Funklöcher stopfen Die schönsten Verstecke für Mobilfunkantennen

Die schönsten Verstecke für Mobilfunkantennen, wie hier auf Amrum Quelle: imago images

Angesichts von Vorbehalten vor Ort gegen den Bau neuer Mobilfunkmasten will die Bundesregierung in die Offensive gehen. Mobilfunkbetreiber suchen zehntausende neue Sendestandorte, um ihre Funklöcher zu stopfen und neue, superschnelle 5G-Netze zu bauen. Kreative Lösungen sind gefragt, um die umstrittenen Antennen unsichtbar zu machen.

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Es ist eine etwas schizophrene Situation: Alle wollen immer und überall mit dem Smartphone surfen und telefonieren. Entsprechend laut ist das Geschrei, sobald in einem der vielen Funklöcher die Verbindung abreißt. Genauso groß sind aber auch die Proteste von Anwohnern, wenn die Mobilfunkbetreiber das Problem lösen und neue Sendemasten aufstellen wollen. Bürgerinitiativen sprechen von einer „Verspargelung“ der Landschaft. Entweder entzündet sich die Kritik an den wirklich nicht besonders ästhetischen Stahl- und Betonkonstruktionen. Oder Elektrosmog-Ängste werden geschürt. Die Antennen seien eine Gefahr für die Gesundheit. Die Genehmigungsverfahren können dann schon mal zwei Jahre dauern.

Fest steht nur: Die bisher von den drei etablierten Mobilfunkbetreibern Deutsche Telekom (30.000), Vodafone (25.000) und Telefónica (26.000) aufgestellten 80.000 Funktürme und Sendemasten reichen nicht aus, um ganz Deutschland mit stabilen Funkverbindungen zu versorgen. Mit dem neuen, superschnellen 5G-Mobilfunk müssen die Abstände zwischen den Sendemasten sogar noch kleiner werden, damit Daten in Echtzeit mit Reaktionszeiten von ein oder zwei Millisekunden durch den Äther rasen.

Allein die Deutsche Telekom will deshalb in den nächsten zwei Jahren etwa 9000 zusätzliche Standorte in Betrieb nehmen. Viele davon sind als Funkzellen an Orten mit besonders hohem Datenverkehr geplant - wie zum Beispiel in Flughäfen, Fabriken und Einkaufsstraßen. Die dafür benötigten Mini-Sender möglichst unsichtbar ins Stadtbild einzupassen, ist eine der Aufgaben, mit denen sich die Mobilfunkbetreiber in aller Welt intensiv beschäftigen.

Mitten im Yushan Nationalpark in Taiwan baute Nokia zusammen mit den örtlichen Mobilfunkbetreibern und der taiwanesischen Regierung einen Mobilfunkturm in 3858 Meter Höhe. Quelle: Presse

Doch was sind die schönsten Verstecke und die kreativsten Tarnungen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen? Die WirtschaftsWoche hat deshalb die Erbauer und die Betreiber der Sendeanlagen nach den spektakulärsten Lösungen gefragt - und dabei einige überraschende Antworten bekommen.

Grünpflanzen am Gerüst
Der Yushan Nationalpark in Taiwan ist ein beliebtes Touristenziel. Wanderer lockt vor allem der 3952 Meter hohe Jadeberg an. Mitten in dieses Naturschutzgebiet baute Nokia zusammen mit den örtlichen Mobilfunkbetreibern und der taiwanesischen Regierung einen Mobilfunkturm in 3858 Meter Höhe. 1000 Stunden brauchten die Bauarbeiter, um das Gerüst aufzustellen. Damit es nicht die grüne Idylle stört, tarnen künstliche Pflanzen die graue Stahlkonstruktion.

Der rote Funken
Der rot-weiße Leuchtturm, eröffnet im Jahr 1875, ist eines der Wahrzeichen von Amrum. Direkt unterhalb der Aussichtsplattform, gut getarnt mit einem genauso roten Anstrich wie die Spitze, hat Telefónica mehrere Antennen angebracht, die den Süden der Nordseeinsel versorgen.

