Entscheidung des Bundeskartellamts Facebook muss Datensammeln in Deutschland massiv einschränken

Facebook Logo Kartellamt Quelle: dpa

Die Kartellwächter wollen die Daten-Sammelwut von Facebook zügeln. Der US-Riese sei auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend und missbrauche seine Stellung. Das Online-Netzwerk wehrt sich.

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Das Bundeskartellamt weist das weltgrößte Internetnetzwerk Facebook in Deutschland in seine Schranken. Der US-Konzern sei auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend und missbraucht diese Stellung beim Sammeln und Verwerten von Daten, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Donnerstag in Bonn. Das Kartellamt habe Facebook deswegen „weitreichende Beschränkungen“ bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. Der US-Konzern wiederum kündigte umgehend an, Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen den Beschluss der Behörde einzulegen. Das Kartellamt unterschätze den starken Wettbewerb in Deutschland durch andere Anbieter wie die Google-Tochter YouTube, Snapchat oder Twitter.

Die Aufseher argumentierten, Facebook mache die Nutzung seines Dienstes davon abhängig, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten auch aus Drittquellen wie etwa den eigenen Töchtern Whatsapp und Instagram sammeln zu können. Dazu gehörten aber auch Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen könne. Dem Beschluss zufolge dürfen künftig Dienste wie das Messenger-Angebot Whatsapp oder der Fotodienst Instagram zwar weiter Daten sammeln, diese aber nur noch mit freiwilliger Zustimmung des Nutzers dem Facebook-Konto zuordnen. Die Einwilligung sei auch für die Sammlung von Daten von Drittwebseiten möglich.

Mundt zufolge hat das Unternehmen zwölf Monate Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Die Entscheidung des Kartellamts sei aber noch nicht rechtskräftig. Facebook könne binnen eines Monats Beschwerde einlegen.

Justizministerin Katarina Barley hat den Kartellamtsentscheid „nachdrücklich“ begrüßt. „Facebook hat die Sammlung und Vernetzung von Nutzerdaten inzwischen weit über seine eigene Plattform hinaus ausgebaut“, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag. „Die Schnittstellen des Konzerns greifen die Daten nicht nur bei den anderen Diensten des Konzerns ab, sondern auch bei zahlreichen Apps und Webangeboten von Dritten“, kritisierte sie. Den Nutzern sei dieser Datenabfluss häufig weder bewusst noch können sie diesen verhindern, wenn sie die Angebote nutzen wollen. „Gegen den Missbrauch von Datenmacht müssen wir konsequent vorgehen“, sagte die Justizministerin.

Mit seinen Plänen zur Zusammenlegung der Chatdienste WhatsApp, Facebook Messenger sowie der Kommunikations-Funktion der Foto-Plattform Instagram auf eine gemeinsame technische Plattform bringt Mark Zuckerberg nicht zur die Wettbewerbshüter, sondern auch Datenschützer massiv gegen sich auf. Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, äußerte sich im Gespräch mit unserer Redaktion besorgt: „Facebook beweist einmal mehr, dass die Halbwertszeit seiner großen Datenschutzversprechen immer kürzer wird“. Man werde Facebook zu einer Stellungnahme auffordern und „sorgfältig prüfen, wie die konkreten Pläne datenschutzrechtlich zu bewerten sind“. Kelber betonte zudem die Dringlichkeit einer schnellstmöglichen Finalisierung der neuen E-Privacy Verordnung. „Nur so erhalten die europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden endlich auch in diesem Bereich die gleichen Befugnisse und Sanktionsmöglichkeiten wie im Anwendungsbereich der DSGVO“, sagte Kelber. Die aktuelle Entscheidung des Bundeskartellamts begrüßte er. „Das aktuelle Geschäftsmodell von Facebook verstößt in mehreren Punkten gegen die hiesigen datenschutzrechtlichen Vorschriften", so Kelber.

Das Kartellamt hatte seine Untersuchung bereits 2016 gestartet – im ersten offiziellen Wettbewerbsverfahren gegen Facebook überhaupt. Es handelt sich um ein Verwaltungsverfahren, an dessen Ende zunächst einmal kein Bußgeld steht. Die Wettbewerbshüter greifen in der Regel dann zu dieser Verfahrensart, wenn es sich um einen schwierigen rechtlichen Fall handelt oder ein Musterverfahren dazu dienen soll, die kartellrechtliche Beurteilung neuer Fälle zu klären. Im Zentrum steht dann das Ziel, kartellrechtskonforme Zustände zu erreichen und nicht, Bußgelder zu verhängen. Im Wiederholungsfall sind solche Geldstrafen aber nicht ausgeschlossen.

Mundt hat den Schutz des Wettbewerbs in der Digitalwirtschaft ins Zentrum gerückt. Die Behörde ziele darauf ab, Märkte offen zu halten und die Interessen der Verbraucher zu schützen, hatte er immer wieder betont. Die Bonner Wettbewerbshüter hatten das Verfahren gegen Facebook im März 2016 eingeleitet. Auch den US-Onlineriesen Amazon hat die Behörde ins Visier genommen.

Laut Kartellamt hatte Facebook im Dezember 2018 weltweit 1,52 Milliarden täglich aktive und 2,32 monatlich aktive Nutzer. In Deutschland waren es 23 Millionen tägliche User, was einem Marktanteil bei den sozialen Netzwerken von über 95 Prozent entspricht. Vor diesem Hintergrund hatte Kartellamtschef Mundt bereits vor einigen Monaten betont, der Fall Facebook sei für seine Behörde „ein extrem wichtiges Verfahren“. Er ließ zudem durchblicken, dass er mit einer langen juristischen Auseinandersetzung rechne. Am Ende könnte das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof landen. Diese Aussage deutet darauf hin, dass das Kartellamt eine Niederlage vor dem OLG Düsseldorf nicht akzeptieren würde, sollte Facebook dort wie angekündigt gegen die Auflagen der Behörde vorgehen. „Wir werden unser Ergebnis natürlich verteidigen“ sagte ein Kartellamtssprecher der WirtschaftsWoche.

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