Im elften Jahr an der Spitze von Facebook hat Zuckerberg die Formel gefunden, um sein Imperium agil zu halten und weiter auszubauen. Sie lautet: wachsam sein, anpassen und vor allem nachmachen oder übernehmen. Zur Not auch mithilfe von Milliardensummen.
Zwei Milliarden Dollar hat Zuckerberg bereits für die erste Wegstrecke investiert, durch den Kauf der Datenbrille Oculus Rift, entwickelt von dem 23-jährigen kalifornischen Tüftler Palmer Luckey, der eigentlich Journalist werden wollte. Der Multimillionär arbeitet nun für ihn daran, virtuelle Realität so normal wie Fernsehen zu machen. In Zuckerbergs Wunderkammer ist für die Datenbrille, die Ende März für 600 Dollar plus 900 Dollar für den nötigen Grafikcomputer auf den Markt kommt, extra ein kleines, fensterloses Studio reserviert.
Diese Fragen müssen Bewerber bei Facebook beantworten können
Wenn Sie einem Geldautomaten ein neues Design verpassen dürften, wie sähe es aus?
Quelle: Glassdoor-Umfrage
Wie viele Geburtstags-Posts erscheinen auf Facebook pro Tag?
Wie viel kostet es Ihrer Ansicht nach, jedes Fenster in Seattle zu putzen?
Was würden Sie an Ihrem ersten Tag hier machen?
Beschreiben Sie, wie unsere Internetseite funktioniert.
Sie haben zwei Glühbirnen und ein Gebäude mit 100 Stockwerken. Sie wollen das Stockwerk ermitteln, ab dem die Glühbirnen zerbrechen, wenn man sie fallen lässt. Finden Sie dieses Stockwerk so, dass sie möglichst wenige Birnen fallen lassen müssen.
Wie viele Staubsauger gibt es in den USA?
Welche (auch fiese) Möglichkeiten haben Sie (ohne Administrationsrechte), Leute, die mit Ihnen zusammen in einem W-Lan-Netzwerk sind, davon abzuhalten, durch das Streamen von Videos Bandbreite in Beschlag zu nehmen?
Sagen Sie mir, was Sie tun würden, wenn Sie sähen, dass plötzlich die Menge hochgeladener Fotos um die Hälfte zurückginge.
Sie werden von einem russischen Gangster gekidnappt. Er lädt zwei Kugeln direkt hintereinander in einen leeren Revolver mit sechs Schuss, dreht die Trommel, hält den Revolver an Ihren Kopf und schießt. *Klick*. Sie leben noch. Dann fragt er Sie: „Soll ich die Trommel noch einmal drehen und dann feuern oder noch einmal den Abzug betätigen?“. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit bei Option eins, dass Sie erschossen werden und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit bei Option 2, dass Sie erschossen werden?
Sollte Facebook weiterhin selbst neue Features hinzufügen oder sich auf Anwendungen von Dritten verlassen?
Worauf in Ihrem Lebenslauf sind Sie am wenigsten stolz?
Wenn Sie Zugang zu allen Daten bekämen, die Facebook sammelt – was würden Sie damit machen?
Vor dem Facebook-Börsengang sollte ich einen Aufsatz über die Bewertung von Facebook schreiben. Außerdem haben Sie mich gefragt, was - meiner Meinung nach - der größte technologische Fortschritt der vergangenen 20 Jahre war.
Wenn Sie hundert Kreditkartennummern (und alle nötigen Informationen) hätten, wie würden Sie – nur durch Online-Transaktionen – so viel Dollar wie möglich in 24 Stunden machen?
Sie versuchen, auf einer Straße Häuser auszurauben. Jedes Haus hat eine bestimmte Menge Bargeld. Ihr Ziel ist es, die Häuser so auszurauben, dass die Menge des geraubten Geldes möglichst hoch ist. Es gibt allerdings ein Problem: Wenn Sie ein Haus einmal ausgeraubt haben, können Sie die jeweils angrenzenden Häuser nicht ausrauben.
