Herr Ott, Sie sind Managing Director für Zentraleuropa bei Facebook, einem globalagierenden Milliardenkonzern, der sein Geld mit der Auslieferung von Werbung auf Basis von Nutzerdaten verdient. Warum umgarnen Sie den deutschen Mittelstand mit Ihrer Initiative „Digital Durchstarten“?
Martin Ott: Wir wollen kleine und mittelständische Unternehmen dabei unterstützen, den Wandel in die digitale Welt zu vollführen. Die Menschen verbringen immer mehr Zeit mit ihren Smartphones im Internet, fast 80 Prozent der Deutschen sind auch mobil online. Auf Facebook sind weltweit 1,7 Milliarden Menschen aktiv, eine Milliarde von ihnen steht mit Unternehmen in Kontakt. Allein in Deutschland gibt es 1,2 Millionen kleine und mittelständische Unternehmen, die auf Facebook aktiv sind. Ihnen wollen wir Wege aufzeigen, Menschen, ihre potentiellen Kunden, online mit für sie relevanten Inhalten zu erreichen. Wir sehen da noch Nachholbedarf.
Zur Person und zur Initiative
Martin Ott ist seit August 2012 bei Facebook. Als Managing Director Central Europe ist er für die Geschäfts- und Unternehmensentwicklung im deutschsprachigen Raum, den Benelux-Ländern, Osteuropa und Russland verantwortlich. Zuvor war Ott bei der Skrill Group, einem Online-Payment-Anbieter, tätig und bei Jamba.
Facebook hat die Initiative „Digital Durchstarten“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Partnern wie unter anderem den Bundesverband Deutscher Startups, dem Onlinehandelsverband Händlerbund und der IHK Köln will Facebook den deutschen Mittelstand bei der Digitalisierung unterstützen.
Inwiefern?
Deutschland steht in puncto Digitalisierung auf Platz 9 im europäischen Vergleich. Schauen wir uns an, in welchen Bereichen die deutsche Wirtschaft alles führend ist, sollte der Anspruch höher sein. Nur ein Drittel der deutschen Unternehmen hat überhaupt eine Digitalstrategie. Viele haben mittlerweile eine Website, aber ihnen fehlt das Know-how, in einer mobilen Welt richtig zu agieren.
Facebook setzte 2015 17,9 Milliarden US-Dollar um. Wie relevant ist der deutsche Mittelstand als Werbekunde für Sie?
In Deutschland nutzen bereits ein Drittel aller Mittelständler eine eigene Facebook-Seite. Das sind mehr als 1,2 Millionen Unternehmen. Auch der Großteil unserer weltweit mehr als vier Millionen Werbetreibenden sind kleine und mittelständische Unternehmen. Neben persönlichen Verbindungen zu Freunden und Familie, suchen immer mehr Menschen auch den direkten Kontakt zu diesen Unternehmen. Weltweit sind rund 260 Millionen Menschen auf Facebook mit mindestens einem deutschen Unternehmen verbunden – ein Großteil davon mit dem deutschen Mittelstand. Der deutsche Mittelstand ist also ein essentieller Bestandteil von Facebook.
So sieht die gewöhnliche Facebook-Nutzung aus
Bei 94 Prozent der Nutzer gehört der Besuch bei Facebook genauso zur Alltagsroutine, wie Zähne putzen.
Quelle: The Facebook Experiment: Does Social Media Affect the Quality of our Lives?
86 Prozent lesen ihren Facebook-Newsfeed oft oder sehr oft.
Mehr als drei Viertel der Nutzer verbringen 30 oder mehr Minuten pro Tag auf Facebook.
Bilder sagen mehr als Worte: Mehr als zwei Drittel posten Fotos von großartigen Dingen, die sie erlebt haben.
Mein Haus, mein Auto, mein Boot: 61 Prozent posten auf Facebook, was ihnen Gutes wiederfahren ist.
Sie bieten kostenlos Lehrvideos, Leitfäden, Brancheninfos und allerlei Tools, um das zu ändern. Das machen Sie nicht aus Nächstenliebe.
Unser Geschäftsmodell ist werbefinanziert, das ist klar. Wir wollen den Unternehmen helfen, online und mobil neue Zielgruppen zu erreichen – davon profitieren wir letztendlich auch. Facebook ist außerdem Teil eines Ökosystems und hat damit auch eine wirtschaftliche Verantwortung. In erster Linie liegt unser Interesse darin, mittelständischen Unternehmen zu helfen, den digitalen Wandel zu vollführen. Facebook und Unternehmen profitieren gleichermaßen durch eine fortschreitende Digitalisierung. Allerdings verfolgen wir mit der Initiative „Digital Durchstarten“ keine Umsatzziele, was Sie auch auf unseren Veranstaltungen sehen. Das sind keine Verkaufsshows.
Sie veranstalten förmlich eine Roadshow: Mehr als 40 Veranstaltungen in 14 deutschen Großstädten. Wenn Ihre Veranstaltungen keine Verkaufsevents sind, was dann?
Wir erklären den Unternehmern, worauf sie sich in der neuen digitalen Welt einstellen müssen, was die Menschen dort erwarten und welche Chancen die verschiedenen Plattformen bieten. Viele Menschen zu erreichen und das auch grenzübergreifend, war in der analogen Welt vor 15 Jahren lediglich Unternehmen mit hohen Marketing-Budgets vorbehalten. Diese Veränderungen bringen viele Chancen für den Mittelstand.