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EU-Auflagen Hilfe zur Selbsthilfe

Die geplanten Brüsseler Vorgaben für Google sind umstritten.

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Joaquín Almunia Quelle: AP

„Keine andere Wettbewerbsbehörde der Welt hat solche Zugeständnisse erreicht“, sagt EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia über den geplanten Deal mit Google. Das stimmt – und doch hagelt es dafür Kritik aus allen Richtungen.

Almunia hat im Fall Google gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen. So ist die Materie extrem technisch und komplex. Googles Suchalgorithmus, der 550 Mal im Jahr verändert wird, versteht nur das Unternehmen selbst. Außerdem sprengen die Geschäftsmodelle im Web die bisherigen Marktkonzepte von Ökonomen, bei denen ein Verkäufer einem Käufer ein Gut oder eine Dienstleistung offeriert. Weil Google dem Nutzer seine Leistung umsonst anbietet und Umsatz über Werbung macht, existiert eine Dreiecksbeziehung.

Durch seine Größe löst Google in der Öffentlichkeit Unbehagen aus, was den Erwartungsdruck auf die EU-Kommission verstärkt. Verschärft wird die Debatte, weil die Medien, die sie transportieren, nicht unparteiisch sind: Deutsche Verleger gehören zu Googles größten Kritikern. Unter diesen schwierigen Voraussetzungen hat Almunia mit Google einen Vergleich ausgehandelt, der nicht zu stark ins Geschäftsmodell des Internet-Giganten eingreifen soll oder ihn gar zwingen würde, seinen Suchalgorithmus offenzulegen. „Wir schreiben Mercedes auch nicht vor, welche Modelle es produzieren soll“, sagt ein EU-Beamter.

Stattdessen will die EU-Kommission die Wettbewerber stärken. Google muss seine eigenen Dienste in der Auflistung der Suchergebnisse kennzeichnen. Das ermöglicht Nutzern, diese Dienste zu erkennen, quasi als Hilfe zur Selbsthilfe. Neben der Werbefläche mit eigenen Diensten muss Google konkurrierenden Angeboten Platz einräumen. Google muss außerdem Inhalteanbieter uneingeschränkt listen, auch wenn diese ihre vollständigen Inhalte für sich behalten wollen. Und Google darf Web-Site-Betreiber nicht dazu zwingen, Online-Werbung ausschließlich über sich selbst zu beziehen.

Google bewertet den Eingriff als empfindlich, schreibt er doch für die kommenden fünf Jahre das Geschäftsgebaren vor. „Das ist viel für ein Unternehmen, das es erst seit 15 Jahren gibt“, heißt es bei Google. Die Konkurrenz hält die Auflagen für wirkungslos. Die 20 beschwerdeführenden Unternehmen, darunter Microsoft, äußern dies zurzeit in ihren Antworten auf ein Schreiben der EU-Kommis- sion, in dem sie den Deal angekündigt hat. Auch aus dem Europaparlament gibt es Kritik: „Ich habe meine Zweifel, ob am Schluss etwas Sinnvolles bei diesem Verfahren herauskommt“, sagt der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab.

Almunia hat sich angreifbar gemacht, weil er die Nähe zu Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt suchte – früher CEO bei Novell, dem Unternehmen, das den Megafall Microsoft anstieß. Mittlerweile dürfte er bereut haben, dass er ihn zum Essen in die Kommission eingeladen hat und darüber plauderte, dass die beiden per SMS in Kontakt stehen. Hilfreich ist auch nicht Schmidts Äußerung, es sei „schwieriger, jemanden zu verdammen, mit dem man zu Abend gegessen hat“.

Um den Deal zu beschließen, braucht Almunia eine Mehrheit in der EU-Kommission. Noch ist nicht sicher, ob er das Verfahren bis zum Ablauf seiner Amtszeit Ende Oktober wird abschließen können.

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