25 Rennpferde, keine Stoppuhr. 5 Bahnen. Finden Sie mit möglichst wenigen Renndurchläufen die drei schnellsten Pferde heraus.
Wie würden Sie vorgehen, um ein gefälschtes Profil zu finden?
Finden Sie, dass Facebook in China verfügbar sein sollte?
Sie wollen in ein Flugzeug nach Seattle steigen. Sie wollen wissen, ob es sinnvoll ist, einen Regenschirm mitzunehmen. Sie rufen drei zufällig ausgewählte Freunde an, die dort wohnen und fragen jeden von ihnen einzeln danach, ob es regnet. Jeder Ihrer Freunde sagt mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 die Wahrheit und lügt Sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 an. Alle drei Freunde sagen Ihnen „Ja, es regnet“. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in Seattle tatsächlich regnet?
Wie viel Geld wird im Internet ausgegeben?
Wenn Sie ein Tier wären, welches wäre es - und warum?
Die Brille fühlt sich leichter an, als sie aussieht. Aufgesetzt, Kopfhörer übergestülpt und plötzlich hat man dank der auf die Brille projizierten Bilder das Gefühl, mitten auf dem Petersplatz in Rom zu stehen, fliegt plötzlich über gähnende Felsschluchten, findet sich dann im Kosmos wieder, unter sich die Erde. Um einen Augenblick später Auge in Auge mit einem Zeichentrick-Igel in dessen Höhle zu sitzen, der einen seufzend anblickt und eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen anbietet.
Ein surreales Erlebnis, ganz ohne Drogen, nur durch die Macht der Bilder. Und doch die nächste Stufe der Realität.
Viele Beobachter der Techwelt haben Zuckerbergs Interesse an dem Gerät zunächst nicht verstanden. Auch Zuckerberg dämmerte der Wert der Datenbrille erst, als er sie selber ausprobiert hatte. Für ihn ist die virtuelle Realität eine „neue Plattform“. Die – im Gegensatz zu Smartphones – Facebook diesmal selber prägen kann. Doch die Konkurrenz ist zahlreich. Sony, Microsoft und Google treten mit eigenen Produkten an. Samsung hat Technologie von Oculus lizenziert, arbeitet wie Apple aber auch an einer eigenen Lösung. Noch ist unklar, wie rasch sich virtuelle und erweiterte Realität, also das Projizieren von visuellen Inhalten direkt in die Umwelt, durchsetzen. Oder ob sie auf absehbare Zeit Nischen besetzen, also eher für noch realistischere Computerspiele genutzt werden als zum täglichen Kommunzieren.
Zuckerberg könnte das Gerangel um den neuen Markt entgegenkommen. Je mehr Wettbewerb, umso mehr Innovation, desto geringere Preise. Der wahre Wert wird nicht in der Hardware liegen, sondern im Bereitstellen und Vermarkten der Inhalte. Der Schlüssel liegt im Zugang zum Publikum. Und da ist Facebook mit Blick auf seine bisherigen Nutzerzahlen gut aufgestellt.
Zudem die Technik für Zuckerberg mehr ist als nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zur perfekten elektronischen Unterhaltung. Er glaubt, die Datenbrille ermöglicht dereinst computergestützte Telepathie: „Eines Tages, so glaube ich, werden wir damit unsere Gedanken zu anderen schicken und austauschen“, schwärmt der Internetmogul. Er selber wäre „der eifrigste Nutzer dieser ultimativen Kommunikationstechnologie“, die jeden Ort und künftig sogar Gefühle und Stimmungen simulieren kann.
Eine Utopie? Ein Albtraum? Ob fantastisch oder nicht – klar ist, dass der Internetunternehmer die Ressourcen hat, um seine Ideen voranzutreiben. Die nötigen Bausteine für ein Medienimperium besitzt er bereits.