Facebook Verleger in Turnschuhen

Live-Videos, Virtual Reality und noch mehr Interaktion: Auf der Entwicklerkonferenz F8 stellt Mark Zuckerberg den Zehn-Jahres-Plan für seine Firma vor. Facebook wandelt sich endgültig zum Medienunternehmen.

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Was Facebook-Gründer Mark Zuckerberg an diesem Morgen zu verkünden hat, klingt mehr wie die Ansprache eines Visionärs, eines Ideologen, eines Politikers, als wie die Keynote eines Software-Unternehmers. Von "Gemeinschaft" ist die Rede, von "Zugang", "Menschen" und natürlich "Verbindungen". Der 31-Jährige sagt Sätze wie: "Die Arbeit, die wir alle zusammen tun, ist wichtiger als je zuvor." Oder: "Wir sind eine globale Gemeinschaft."

Der Anspruch stimmt. Die Wellen brechen hart an der Betonwand des alten Militärhafens Fort Mason, Wolken rasen über den Himmel. Der Morgen ist geradezu schicksalshaft, auch für das soziale Netzwerk. Denn an diesem Morgen erklärt sich Facebook endgültig zum Medienunternehmen.

Zuckerberg, der Gründer, hat Verantwortung - für die 1,6 Milliarden Facebook-Nutzer und darüber hinaus. Er ist jetzt Verleger. Ein Verleger in Turnschuhen.

Was WeChat seinen Nutzern bietet

Die wichtigsten Elemente seiner "Roadmap für die nächsten zehn Jahre": Ausbau der Messenger-Plattform, "die am schnellsten wachsende App der USA, über die täglich 60 Milliarden Nachrichten verschickt werden" und neue Werkzeuge zur Produktion von Inhalten. Im Fokus stehen Video-Formate, Live-Streaming und Virtual Reality.

Der Forrester-Analyst Thomas Husson sieht darin einen fundamentalen Wandel in der Ausrichtung der Plattform. "Facebook ist weniger und weniger sozial und wird mehr und mehr zum Medium." Das Projekt "Instant Articles", bei dem Artikel von Medienseiten direkt auf Facebook gelesen werden können, war nur der Anfang. Zuckerberg weiß, dass er seine Fans nur mit spannenden Features langfristig an sich binden kann.

Zuletzt war genau das zum Problem geworden. Laut der Nachrichtenseite "The Information" hatte das Volumen von Original-Inhalten auf Facebook vergangenes Jahr um 15 Prozent nachgelassen. Demnach posteten nur 39 Prozent der wöchentlichen Nutzer neue Inhalte. Angeblich kursiere bei Facebook intern bereits der Begriff "Content Collapse" für den Rückgang von Inhalten.


Großes Werben um Journalisten und Verlage

Umso mehr wirbt die Firma nun um Journalisten und Verlage. Facebook präsentiert auf seiner Konferenz Buzzfeed-Gründer Jonah Peretti und neue Projekte mit dem Nachrichtensender CNN, der Lesern Artikel via Messenger sendet, sowie Chatbots zur Wettervorhersage. Der Erfolg solcher Features wird langfristig davon abhängen, wie sehr die Plattform Spam eindämmen kann.

So unmittelbar und live wie im Messenger die Kunden bei Firmen Sneakers einkaufen und bezahlen können, ist auch der Austausch zwischen Inhalte-Produzenten und Zuschauern künftig gedacht. "Wir wollen jedem die Macht geben, alles mit allen überall auf der Welt zu teilen", nennt das Zuckerberg.

Besonders unmittelbar sei die Interaktion mit anderen Nutzern, "ob am roten Teppich oder wenn man nur mit Freunden rumhängt". Live-Videos hätten zehn Mal mehr Kommentare. Über "Facebook Live" kann künftig jeder Nutzer live gehen, nicht nur Prominente. Auch schmucke Aufnahmen in 360 Grad-Optik sollen künftig möglich sein.

Die Vision reicht weit über Oculus Rift und Samsung Gear VR hinaus, die zwei Produkte, die Facebook bereits im VR-Markt etabliert hat. Auf der Wand hinter Zuckerberg erscheint eine schwarze, aber markante Brille. "Wir werden Brillen haben, die sowohl Virtual Reality als auch Augmented Reality darstellen können", sagt Zuckerberg. "Um die Welt zu sehen und eine neue Ebene neben der Realität." Die neue Ebene hat Facebook, das Medienunternehmen, mit den neuen Technologien dieses Tages im Blick. Die etablierten Medien werden sich an den Anblick des Verlegers in Turnschuhen gewöhnen müssen.

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