Druckmaschinen Die Deutschen verpassen den Anschluss

Auf der weltgrößten Druckmaschinenmesse Drupa zeigt sich ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb. Und die Weltmarktführer aus Deutschland werden im Zuge der Digitalisierung abgehängt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Flagge zeigen - Die Druckmaschinenmesse Drupa ist ein Spiegel ihrer Branche. Quelle: Pressebild

Zwei Wochen lang steht sie im Norden von Düsseldorf: die größte Druckerei der Welt. Die beanspruchte Fläche bedeckt 40 Fußballfelder, die verlegten Kabel erstrecken sich über 160 Kilometer, alle Anlagen zusammen fressen so viel Strom wie eine Stadt mit 160.000 Einwohnern.

Alle vier Jahre schmückt sich die Stadt am Rhein mit dieser Superlative, der Drupa, wie die weltgrößte Druckmesse heißt. Doch der ganz große Glanz ist dahin. Statt 1.950 werden vom 3. Mai an nur noch 1.870 Aussteller erwartet, das entspricht drei Prozent weniger Standfläche. Ein solches Minus hat es in der über 60-jährigen Geschichte der Superschau noch nie gegeben. „Die Drupa ist wie jede Messe ein Spiegel ihrer Branche“, räumt Drupa-Chef Manuel Mataré ein.

Die digitale Konkurrenz

Das kann mal wohl sagen. Denn hinter dem zarten Rückgang bei den Ausstellern verbirgt sich ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb. Während sich die herkömmlichen Anbieter, die mit Offset- und Rollendruckmaschinen ihr Geschäft machen, schleichend zurückziehen, machen sich die digitalen Konkurrenten aggressiv breit – in sechs statt auf vier Hallen wie vor vier Jahren. Zwar triumphiert noch immer der weltgrößte Druckmaschinenbauer Heidelberg mit Anlagen auf 6.300 Quadratmetern. Doch zweitgrößter Aussteller ist ein ursprünglich Branchenfremder, der US-Computerkonzern Hewlett-Packard (HP), der mit seinen Digitaldruckern ungebremst expandiert. Deutschlands einstige Matadore des Maschinenbaus drohen ihre weltweite Vormachtstellung zu verlieren, weil sie Probleme haben, mit der Revolution in ihrer Branche mitzuhalten: der Digitalisierung.

Statt Buchstaben und Fotos aufwendig auf Druckformen zu fixieren, arbeiten die Angreifer aus der IT- und Elektronikbranche meist nur noch mit elektronisch gesteuerten Tintenstrahl- oder Laserdruckern.

Übersicht zu den weltweiten Umsätzen mit Druck (zum Vergrößern bitte Bild anklicken).

Den Anschluss verloren?

Leidtragende dieser Entwicklung sind die großen deutschen Anbieter Heidelberg, die Nachfolgeunternehmen des insolventen Wettbewerbers Manroland sowie Koenig & Bauer, die im klassischen Druck etwa zwei Drittel des Weltmarktes kontrollieren. Ihre Krux: Während Unternehmen wie Hewlett-Packard, der japanische Wettbewerber Canon oder der amerikanische Kopierriese Xerox von zehn Prozent jährlichem Wachstum im Digitaldruck profitierten, mussten die drei Deutschen in den vergangenen fünf Jahren auf einem schrumpfenden Markt mehr als ein Drittel ihres Umsatzes abgeben.

Noch immer lebt das stolze Trio zu sehr von Masse und Größe – Maschinen, die bis zu 30 Meter lang sind, oft mehrere Hundert Tonnen wiegen und durch die das Papier mit Tempo 70 rast. Die Zukunft gehört jedoch kleineren, flexiblen Digitaldruckanlagen. Der amerikanische Branchenexperte Frank Romano geht davon aus, dass sich der heutige Anteil von digitalen Druckprodukten von etwa 15 Prozent bis zum Jahre 2020 etwa vervierfachen wird.

