Das alte Sofa gefällt nicht mehr, das Smartphone ist nicht mehr auf dem aktuellen technischen Stand. Der Entschluss etwas Neues zu kaufen ist dann schnell gefasst. Doch wohin mit den alten Möbeln und Geräten? Zum Wegschmeißen sind sie meist zu schade und im Zweifel kostet die Entsorgung dann auch noch Geld. Für viele lautet die Lösung, die Dinge, die sie nicht mehr brauchen, bei Ebay-Kleinanzeigen zu inserieren. Damit das auch genug Menschen mitbekommen, wird die Anzeige dann bei Facebook gepostet – mit der Bitte sie durch Teilen weiterzuverbreiten.
Geht es nach Facebook, läuft das in Zukunft anders. Denn wieso sollten Nutzer Ebay-Links verbreiten, wenn sie ihre Waren genauso gut direkt auf Facebook verkaufen können? In dieser Woche startet das soziale Netzwerk seinen Online-Flohmarkt Marketplace in 17 europäischen Ländern, unter anderem auch Deutschland. Nutzer können Angebote erstellen, die vornehmlich Usern in ihrer Nähe angezeigt werden.
In den USA, Großbritannien, Mexiko und vier weiteren Ländern läuft das Angebot schon seit einem Jahr. Nach Angaben von Facebook mit Erfolg. So seien in den USA alleine im Mai 2017 18 Millionen Produkte zum Verkauf angeboten worden. Nur, wie viele Transaktionen dabei wirklich zustande gekommen sind, kann der Konzern nicht beziffern. Denn Facebook erhebt keine Provision.
Martin Spann, Professor am Institut für Electronic Commerce und Digitale Märkte der Ludwig-Maximilians-Universität München, glaubt nicht, dass das auf Dauer so bleiben wird: „Wieso sollte Facebook auf mittlere Sicht nicht versuchen, mit den Transaktionen Geld zu verdienen? Das könnte ein gutes weiteres Standbein neben den Werbeerlösen sein.“
Doch genau das ist momentan noch das Geschäftsmodell hinter dem Marketplace: In den USA werden Werbeanzeigen zwischen die Angebote geschaltet. Sollte Facebook versuchen, sich in Zukunft ernsthaft als Online-Marktplatz zu positionieren, hätte das Unternehmen gegenüber anderen Ebay-Angreifern einen entscheidenden Vorteil. Es müsste nicht erst mühsam genügend Anbieter und Nachfrager akquirieren. Facebook hat weltweit mehr als zwei Milliarden monatliche aktive Nutzern, die dann theoretisch den Marketplace nutzen können. Das ist kostenlos – genau wie zu den Anfangszeiten von Ebay. Das senkt die Schwelle es zu nutzen.
So funktioniert Werben auf Facebook
Der genaue Preis richtet sich danach, wie viele Menschen die Anzeigen sehen sollen, wie genau die Zielgruppe definiert ist und vor allem, wie lange die Kampagne gehen soll. Theoretisch ist es aber möglich, nur einen Euro auszugeben.
Anzeigen können direkt von der Facebookseite gestartet werden, indem zum Beispiel ein bestimmter Beitrag beworben wird. Andere Anzeigenformate – wie verschiedene Arten von Videos und Fotos – können im Werbeanzeigenmanager ausgewählt werden.
Bei der Erstellung einer Anzeige muss ausgewählt werden, ob die Werbung auf Instagram im Audience Network (das heißt auch auf anderen, nicht zu Facebook gehörenden Seiten) oder Facebook selbst ausgespielt werden soll. Bei Facebook selbst wird dann noch zwischen der mobilen Ausspielung und einer Anzeige in der Desktopversion im Newsfeed oder der rechten Spalte unterschieden.
Facebook führt jede Zielgruppe eine Auktion durch, die darüber entscheidet welche Anzeigen Menschen ausgespielt werden. Entscheidend ist dabei nicht nur, wie viel der Werbetreibende bereit ist, zu bezahlen. Facebook beurteilt auch, wie relevant die Anzeige für die Zielgruppe ist und wie wahrscheinlich sie darauf reagiert. Aus diesem Gesamtranking ergibt sich, wer den Zuschlag bekommt.
Auch sonst könnte Facebook Ebays Unternehmensweg systematisch nachahmen. „Ebay hat auch einmal als reiner Online-Flohmarkt angefangen. Über die Jahre sind dann auch professionelle Händler dazu gekommen“, erklärt Spann. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Facebook Marketplace sich auch dafür öffnet, wenn sich die Plattform etabliert hat. Zumal sich das eh schwer kontrollieren lässt.“
In einem Punkt weicht das europäische Marketplace-Angebot jedoch von der amerikanische Version ab. Jenseits des Atlantiks können Nutzer über Facebooks Messenger bezahlen. In Europa müssen sich Käufer und Verkäufer auf einen anderen Bezahlweg einigen. Doch auch diese Funktion könnte das Unternehmen bald nachreichen.
Sollte sich Facebook auf längere Sicht wirklich immer mehr Ebay angleichen, dürfte das für den Branchenpionier zur ernsthaften Gefahr werden. Denn das Facebook mit Kopieren erfolgreich sein kann, beweist es aktuell mit Snapchat. Seit Facebooks Foto-Dienst Instagram systematisch Funktionen der Messaging-App nachahmt, gerät das Mutterunternehmen Snap immer mehr unter Druck.