Elektronikriese in der Krise Toshiba zieht sich mit Verkauf der Atomkraftwerkssparte selbst aus der Schlinge

Der Verkauf seiner bankrotten Atomkraftwerkssparte rettet Toshiba überraschend aus der Krise. Doch viele Fragen bleiben offen.

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Tokio Japans schwerster Sanierungsfall Toshiba propagiert schon länger die Wende. Nun hat der Konzern das mit der Jahresbilanz 2017 untermauert. Mit einem Rekordgewinn rettet der Konzern sich aus seiner tiefsten Krisen und darf damit an der Börse bleiben. Der Aktienpreis stieg daraufhin um 3,5 Prozent auf 299 Yen.

Auf den ersten Blick lesen sich Toshibas Zahlen tatsächlich beeindruckend. Das negative Eigenkapital wurde ausradiert. Derzeit stehen 783 Milliarden Yen (5,9 Milliarden Euro) als Eigenkapital in der Bilanz. Das sind rund zehn Milliarden Euro mehr als vor einem Jahr. Mit einer Kapitalerhöhung über 4,5 Milliarden Euro im Dezember 2017 hat sich der Konzern weitgehend entschuldet.

Aber ein Blick in die Bilanz zeigt auch, dass Toshibas Probleme langfristig keineswegs behoben sind. Weder das verbesserte Eigenkapital, noch die Prognose für 2018 – ein Anstieg des Reingewinns auf 1,1 Billionen Yen (8,3 Milliarden Euro) – sagen wirklich etwas über die Stärken und Schwächen des Konzerns aus.

Unterm Stich steht 2017 ein Reingewinn von 804 Milliarden Yen (rund 6 Milliarden Euro) – das erste Plus in vier Jahren. Aber den Großteil des Reingewinns verdankt Toshiba Steuergutschriften nach dem Verkauf der Atomkraftwerkssparte Westinghouse und Verkäufen von Firmen wie Landis+Gyr in der Schweiz.

So hatten im Vorjahr Verluste der Atomkraftwerkssparte Westinghouse Toshiba noch 966 Milliarden Yen (rund 7,4 Milliarden Euro) ins Minus gedrückt. Damals stand das Überleben des Traditionskonzerns auf dem Spiel, so tief sackte auch das Eigenkapital durch immer neue Abschreibungen ins Minus.

Der Verkauf der hochprofitablen Chipsparte an ein Konsortium um den Finanzinvestor Bain Capital und den südkoreanischen Chipkonzern SK Hynix stockt, weil Chinas Kartellbehörde ihre Zustimmung zu dem 15-Milliarden-US-Dollar-Deal herauszögert. Unter Marktexperten wurde dieser Deal eigentlich als überlebenswichtig angesehen.

Noch deutlicher wird Toshiba eigentliches Problem beim Blick auf die operative Geschäfte im Jahr 2017: Nach dem geplanten Verkauf der Chipsparte würde der Konzern auf ertragsschwachen Sparten sitzenbleiben, also Turbinen und Kraftwerke, Züge und Industrieanlagen, Registrierkassen oder Computer, Server und das Geschäft mit Diensten wie der Vernetzung von Maschinen.

Chipsparte vielleicht besser behalten?

Der Umsatz sank 2017 um zwei Prozent auf 3,9 Billionen Yen ab. Ohne eine volle Konsolidierung der ausgegründetes Chipsparte sank der Betriebsgewinn allerdings um 22 Prozent auf 64 Milliarden Yen. Inklusive der Chipsparte würde der operative Gewinn im laufenden Jahr auf 529 Milliarden Yen steigen, rechnet Toshiba vor.

Auch 2017 wird sich an Toshibas Schwäche kaum etwas ändern. Der Umsatz soll weiter auf 3,6 Billionen schrumpfen, der Betriebsgewinn nur leicht auf 70 Milliarden Yen steigen. Denn der erneute Rekordgewinn würde auf dem Verkauf von Toshibas Juwel beruhen, der Chipsparte. Angetrieben vom mehrjährigen Boom bei Speicherchips erzielte die 2017 eine Gewinnmarge von 40 Prozent.

„Wir diskutieren nun, wie die Ertragskraft verbessern können“, stellte der neue Verwaltungsratsvorsitzende und Chief Executive Officer Nobuaki Kurumatani am Dienstag seine größte Herausforderung dar. Die Aktionäre sind auf das Ergebnis gespannt. Denn Toshiba hat keinen Shootingstar in seinem Restportfolio, der die Chipsparte kurzfristig ersetzen könnte.

Denn Toshibas Hauptbanken trauen dem immer noch klammen Konzern nicht zu, die großen Investitionen in immer neue Produktionstechnik und Fabriken allein zu stemmen. Nur läuft Toshiba Gefahr, dass der Chipboom bis zum IPO abebbt und damit den Verkaufspreis drückt.

Viele Anleger und Experten fragen bereits offen, ob es nicht besser wäre, wenn Toshiba die Sparte behält oder an die Börse bringt. Ein Börsengang gilt in diesem Fall als das wahrscheinlichste Szenario.

Kurumatanis Problem ist, dass er immer noch nicht sicher für die Zukunft planen kann. Denn das Schicksal der Chipsparte ist bis heute nicht geklärt. Bis Ende Mai wird eine Entscheidung der chinesischen Kartellbehörden erwartet. Zwar würde ein negativer Bescheid die Aktionäre nicht mehr schocken. Nur würde sich dann die Frage nach den nächsten Schritten stellen.

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