt den Zalando-Aufsichtsrat. An Rocket Internet selbst hält Kinnevik 18,5 Prozent.

Freie Bahn

Ankunft am Flughafen Tegel, das Taxi hält vor dem Zugang zu Flugsteig fünf. Draußen leuchtet in grellem Orange die Werbung des Autoverleihers Sixt: „Winners have a sixt sense“. Samwer reißt die Tür auf und stürmt raus. Fahrziel erreicht, Gespräch beendet, noch schnell die Tasche aus dem Kofferraum und dann zum British-Airways-Schalter.

Keine Frage, Rocket Internet und die Samwers müssen sich sputen. Egal, ob Marktplätze, Möbel- oder Modeshops – die aussichtsreichsten Massenmärkte im Web sind besetzt. Hier noch neue Marktführer zu kreieren wird immer aufwendiger. Der Kopierfabrik drohen dereinst die Vorlagen auszugehen.

Rocket Internet reagiert mit einer Art Konzern-Upgrade auf diese Gefahr und stampfte zuletzt eine Finanzsparte aus dem Boden. Im August stieg zudem die philippinische Telefongesellschaft Philippine Long Distance Telephone (PLDT) bei den Berlinern ein. Gemeinsam wollen die Partner nun in Schwellenländern Angebote für das Bezahlen per Handy aufziehen. Wenig später folgte der United-Internet-Deal und hievte die Bewertung von Rocket Internet auf insgesamt mehr als vier Milliarden Euro. Würden die Samwers ihr 54-Prozent-Paket verkaufen, könnten sie demnach mindestens 2,2 Milliarden Euro kassieren. Ihre 17-Prozent-Beteiligung an Zalando ist nach Stand der Dinge weitere 660 Millionen Euro wert.

Doch wollen die Samwers Kasse machen? „Die Eigentümer haben keine Pläne, ihre Anteile zu veräußern“, beteuert ein Rocket-Internet-Sprecher.

287 Millionen in die Samwer-Taschen

Ihren Einsatz haben die Alt-Gesellschafter ohnehin gesichert. Seit 2012 kehrte Rocket Internet fast eine Milliarde Euro an Sach- und Bardividenden an die Eigentümer aus. Das lässt sich aus einem Prüfbericht zur Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft im Juli ableiten. 2012 und 2013 wurden die Samwers und ihr Investorenzirkel demnach mit insgesamt 551 Millionen Euro bedacht. Für 2014 gönnten sich die Anteilseigner eine sogenannte Vorabausschüttung. Knapp 287 Millionen Euro flossen an die Brüder und katapultierten das Trio auf Platz sechs in die Liste der größten deutschen Dividendenempfänge. Kinnevik und die Beteiligungsgesellschaft Access Industries wurden im Gegenzug mit zusätzlichen Anteilen an Zalando-Doppelgängern rund um den Erdball bedacht. Die Schweden hätten auf mehr direkte Unternehmensanteile gedrungen, heißt es im Rocket-Internet Umfeld.

Nebeneffekt: Die Auszahlungen leerten die Kasse der Rocket-Holding empfindlich. Neue Investoren und demnächst auch private Anleger sollen helfen, nachzufüllen. Dann, so die Hoffnung, wird die große Samwer-Show noch erfolgreicher, noch gewinnbringender weitergehen – fragt sich nur für wen.

Die Dame vom First-Class-Schalter schüttelt freundlich lächelnd den Kopf, als Oliver Samwer ihr seinen Pass hinhält. Leider nichts zu machen, Flug BA 987 ist dicht. Eigentlich hätte Samwer jetzt Zeit. Er könnte durch Flughafen-Boutiquen schlendern und den stationären Handel inspizieren. Die nächste Maschine nach London startet erst in eineinhalb Stunden.

Doch Stillstand ist keine Option für ihn, die Arbeit geht weiter. Er marschiert zu Gate fünf, legt Reisetasche und Handy auf das Band und passiert die Sicherheitsschleuse. Kein Piepen hält ihn auf, keine Security bittet ihn zur Nachkontrolle: freie Bahn für Oliver Samwer.

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