Facebook-Tochter Instagram baut seine Bildermacht aus

Vor einem Jahr hat Instagram den Snapchat-Klon Instagram Stories eingeführt. 250 Millionen Menschen nutzen das pro Tag. Ärgerlich für Snapchat, das täglich nur 166 Millionen Nutzer zählt. Auch Deutschland hat Rekordwerte.

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Der Facebook-CEO bei der Vorstellung von Instagram Stories: Damit setzt Zuckerberg dem Konkurrenten Snapchat empfindlich zu. Quelle: AP

Düsseldorf Es ist nicht bekannt, was Snapchat-Gründer Evan Spiegel empfindet, wenn er an jenen November im Jahr 2013 zurückdenkt. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte ein finales Angebot für den Video- und Bilderschnipsel-Dienst unterbreitet. Rund drei Milliarden wollte Zuckerberg Spiegel und seinem Mitgründer Bobby Murphy zahlen. Die lehnten ab.

Damals war die Welt eine andere: Snapchat feierte einen Erfolg nach dem anderen. Die Nutzerzahlen stiegen und stiegen – besonders beliebt schien die Funktion, dass sich die hochgeladenen Bilder und Videos nach 24 Stunden automatisch löschten.

Die digitale Kurzweil kam und kommt gerade bei jungen Nutzern an. Facebook geriet unter Druck – eine Plattform, auf dem mittlerweile auch Klassenlehrerin und Großvater vertreten sind, schien gegen das hippe Snapchat ins Hintertreffen zu geraten. Nachdem Zuckerbergs Milliardenangebot abgelehnt wurde, setzte der Facebook-Gründer auf eine neue Strategie: Kopieren.

Nach und nach implementierte er beliebte Funktionen, die denen Snapchats sehr ähnlich sahen, auf all seinen Diensten: Von Instagram bis WhatsApp über Facebook. Die erste davon, „Instagram Stories“ – eine Funktion, die Geschichten aus Bild- und Videoschnipseln mit einer Haltbarkeit von 24 Stunden ermöglicht, feiert nun ihren ersten Geburtstag. Die Zahlen von Instagram zeigen, wie schwer es die Konkurrenz gegen die Marktmacht des blauen Imperiums aus Menlo Park hat.

Auf dem von Kevin Systrom und Mike Krieger gegründeten Bilder- und Videodienst sind monatlich mehr als 700 Millionen Menschen weltweit aktiv. Auch in Deutschland übertrifft das Netzwerk alle Prognosen: Wie Instagram dem Handelsblatt vorab mitteilte, zählt das Netzwerk bundesweit 15 Millionen Aktive – Anfang des Jahres waren es noch neun Millionen. Mit diesem Zuwachs liegt das Netzwerk deutlich über den Erwartungen der Analysten, die für 2016 mit rund 13 Millionen monatlichen Nutzern gerechnet hatten.

Allein die Video-Funktion Instagram Stories nutzen weltweit 250 Millionen Menschen pro Tag. Ärgerlich für Snapchat, das täglich nur 166 Millionen Nutzer zählt. Gerade die jungen Nutzer seien von der Stories-Funktion überzeugt, sagt die Deutschland-Vermarktungschefin Nadine Neubauer im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Mit der Funktion haben wir uns auch dem geänderten Kommunikations- und Nutzungsverhalten der jüngeren Generation angepasst.“ Damit sei man in dieser Zielgruppe sehr erfolgreich – ähnlich wie Mitbewerber Snapchat.

Was Neubauer nicht sagt: Mit dem Feature setzte Zuckerberg dem Konkurrenten empfindlich zu. Wuchsen Snapchats Nutzerzahlen bis August 2016 noch zweitstellig, verlangsamte es sich nach der Stories-Funktion deutlich. Snapchat versucht sich deshalb in einem weiteren Ausbau seiner Funktionalitäten und ging mehrere Kooperationen ein – zum Beispiel mit dem Produktionsriesen Time Warner, der nicht nur exklusive Videoinhalte für die Plattform erstellen wird, sondern auch kräftig in Werbung investiert.

Die Zahlen von Snapchat sind wenig überzeugend

Wie so viele andere soziale Digitaldienste verdient Snapchat damit sein Geld. Zuletzt waren die Zahlen allerdings wenig überzeugend, die einst mit viel Euphorie an der Börse gestartete Aktie des Konzerns, liegt mittlerweile mit rund 14 Dollar unter dem einstigen Ausgabepreis von 17 Dollar.

Bei Instagram läuft es besser: Analysten schätzen, dass die Plattform 2017 bis zu 2,8 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaften kann. Schaut man sich die Zahlen des Facebook-Konzerns in Gänze an, liegt der Schluss nahe, dass es auch der Tochter gut gehen dürfte: Im zweiten Quartal 2017 wies Facebook eine Umsatzsteigerung um 45 Prozent auf 9,3 Milliarden US-Dollar an, die Gewinne stiegen auf 3,9 Milliarden US-Dollar.

Bei Instagram sind jedenfalls nicht nur die Nutzer von der Stories-Funktion angetan, sagt Neubauer: „Wir haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben – alleine im vergangenen Monat haben mehr als 50 % der Unternehmen auf Instagram eine Instagram Story produziert.“ Ein Jahr nach Einführung sei das Interesse ungebrochen. Mehr als eine Million Unternehmen werben aktiv auf der Plattform weltweit.

Ihre Inhalte stoßen bei Nutzern auf großes Interesse, sagt Vermarktungschefin Neubauer: „Unsere Nutzer sind sehr markenaffin – und wollen bewusst die Plattform nutzen, um sich über Unternehmen zu informieren.“

Daher glaubt Neubauer auch nicht an eine Überlastung des Feeds, der zu einer Nutzerabwanderung führen könnte: „Es wird als natürlicher Bestandteil angesehen“, sagt die Markenverantwortliche. Trotzdem arbeite das Unternehmen neben der Werbemöglichkeiten in Feed und Stories an Alternativen, so Neubauer.

Die Zahlen beweisen einmal mehr, dass es für Anbieter jenseits der großen Netzwerke immer schwieriger sich gegen die Marktmacht von Facebook und Co. Langfristig durchzusetzen. Die Zahlen für Snapchats  jüngste Quartal werden zeigen, ob Zuckerberg ein Monopol der Bilder schaffen konnte.

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