Leuchtturm Amrum Quelle: imago images

Die smarte Bushaltestelle
Der niederländische Mobilfunkbetreiber KPN und der schwedische Netzausrüster Ericsson nutzen in Amsterdam die Werbekästen an Bushaltestellen als Versteck für Sendeantennen.

Hinter der Jalousie
Katholische Kirchen sind aufgrund ihrer zentralen Lage und ihrer Höhe der ideale Standort für Mobilfunk-Stationen. Nur: Der Denkmalschutz verbietet oft die Installation der Antennen an den Außenmauern. Telefónica zieht sich deshalb mit seinen Funkstationen in den Glockenturm zurück. Wie zum Beispiel in der katholischen Pfarrkirche St. Clemens in Münster-Hiltrup. Die Antennen befinden sich direkt hinter den Jalousien für den Schallschutz.

In Los Angeles haben Ericsson und Philips 100 neue Straßenlaternen mit integrierter LTE-Mobilfunkantenne aufgestellt. Quelle: Presse

Die etwas dickere Straßenlaterne
Die Masten von 100 Straßenlaternen in Los Angeles sind oben etwas dicker als unten. Aber das fällt kaum jemanden auf. Die kalifornische Stadt will eine smarte City werden. Ericsson und Philips haben deshalb neue Straßenlaternen mit integrierter LTE-Mobilfunkantenne aufgestellt. In Deutschland stehen die ersten Mobilfunk-Laternen in Berlin am Brandenburger Tor. Während Vodafone früher bei Großveranstaltungen einen Lastwagen mit einem mobilen Mast vorbeischickte, um den Massenansturm im Mobilfunknetz zu bewältigen, investierte das Unternehmen inzwischen in eine dauerhafte Lösung mit Mini-Sendern in Straßenlaternen und Litfaß-Säulen.

Signal aus der Unterwelt
Auf dem Kornhausplatz im schweizerischen Bern versenken die Swisscom und ihr schwedischer Netzausrüster Ericsson zum ersten Mal Mobilfunkantennen in unterirdischen Schächten - direkt unter einem gusseisernen Kanaldeckel. Die Signale schaffen zwar nur eine Reichweite von 50 bis maximal 150 Metern. Dafür spart sich Swisscom das Aufstellen eines Mastes und braucht keine Baugenehmigungen.

Das Hotel Gellért am rechten Ufer der Donau ist das bekannteste historische Hotel in Budapest. An der denkmalgeschützten Fassade dürfen keine Funkantennen angebracht werden - es sei denn, man versteckt sie - wie die Telekom - im ersten L des weithin sichtbaren Hotelnamens. Quelle: imago-images, PR

Das falsche L
Das Hotel Gellért am rechten Ufer der Donau ist das bekannteste historische Hotel in Budapest. Das prunkvolle Gebäude mit Thermalbad wurde zwischen 1912 und 1918 im Wiener Jugendstil gebaut. An der denkmalgeschützten Fassade dürfen keine Funkantennen angebracht werden - es sei denn, man versteckt sie - wie die Telekom - im ersten L des weithin sichtbaren Hotelnamens Gellért über dem Haupteingang.

Der künstliche Baum
Der Wildpark Budakeszi, 20 Autominuten von der Hauptstadt Budapest entfernt, präsentiert vor allem einheimische Tiere und Pflanzen. Ein hochgewachsener Baum schlägt allerdings aus der Art. Der Stamm mit langen grünen Zweigen ist nur der gut getarnte Betonsockel einer Mobilfunk-Station, die die ungarische Telekom-Tochter hier aufgestellt hat.

Der Stamm eines hochgewachsenen Baumes im Wildpark Budakeszi, 20 Autominuten von der Hauptstadt Budapest entfernt, ist nur der gut getarnte Betonsockel einer Mobilfunk-Station. Quelle: Presse

Die Schornstein-Attrappe
Die Kamine auf dem Dach sind deutlich höher als bei den Nachbarhäusern. Doch Rauchwolken werden hier niemals aufsteigen. Vodafone verkleidet – auf Wunsch von Hauseigentümern – seine Sendemasten auf den Dächern von Wohn- und Geschäftshäusern auch als Schornstein. In Würzburg sendet bereits so eine Attrappe mit klassisch-rotem Ziegelstein-Muster, das sich genau an die Fassade des Hauses anpasst.



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