Digitalmarkt "Die Zeit der Europäer wird kommen"

Seite 2/3

Das Stigma des Misserfolgs

Diese Unternehmen wachsen am schnellsten
Die Unternehmensberatung Deloitte zeichnet regelmäßig die 50 am schnellsten wachsenden Technologie-Unternehmen aus. Die Prämierten feierten diese Woche in Berlin – eine Auswahl der Firmen stellen wir auf den folgenden Seiten kurz vor. Berücksichtigt werden in der ersten Kategorie Unternehmen, die mindestens fünf Jahre auf dem Markt existieren. Dennoch: Da kleine Firmen tendenziell schneller wachsen können als große, gibt es auch in dieser Liste viele unbekannte Namen. Quelle: Presse
Kategorie Technology Fast 50David Zimmer, Gründer der inexio Informationstechnologie und Telekommunikation KGaA, hat schon im September für Schlagzeilen gesorgt als er zum Entrepreneur des Jahres in der Kategorie Start-up von Ernst&Young gekürt wurde. Die Firma, versorgt entlegene Dörfer mit schnellen Internetanschlüssen und hatte es In den Jahren 2009 und 2010 hatte in die Kategorie „Rising Star“ geschafft. Dieses Jahr stieg inexio in die Kategorie der „erwachsenen“ Technologieunternehmen ein und erreichte den ersten Platz. Der Umsatz kletterte in den vergangenen fünf Geschäftsjahren um sagenhafte 6.215,77 Prozent. Inexio hat seinen Sitz in Saarlouis und beschäftigt rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Quelle: dpa
Kategorie Technology Fast 50Die BIG Medienversorgung hat sich darauf spezialisiert, ältere Wohnungen mit schnellen Datenverbindungen auszurüsten. So hat das Unternehmen etwa 2360 Wohnungen in Rhein-Erft-Kreis mit Glasfaser-Satelitten-Technik ausgestattet. Als eine Alternative zum klassischen Kabelnetzbetreiber erzielte BIG in den letzten fünf Jahren eine Umsatzwachstumsrate von 2.623 Prozent und kam damit auf zweiter Platz der Fast 50. Quelle: dpa
Kategorie Technology Fast 50Die Dresdner ventury GmbH plant und baut Biogasanlagen. Das Fünf-Jahres-Wachstum: 1720 Prozent. Derzeit treibt die Firma neue Entwicklungen in der Biogas-Technik im Bündnis „Chemnitz FutureGas“ mit Partnerfirmen und Forschungseinrichtungen aus der Region voran. Das Vorhaben wird aus dem Haushalt des Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Quelle: Presse
Kategorie Technology Fast 50Das Unternehmen Flagbit hat es auf den vierten Platz der kontinuierlich wachsenden Firmen geschafft. Das Bild zeigt eine Internetpräsenz, die der Webentwickler programmiert hat. Die 5-Jahres-Wachstumsrate von Flagbit beträgt stolze 1590 Prozent. Die Internetagentur sitzt in Karlsruhe. Quelle: Screenshot
Kategorie Rising StarsDer Gewinner des Rising Stars Awards bietet branchenübergreifende Engineering-Services an. Die Technagon GmbH konzipiert, entwickelt und produziert mechatronische und elektromechanische Baugruppen, Geräte und Systemlösungen nach sogenannten „private label design and manufacturing“. Das Unternehmen mit Sitz im bayerischen Wald unterstützt mit einem Stipendienprogramm Studierende der Studiengänge Elektrotechnik, Maschinenbau und Mechatronik. Quelle: dapd
Saskia Biskup hat im Jahr 2009 zusammen mit Dirk Biskup die CeGaT GmbH gegründet, einen Anbieter mittelständischer Dienstleister im Bereich Biotechnologie. Mit der Entwicklung sogenannter Diagnostik-Panels in ihrem Tübinger Labor ist es möglich, sämtliche für eine Krankheit in Betracht kommende Gene gleichzeitig zu entschlüsseln und auf bestimmte Krankheitsbilder hin zu untersuchen. Das Unternehmen hat im Jahr 2011 schon den Deutschen Gründerpreis gewonnen. CeGaT versorgt Ärzte, Kliniken und Forschungseinrichtungen. Bereits im ersten Geschäftsjahr wurde ein Umsatz von knapp einer Millionen Euro erreicht. Quelle: Presse

Verfügen europäische Internetgründer also eigentlich über bessere Bedingungen zum Durchstarten als ihre US-Konkurrenten?

