So wichtig war Zuckerberg die Übernahme, dass er Whatsapp-Chef Jan Koum – der wie Zuckerberg sein Studium zugunsten einer Internet-Karriere aufgab - sogar einen Platz im Verwaltungsrat von Facebook einräumt. Ein Zugeständnis, das sich materiell kaum messen lässt und den gebürtigen Ukrainer in den Machtolymp des Silicon Valley befördert. Koum schaffte den Aufstieg aus ärmsten Verhältnissen. Als der heute 37-Jährige Anfang der 90er Jahre als Teenager mit seiner Mutter in die USA kam, war er zunächst auf Sozialhilfe angewiesen.
Diesem Umstand trug er laut dem US-Magazin "Forbes" Rechnung, indem er für die Unterzeichnung des Verkaufsvertrags ein verlassenes Behörden-Gebäude auswählte, in dem er einst für Lebensmittelmarken anstehen musste. Nun ist er Milliardär: Sein Anteil an Whatsapp macht ihn laut "Forbes" 6,8 Milliarden Dollar schwer.
Zuckerberg und Koum kennen sich schon länger. Laut einem Bericht der "New York Times" redeten die Firmenchefs bereits seit zwei Jahren über die Übernahme. Zuckerberg hingegen sagte am Mittwoch, er habe den Deal in nicht einmal elf Tagen eingefädelt. Erst vorletztes Wochenende habe er Koum vorgeschlagen, "dass wir uns zusammentun"; sie seien sich dann schnell einig geworden. Der Deal hat auch eine ironische Note, denn Koum und der zweite Whatsapp-Mitgründer Brian Acton hatten sich einst bei Facebook beworben, nachdem sie im Jahr 2007 ihre Jobs bei Yahoo aufgegeben hatten - doch Facebook wollte sie damals nicht.
Wie bei Instagram können die Whatsapp-Gründer ihr Unternehmen unter dem Dach von Facebook als autonome Einheit weiterbetreiben. Für die Whatsapp-Nutzer ändert sich so erstmal nichts. Koum versprach in einem Blogeintrag nach Bekanntwerden des Deals, dass es weiterhin keine Werbeanzeigen geben werde, die die Kommunikation unterbrechen oder stören. "Wir denken, dass für unser Produkt Werbung nicht geeignet ist“, betonte Koum auch in einer gemeinsamen Telefonkonferenz mit Zuckerberg.
Was an Whatsapp Kopfschmerzen bereitet
Whatsapp überträgt die Kontakte im Adressbuch auf seine Server in den USA – in Zeiten mächtiger Geheimdienste kein angenehmer Gedanke. Hinzu kommt: Durch die Offenlegung der Handynummern erfahren andere Leute, dass man die App nutzt – zumindest, wenn sie diese auch installiert haben und im Adressbuch stehen.
Lange wurden die Whatsapp-Nachrichten unverschlüsselt übertragen. Auch der inzwischen eingesetzten Verschlüsselungstechnologie hegen Experten Zweifel.
Schon mehrfach stand Whatsapp wegen des laxen Umgangs mit Sicherheitsfragen in der Kritik – das betrifft nicht nur die Verschlüsselung. So konnten eine Zeit lang Whatsapp-Nutzerkonten relativ leicht gekapert werden. Nach Einschätzung einer Sicherheitsfirma kann auch der Bezahlprozess ausspioniert werden.
In der Standardeinstellung der App ist für jeden Nutzer ist einsehbar, wann die Kontakte das letzte Mal den Dienst genutzt haben. Es kommt vor, dass darüber Mütter kontrollieren, ob ihre Babysitter zu Hause noch wach sind – denn die verdaddeln die Zeit oft genug mit Whatsapp. Die App ermöglicht also eine gewisse soziale Kontrolle.
Über die Firma Whatsapp ist wenig bekannt, die Macher meiden die Öffentlichkeit weitgehend. Das stärkt nicht gerade das Vertrauen.
Die Höhe der Übernahmesumme lässt vermuten, dass es noch andere Bieter gab. Im Silicon Valley werden neben Google auch Ebay und Yahoo genannt. Laut dem Technologie-Blog "The Information" soll Google Whatsapp allein dafür Geld geboten haben, über das Auftauchen anderer Interessenten informiert zu werden - dies habe Whatsapp aber abgelehnt. Yahoo-Chefin Marissa Mayer hat dank der Beteiligung an dem chinesischen Internet-Händler Alibaba ebenfalls eine Menge Mittel zur Verfügung. Doch eine Kaufsumme in dieser Höhe hätte sie nicht durchsetzen können. Ebensowenig wie Ebay-Chef John Donahoe. Zuckerberg hat hingegen den großen Vorteil, dass er dank Mehrfachstimmrechten Facebook kontrolliert und so schnelle Entscheidungen treffen kann.