Erwartungen verfehlt Horrorquartal für Twitter

Für diesen Twitter-Report braucht man keine 140 Zeichen. „Alles Mist“ würde auch reichen. Umsatz und Mitgliederwachstum sind schwach. Die Börse strafte das Unternehmen aus San Francisco gnadenlos ab.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Keinen echter Lichtblick: Twitter schafft es einfach nicht mehr an die alten Wachstumsraten von vor dem Börsengang anzuschließen. Quelle: Reuters

San Francisco Bis zu 14,2 Prozent ging es mit dem Twitter-Kurs am Dienstag nachbörslich abwärts - auf 15,20 Dollar und damit wieder nahe der Allzeittiefs. Es gab praktisch keinen echten Lichtblick. Die Umsatzerwartungen der Analysten lagen im Schnitt bei 607 Millionen Dollar, geliefert wurden 595 Millionen Dollar. Begründung: „Schwäche bei Markenwerbung“. Für das laufende Quartal wollten die Aktienprofis über 660 Millionen Dollar sehen, um weiter an eine Wachstumsstory glauben zu können. Mitgründer Jack Dorsey lieferte aber gleich die passende kalte Dusche: Es wird wohl eher um 590 bis 610 Millionen Dollar liegen, ist seine Botschaft.
Im Schnitt 310 Millionen Menschen nutzen Twitter pro Monat, ein anämisches Plus von drei Prozent zum Vorjahr. Twitter schafft es einfach nicht mehr, an die alten Wachstumsraten von vor dem Börsengang anzuschließen.
Große Hoffnungen setzt Dorsey auf Videowerbung und den Live-Broadcast-Service Periscope. In der kommenden Saison werden zehn Spiele der Football-Liga NFL online übertragen.

In diesem für männliche Nutzer im mittleren Alter sehr attraktiven Werbe-Umfeld erhofft sich Dorsey guten Zuspruch und den Ausbau des Live-Charakters von Twitter als Plattform für Unterhaltung und Sport. Ein weiterer, schon seit langem angekündigter Schwerpunkt ist die Monetarisierung von angeblich hunderten Millionen von Twitter-Nutzern, die Tweets sehen, obwohl sie nicht eingeloggt oder nicht mal Mitglied sind.

Zum Beispiel Tweets, die auf TV-Schirmen in Nachrichtensendungen gezeigt werden, in Blogs eingebunden oder in Webseiten eingebettet sind. Doch noch ist das Problem nicht gelöst, wie damit Geld zu verdienen ist. Das gilt auch für die Twitter-Fans, die ihre Tweets als SMS auf ihr Handy bekommen. Sie werden nach anhaltenden Protesten nun nicht mehr mitgezählt, bis man mit ihnen irgendwie Geld verdienen kann.

Der Nettoverlust von 79 Millionen Dollar ist ebenfalls sicher nicht zur Zufriedenheit der Investoren, obwohl er deutlich unter dem vom Vorjahr mit 162 Millionen Dollar liegt. Die an Mitarbeiter ausgegebenen Aktienrechte im Quartal lagen mit 150 Millionen Dollar 30 Millionen niedriger als ein Jahr zuvor und Dorsey hat gut acht Prozent der Mitarbeiter gefeuert. Nun, so Dorsey, sei man wieder auf der Suche nach den „besten Köpfen“.
Doch das reicht nicht, und es hilft es auch wenig, dass Alphabet (Google), Microsoft, Yahoo, Intel, IBM und heute auch Apple für das erste Quartal enttäuscht haben. So einfach werden die Aktionärsaktivisten Dorsey, der quasi nebenbei noch ein anderes Unternehmen, Square, leitet auf Dauer nicht davonkommen lassen. Wenn sich keine nachhaltige Besserung zeigt, werden sie seinen Kopf fordern, so wie bereits von Marissa Mayer bei Yahoo.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%