Gauland-Satire Bei Sixt ist Werbung Chefsache

Der Autovermieter Sixt provoziert gerne mit seiner Werbung. Seit Montagabend kursiert nun ein neues Motiv mit Alexander Gauland – das Motiv ist schon am Tag eins ein großer Erfolg. Was hinter den Kampagnen steckt.

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Der Firmenchef prüft die Werbemotive persönlich. Quelle: dpa

Düsseldorf Dieses Mal ist es Alexander Gauland. Der Vizechef der AfD ziert das neue Werbeplakat des Münchener Autovermieters Sixt, unten seinem Gesicht mit versteinter Miene steht der süffisante Spruch: „Für alle, die einen Gauland in der Nachbarschaft haben. (Jetzt einen günstigen Umzugs-LKW mieten unter sixt.de)“. Im Hintergrund wartet ein weißer Truck, um die Habseligkeiten verstörter Gauland-Nachbarn in sich aufzunehmen.

Sixt ist bekannt dafür, prominente Politiker, Manager oder Gewerkschaftler als Werbegesichter auszuleihen. Dabei geht der Autovermieter alles andere als sanft mit ihnen um. Gauland ist ins Sixt-Werbevisier geraten, weil er mit seiner Äußerung über Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut, aber wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“) für große Empörung, neudeutsch Shitstorm, gesorgt hatte. In den sozialen Medien entbrannte eine Solidarisierungswelle für Boateng. Am Ende war es Gauland, den man nicht mehr als möglichen Nachbarn haben wollte.

Für die Sixt-Kampagne, die seit Montagabend in den sozialen Medien wie Facebook und Twitter kursiert und außerdem in Tageszeitungen erscheint, war die Zustimmung – man ahnt es – ausgesprochen groß. Mehr als 26.000 Likes innerhalb von 14 Stunden erzielte das Motiv auf der firmeneigenen Facebook-Seite. „Super“, „klasse“, „großartig“ –  auch auf Twitter überschlugen sich die Sixt-Werbefans mit begeisterten Kommentaren.

Nicht nur Gauland, auch viele andere Personen wurden von Sixt bereits durch den Kakao gezogen. Erfinder der provokanten Werbung ist die Hamburger Werbeagentur Jung von Matt. Als sie sich 1991 formierte, war Sixt ihr Gründungskunde. In den Folgejahren war die Entwicklung der Werbemotive stets Chefsache: von Firmenchef Erich Sixt und von Jean-Remy von Matt, dem Kreativchef der Agentur.

Einer der Höhepunkte war die Anzeige mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, die in einem Cabrio abgebildet wurde, dazu der Spruch: „Mieten Sie sich ein Cabrio“. In Anspielung auf Merkels langweilige Frisur hatten die Kreativen eine Fahrt im offenen Auto angeregt, quasi statt Friseurbesuch, um ihre Haare in Schwung zu bringen. Auf dem Foto strebten Merkels Haarsträhnen wie lodernde Flammen gen Himmel.

Merkel ging nicht zum Anwalt, obwohl die Anzeige ihr wenig schmeichelte. Im Grunde aber dürfen Kreative niemanden ungefragt für ihre Werbezwecke einspannen. Es sei denn, es sind Themen, die gerade in der Öffentlichkeit diskutiert werden. So hatte beispielsweise Sixt nach dem Rückzug von SPD-Finanzminister Oskar Lafontaine aus der Politik ein Foto des Bundeskabinetts abgebildet und darin seine Person durchgestrichen. Lafontaine scheiterte mit seiner Klage auf Schadensersatz. Es gab sogar ein Grundsatzurteil: grünes Licht für die satirische Darstellung von Personen der Zeitgeschichte.

Das neue Gauland-Motiv stammt allerdings nicht von der Stammagentur Jung von Matt, sondern von der Münchner Werbeagentur 19:13. In den vergangenen Jahren hatte der Autovermieter auch andere Agenturen wie etwa Oliver Voss aus Hamburg mit der Fabrikation aktueller Werbekampagnen beauftragt. Zahlreiche Kreative aus verschiedenen Agenturen werkeln somit an den Werbeideen. Am Ende sitzt allerdings immer derselbe, der sie genehmigt: Firmenchef Erich Sixt. Denn Werbung ist im Hause Sixt Chefsache.

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