Facebook, Twitter, Youtube Der Kampf gegen den Terror

Facebook, Youtube, Twitter und Microsoft schmieden eine Allianz gegen den Terror. Sie wollen Inhalte voll Hass und Gewalt schneller löschen. Die Konzerne treibt nicht nur die gesellschaftliche Verantwortung.

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Die großen Tech-Konzerne wollen ihre Anstrengungen bündeln, um gegen Terrorinhalte auf ihren Plattformen vorzugehen. Quelle: AP

Düsseldorf Hasspropaganda per Posting, Gräueltaten als Schnappschuss und Verabredungen zur Gewalt – die Welt der sozialen Netzwerke ist eben nicht nur der Ort der Katzenvideos, freien Meinungsäußerungen und grenzenloser Kommunikation, wie sie Konzerne wie Facebook und Google darstellen. Denn ihre Reichweite ist verlockend – auch für Terrororganisationen wie der Islamischen Staat (IS).

Facebook, Youtube, Microsoft und Twitter haben das offenbar erkannt: In einer gemeinsamen Erklärung bekunden die Tech-Konzerne die Absicht, ihre Anstrengungen bündeln zu wollen, um gegen Terrorinhalte auf ihren Plattformen vorzugehen. Das „Global Internet Forum to Counter Terrorism“ soll neue Technologien zur Anwendung bringen, kleineren Anbietern dabei helfen und mit Regierungen, supranationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten. Hinter der Ankündigung steckt jedoch mehr als bloße gesellschaftliche Verantwortung. Den Plattformen geht es um den Profit.

Nach den Terroranschlägen von London hatte die britische Premierministerin Theresa May angekündigt, islamistischen Extremismus härter bekämpfen zu wollen – und rief gemeinsam mit anderen Staaten dazu auf, das Internet stärker zu regulieren, um gegen entsprechende Inhalte vorzugehen. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte gar auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs: „Wir rufen die sozialen Medien auf, alles Nötige zu unternehmen, um die Verbreitung von terroristischem Material im Internet zu stoppen.“ Die Worte dürften als Donnerhall an der US-Westküste, wo Facebook oder Twitter ihren Sitz haben, wiedergeklungen sein.

Am Montag gaben die sozialen Netzwerke mit der Videoplattform Youtube und dem Tech-Konzern Microsoft eine gemeinsame Erklärung heraus: Man nehme die Angelegenheit ernst, jedes der Unternehmen hätte entsprechende Richtlinien und Beseitigungsverfahren entwickelt. Diese sollen es möglich machen, mit einer harten Linie gegen extremistische und terroristische Inhalte vorzugehen. Nun will man die Kräfte bündeln und auch mit der Zivilgesellschaft, Forschungseinrichtungen, Regierungen und Institutionen wie der EU und der UN zusammenarbeiten. Dafür sollen unter anderem technologische Anwenderbeispiele untereinander ausgetauscht werden und die Forschung vertieft werden. Zugleich wolle man Wissen mit Organisationen und kleineren Unternehmen teilen. Initiativen der Gegenrede („Counter-Speech“) sollen verstärkt werden.

Der Kampf gegen den Terror ist nicht neu: Facebook hatte zum Beispiel zuletzt angekündigt, in Zukunft auf künstliche Intelligenz setzen zu wollen. Die intelligente Software könne in Zukunft „potentielle terroristische Inhalte und Profile schneller finden, als es Menschen möglich ist“, teilte Firmenchef Mark Zuckerberg auf Facebook mit.

Algorithmen zur Text- und Bildanalyse sollen auf diese Weise erkennen, ob einmal verbannte Inhalte erneut im sozialen Netzwerk hochgeladen werden. Eine Software zur Bild- und Videoerkennung gleicht Aufnahmen mit in Datenbanken hinterlegten Fotos oder Videos bekannter Terroristen ab. Auch Google setzt auf Künstliche Intelligenz: Zuletzt kündigte die Suchmaschine an, mehr Entwickler und selbstlernende Maschinen einsetzen zu wollen. Vor allem auf Youtube sollen Videos mit terroristischem Inhalt aufgespürt werden. Auch die Zahl der Experten, die sich mit solchen Inhalten beschäftigen, soll erhöht werden.


Werbeboykott mit großen Auswirkungen

Im April diesen Jahres zogen mehrere Konzerne wie AT&T, Johnson und Johnson oder Ford ihre Werbung auf der Videoplattform ab. Ein Artikel der britischen „Times“ hatte zuvor darüber berichtet, das Werbeinhalte vor extremistischen Inhalten ausgespielt worden seien. Auch wenn es sich nur um einen sehr kleinen Teil gehandelt haben dürfte, war die Auswirkung gewaltig.

Nach dem Werbeboykott schätzten Analysten von Nomura, dass sich der Schaden für Konzernmutter Alphabet auf bis zu 750 Millionen Dollar belaufen könnte. Youtube besserte schließlich nach und änderte seine Reklameregeln. Das zeigt: Es geht um mehr. Denn das Geschäftsmodell von Google und Co. basiert in weiten Teilen auf Werbung. Und für deren Erfolg ist es unerlässlich, dass das Werbeumfeld für Unternehmen sicher ist.

Und auch von anderer Seite droht den Netzwerken Ärger: So verklagen Hinterbliebene des Anschlags in San Bernardino Googles Videoplattform Youtube, Twitter und Facebook. Letztgenannte sollen Propaganda des Islamischen Staates in den jeweiligen Netzwerken geduldet haben. Nur so hätte die Terrororganisation neue Mitglieder anwerben können, meinen die Kläger. Ähnlichen Vorwürfen sah sich Facebook nach den Anschlägen im Nahen Osten und in einem Nachtclub in Orlando ausgesetzt.

Gänzlich neu ist eine Zusammenarbeit der großen Tech-Konzerne indes nicht: Schon im Dezember vergangenen Jahres kündigten sie an, einmal bereits gelöschte Fotos und Videos mit einem digitalen Fingerabdruck zu versehen und in einer Datenbank untereinander austauschen zu wollen.

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