Der digitale Einstieg kommt zu spät

Klassische Druckmaschinen wie vom weltgrößten Druckmaschinenbauer Heidelberg werden auf Dauer der digitalen Konkurrenz weichen müssen. Quelle: dapd

Die deutschen Druckmaschinenbauer reagierten zwar auf die Veränderung des Marktes, doch zu spät. So ging Koenig & Bauer im vergangenen Jahr mit der amerikanischen R. R. Donnelley & Sons Company eine Partnerschaft ein. Heidelberg verbandelte sich zur gleichen Zeit mit Ricoh. Doch bei beiden Allianzen geht es vornehmlich um Vertrieb und die elektronische Einbindung in die Druckanlagen.

Tragisch: Heidelberg war unter dem damaligen Konzernchef Hartmut Mehdorn bereits 1997 in das Digitaldruckgeschäft eingestiegen. Doch als die Werbe- und Medienkrise nach der Jahrtausendwende einsetzte, entschied sein Nachfolger Bernhard Schreier, das Geschäft 2004 abzustoßen.

Auf der Drupa werden beide Unternehmen die neuen Maschinen vorstellen. Aber es sind eben nicht eigene Entwicklungen – auch wenn die Logos der deutschen Hersteller auf den Geräten prangen. Von einem Rettungsschlag kann keine Rede sein. „Sowohl Heidelberg wie Koenig & Bauer bleiben klassische Druckmaschinenbauer“, kritisiert ein Unternehmensberater.

Dabei spricht viel für die neue Technik. Die teure Vorbereitung der Druckformen entfällt. Kleine Auflagen und an den einzelnen Nutzer angepasste Varianten etwa von Werbebriefen mit persönlicher Anrede sind ohne große Kosten herzustellen. Der Drucker kann jede Seite ohne großen Aufwand verändern. Vor allem für kleine Einzelauflagen mit viel Farbe und hoher Vielfalt sinkt der Aufwand beträchtlich und verbessert sich die Kalkulation für die Druckereien. Denn dank der flexiblen Digitaldrucker verursachen Nachdrucke in kleinen Auflagen viel weniger Mehrkosten. „Drucker wollen flexibel sein“, sagt Andreas Weber, Sprecher der Brancheninitiative Mainzer Digitaldruckforum.

Traditionalisten werden auf Dauer aussterben

Verstärkt wird der Trend zum Digitaldruck dadurch, dass die Technik immer höhere Auflagen ermöglicht. Arbeiteten die Anlagen vor fünf Jahren nur bis zu weit unter 10.000 Exemplaren wirtschaftlich, schaffen sie dies inzwischen mit über 100.000 Stück und bieten dadurch den herkömmlichen Druckmaschinen immer mehr Paroli – Tendenz steigend.

Der Überlebenskampf der deutschen Traditionalisten hatte in den vergangenen Jahren dramatische Formen angenommen. Zwar schreibt Koenig & Bauer schwarze Zahlen, musste aber beim Umsatz in den vergangenen fünf Jahren etwa ein Drittel abgeben. Branchenprimus Heidelberg konnte vor drei Jahren nur durch staatliche Garantien gerettet werden. Und Manroland, lange Zeit die Nummer zwei weltweit, ging Ende des vergangenen Jahres pleite. Die Reste überleben jetzt unter den Dächern des Lübecker Maschinenbauers Possehl und der britischen Langley-Gruppe.

Gegen die Digitaldruckgiganten wie Hewlett-Packard, Canon oder Xerox, deren Konzernumsätze teilweise mehr als zehnmal so groß sind, wirken die Druckmaschinenbauer angeschlagen und wie Zwerge.

„Der Spielraum wird für die klassischen Druckerhersteller immer kleiner“, sagt Digitalexperte Weber – wie auch der Raum, den sie auf der Drupa in Düsseldorf beanspruchen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%