Das könnte man angesichts der genannten Daten durchaus meinen. Doch auf unserer Seite des Atlantiks droht Gründern immer noch das Stigma des Misserfolgs, was manche vielleicht übervorsichtig werden lässt. Kein Wunder, denn meist dauert es mehrere Jahre, bis ein Insolvenzverfahren abschlossen ist. Erst danach bekommen im ersten Anlauf gescheiterte Unternehmer eine zweite Chance. Zudem ist es für Start-ups schwerer als in den USA, Geld für die der Gründungsphase folgenden Wachstumsphase einzuwerben, mit dem sie ihr Geschäft auf eine nennenswerte Größe bringen könnten. Weniger als ein Viertel des in junge europäische Unternehmen investierten Wagniskapitals floss im zweiten Quartal dieses Jahres in solche Wachstumsfinanzierungen. In den USA waren es 70 Prozent. Zudem gab es an den drei Hauptbörsenplätzen London, Frankfurt und Paris in den vergangenen zwölf Monaten nur drei Börsengänge von Internetunternehmen. Dagegen kamen die Amerikaner im selben Zeitraum auf mehr als 30 Tech-IPOs. Darunter war allerdings auch der Börsengang des französischen Unternehmens Criteo, einem Spezialisten für Onlinewerbung. Die hohen Summen, die an den US-Börsen eingesammelt werden können, locken also auch Europäer an.

Profitieren junge Internetunternehmen nicht von der Integration Europas?

Das Problem ist, dass Europa trotz der wirtschaftlichen Integration und des gemeinsamen Binnenmarkts national zersplittert ist. Hier gegründete Firmen haben daher einen deutlich kleineren Heimatmarkt als US-Konkurrenten und können daher nicht so einfach schnell wachsen. Ich will hier aber kein Klagelied darüber anstimmen, dass in den Vereinigten Staaten alles besser wäre. Die zwischenstaatlichen Grenzen in Europa können auch positive Folgen für junge Unternehmen haben. Beispielsweise müssen sie sich schon in einer früheren Phase als ihre amerikanischen Pendants Gedanken über eine Internationalisierung des Geschäfts machen. Sie erwerben dabei vorzeitig Fähigkeiten, die dabei helfen können, später den Weltmarkt zu erobern.

Wie die wichtigsten Startup-Brutkästen, Kapitalgeber und Internetfirmen in Berlin zusammenhängen.

Wann starten die europäischen Digitalfirmen richtig durch?

Gestartet sind sie ja schon längst. Schauen Sie sich zum Beispiel Erfolgsgeschichten wie Skype, Spotify oder Fotolia an. Für den Durchbruch auf breiterer Front muss jedoch die Wachstumsfinanzierung sichergestellt werden, wobei auch Private-Equity-Investoren wie KKR eine wichtige Rolle spielen werden. Europa verfügt als Ideenschmiede neben einigen Nachteilen auch über einen wichtigen Vorteil gegenüber den USA, nämlich einer ausgeprägten Diversität. In den USA gibt es mit dem Silicon Valley aufgrund einer über Jahrzehnte gewachsenen unternehmerischen Infrastruktur ein klar dominierendes Kreativzentrum, das neue Geschäftsmodelle hervorbringt. In Europa dagegen verteilt sich die unternehmerische Aktivität im Digitalbereich auf mehrere Zentren wie London, Berlin, Stockholm, Paris oder Helsinki. All diese „Kreativ-Hubs“ haben ihr eigenes lokales Gewebe, sind aber dennoch eng miteinander verbunden. Tüftler und Unternehmer aus den skandinavischen Ländern etwa haben das Musikportal Spotify hervorgebracht sowie den Internettelefondienst Skype oder den Onlinezahlservice Klarna aufgebaut. Sie haben sich dabei auf Talent und Kapital aus ganz Europa gestützt. Fotolia, die führende europäische Plattform für lizensierte digitale Bilder, in die wir 2012 investiert haben, ist mittlerweile in 23 Ländern aktiv. Alleine im vergangenen Jahr hat das Unternehmen Websites in acht neuen Ländern eröffnet.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%