Einigung im Tarifstreit Mehr Geld und viel mehr Freizeit für Telekom-Mitarbeiter

Die Telekom hat sich im Tarifstreit auf deutlich höhere Gehälter eingelassen. Zudem gibt es für die Mitarbeiter ein neues Teilzeitmodell.

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Aktuelle News und zu Telekom, Unitymedia, Vodafone & Co. Quelle: dpa

Düsseldorf Nach einer nahezu schlaflosen Nacht und einem rauen Morgen stellte sich ab dem Mittag im gemütlichen Euskirchen mit der Sonne die Ruhe wieder ein. Zwei Tage hatten rund 15.000 Mitarbeiter der Deutschen Telekom bundesweit gestreikt, um Druck auf die Tarifverhandlungen an diesem Donnerstag auszuüben. Sie zogen durch die Städte, bauten symbolisch Barrieren vor den Gebäuden des Konzerns.

Sie wollten keinen Zweifel daran lassen, dass sie sich bei ihren Forderungen kaum erweichen lassen wollen. 5,5 Prozent mehr Gehalt in den kommenden zwei Jahren stand ganz oben auf ihrem Forderungszettel. Außerdem sollten die Auszubildenden und die dual Studierenden bessere Konditionen bekommen.

Am Mittwoch streamte die Gewerkschaft Verdi noch live von einer Demonstration in der Kölner Südstadt an den Verhandlungsort Euskirchen, um ihre Forderungen klarzumachen – und zwar deutlich und laut. Die Demonstranten verursachten einen ohrenbetäubenden Lärm, der bei gutem Wind vielleicht auch ohne Videostream ins rund 45 Kilometer entfernte Euskirchen gelangt wäre.

Die Botschaft scheint gewirkt zu haben: Telekom und Gewerkschaft haben sich auf eine Tariferhöhung von 5,2 beziehungsweise 4,8 Prozent für die 55.000 Beschäftigten geeinigt. Wer weniger verdient, bekommt einen höheren Aufschlag. Außerdem werden betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2020 ausgeschlossen. Auch die 7000 Auszubildenden und die dual Studierenden bekommen mehr Geld.

Was aussehen könnte, als hätte die Telekom vielleicht nicht hart genug verhandelt, präsentiert sich aber durchaus für beide Seiten positiv: „Es ist insgesamt gut gelaufen“, erklärte Simone Thiäner, Personalchefin der Telekom Deutschland und Verhandlungsführerin, dem Handelsblatt. „Das Ergebnis entspricht etwa dem, was wir erwartet haben.“ Natürlich sei der Aufschlag eine „ordentliche Erhöhung, die die Telekom auch erst einmal verdienen müsse“. Die Gespräche mit der Gewerkschaft seien konstruktiv gewesen und sie hätten sich vor allem auf innovative Arbeitszeitmodelle einigen können.

Damit spielt sie zum einen auf das neue Teilzeitmodell „Additional Days Off“ an, einer Art Mini-Sabbatical: Die Mitarbeiter können ihre Wochenstunden reduzieren, arbeiten aber wie gewohnt weiter und bekommen dafür zusätzliche freie Tage.

Ab 2019 soll dieses Prinzip grundsätzlich gelten. Die Telekom hatte bereits vor zwei Jahren mit der Gewerkschaft beschlossen, dass ab 2019 die Wochenarbeitszeit von 38 auf 36 Stunden reduziert wird. Die Mitarbeiter kommen aber weiter wie gewohnt 38 Stunden, bekommen dann aber zusätzlich bis zu 14 Tage frei als Ausgleich.

Für die Gewerkschaft Verdi ist diese Verabredung ein wichtiges Ergebnis: „Das ist ein wesentlicher Beitrag dazu, die Digitalisierung mit sozialem Fortschritt zu verbinden“, sagte Lothar Schröder, Mitglied des Bundesvorstands von Verdi.

Beide Parteien wissen: Die Digitalisierung wird das Arbeitsumfeld verändern, gerade in einem technikgetriebenen Konzern wie der Deutschen Telekom. Wenn etwa einmal neue Glasfaserleitungen verbaut sind und die Infrastruktur auf den nächsten Mobilfunkstandard 5G hochgerüstet worden ist, wird ein Großteil des Netzes nur noch per Software gesteuert.

Personalvorstand Christian Illek hatte deswegen im Interview mit dem Handelsblatt bereits 2016 gesagt: „Wir brauchen weniger Mitarbeiter“. Damit die Telekom nicht in die Situation kommt, viele Stellen abbauen zu müssen, sorgen Konzern und Gewerkschaft mit neuen Arbeitszeitmodellen nun vor.

Für die Telekom macht es dabei einen deutlichen Unterschied, ob die Mitarbeiter weiter 38 Stunden kommen oder 36. Hätte sich die Wochenarbeitszeit verkürzt, hätte sie die gesamte Kapazitätsplanung ändern müssen.

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