Facebook Mark Zuckerberg, der Nichtssager

Bei der zweiten Anhörung in Washington wuchs der Druck auf Mark Zuckerberg. Die Politiker ließen sich immer weniger von den Phrasen des Facebook-Chefs abspeisen.

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Facebook-CEO Mark Zuckerberg – der Nichtssager Quelle: AP

San Francisco Am zweiten Tag der Anhörungen in Washington hatte Mark Zuckerberg weniger leichtes Spiel. Die 54 Mitglieder des Energy and Commerce Committee, einem ständigen Ausschuss des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, zeigten sich besser gerüstet als die Senatsausschüsse für Handel und Justiz am Vortag.

Sie nutzten die sechsstündige Anhörung, um den Facebook-Chef zu attackieren. Der Ton war schärfer, die Vorwürfe heftiger. Greg Walden, der Vorsitzende des Ausschusses, bezeichnete die Enthüllungen über den Datenskandal um Cambridge Analytica, das sich illegal Zugriff auf die Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte, als „zutiefst beunruhigend”. Die kalifornische Demokratin Anna Eshoo monierte, die Firma habe eine „moralische Verantwortung” die demokratischen Institutionen der USA zu schützen.

Die Politiker verlieren zunehmend die Geduld mit den Floskeln, hinter denen sich der 33-Jährige versteckt. Werde Facebook sein Geschäftsmodell ändern „im Interesse, die individuelle Privatsphäre der Nutzer zu schützen?”, will Eshoo etwa wissen. Die Antwort von Zuckerberg sorgt für Stirnrunzeln im Saal: „Ich bin mir nicht sicher, was das heißt.”

Wie am Vortag griff der Nichtssager Zuckerberg auf Ausflüchte zurück, wich kritischen Fragen aus, verwies mehrfach darauf, sein Team werde die Informationen später nachreichen. Doch er kam weniger gut damit durch. „Sie haben eine lange Geschichte von Entschuldigungen”, bemerkte die Demokratin Jan Schakowsky aus Illinois trocken in Richtung des Facebook-Chefs. Der einflussreiche demokratische Politiker Frank Pallone aus New Jersey forderte angesichts der Versteckspiele von Facebook „verständliche Regeln für Privatsphäre und Datensicherheit”.

Die Mitglieder des Ausschusses im Repräsentantenhaus ließen sich weniger als ihre Kollege aus den Senatsausschüssen für Handel und Justiz vom Vortag mit den üblichen Zuckerberg-Ausreden abspeisen. Vielmehr nagelten sie den 33-Jährigen immer wieder fest.

Auf die Frage der Demokratin Schakowsky, an wie viele andere Firmen der App-Entwickler Aleksandr Kogan, der die Daten aus den 87 Millionen Facebook-Profilen an Cambridge Analytica weiterverkauft hat, die Informationen sonst noch verscherbelt habe, wusste Zuckerberg keine genaue Antwort. „Ich glaube nicht, dass es eine große Zahl war”.

Debbie Dingell aus Michigan zählte sogar eine ganze Reihe von Dingen auf, über die der Facebook-Chef angeblich nichts wusste: wichtige Sammelklagen gegen die Privatsphäre-Vorkehrungen des Netzwerks, wie viele Apps es untersuchen muss, oder die zahlreichen Arten und Weisen, in denen Facebook sich Daten der Nutzer verschafft. Auf die Frage, auf wie vielen Webseiten das Netzwerk seine „Gefällt Mir”-Buttons installiert habe, erklärte Zuckerberg nur vage: mehr als 100 Millionen, sicher sei er sich jedoch nicht.

Auch Doris Matsui kritisierte vor allem Facebooks Datenhandel. Die demokratische Politikerin vertritt den Bundesstaat Kalifornien im US-Repräsentantenhaus. Ob Zuckerberg glaube, dass den Nutzern ihre Informationen auch gehörten, wenn sie über Daten-Broker weiter gehandelt werden? „Ich glaube, dass die Menschen all ihre Inhalte besitzen”, antwortet Zuckerberg ausweichend. Doch Matsui begnügte sich nicht mit der Antwort. „Wir mögen unsere Daten besitzen, aber wenn es erstmal für Werbezwecke genutzt ist, verlieren wir die Kontrolle darüber”, stellte sie klar.

Auch Katherine Castor aus Florida kritisierte die Datensammelei des Netzwerks. „Facebook hat sich zu einem Ort entwickelt, wo alles gesammelt und jeder getrackt wird, sogar wenn die Nutzer gar nicht eingeloggt sind.” Den meisten Amerikanern sei dies nicht bewusst. „Es ist praktisch unmöglich, nicht verfolgt zu werden.”

Obgleich der Unmut der Politiker wächst, ist völlig offen, ob Washington tatsächlich strengere Regeln und Gesetze für einen verbesserten Datenschutz erlässt. Bislang wurde hierzu keine Gesetzesvorlage im Kongress verabschiedet. Auf die genauen Bedingungen für den sogenannten „Honest Ads Act”, eine Initiative, die Online-Werbung so regulieren und transparent machen will wie Werbung in Fernsehen, Radio oder gedruckten Zeitungen, konnten sich die Vertreter von Capitol Hill noch nicht einigen.

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