Glasfaserausbau Wer schnelles Netz will, muss zahlen

Seite 3/3

In 20 Jahren wirkt ein Terabit langsam

Das Unternehmen ist einer jener der wenigen Privatanbieter, die die Straßen aufbuddeln und Rohre verlegen bis in die Häuser der am schnellen Internet interessierten Bewohner. Wenn sich genug Haushalte bereit finden, einen Vertrag mit dem jungen Unternehmen abzuschließen, das Pakete wie basic100 bis giga1000 für die ganz Datenhungrigen im Programm hat und zwischen 50 und 160 Euro kosten. 40 Prozent der Haushalte müssen mindestens zustimmen. "Dank unserer effizienten Strukturen können wir in diesem Markt auch Regionen bedienen, die für andere schlechter wirtschaftlich zu betreiben sind", sagt Sommerberg.

Es ginge jedoch um mehr als einmalig eine Leitung, sondern die Schaffung einer zukunftssicheren Infrastruktur. Wenn in 20 Jahren eine Leitung mit 1000 Gigabit (ein Terabit) pro Sekunde so langsam wirken sollte wie heute eine ISDN-Leitung beim runterladen eines Spielfilms, dann könnten die Rohre verbleiben und leistungsstärkere Fasern eingezogen werden, verspricht Sommerberg.

In Lüttingen, wie in anderen Orten, werben Lokalpolitiker und Vereine für diese Angebote der Wettbewerber der Telekom. Denn der Haken an dem Angebot der Deutschen Glasfaser: Entscheiden sich nicht genug, lohnt sich die Verlegung von Rohren nicht für das Unternehmen und es zieht tatenlos mitsamt seinen Plakaten wieder ab. Das wäre auf den ersten Blick für manchen Anwohner vielleicht kein Drama. Tatsächlich aber verschlechtert sich die Infrastruktur und damit die technische Grundlage für digitales Leben für alle - auch die, die eigentlich wollen. In den Lüttingens des Landes stimmen die Hausbesitzer nicht nur über ihren Medienkonsum, sondern ein Stück über die Zukunftsfähigkeit des Landes ab.

In Lüttingen ist niemand gegen den Ausbau. Es gibt keinen Widerstand, wegen Sorge um die Umwelt oder Baulärm. Im Gegenteil, die Lokalpresse berichtet in ganz Deutschland immer wieder von Aktion von Vereinen und Bürgern, die dafür werben, dass die Anwohner den Schritt machen, und sich eine Glasfaserleitung ins Haus legen lassen. Aber schieres Desinteresse reicht, um den technischen Fortschritt auszubremsen - es braucht gar keinen Protest.

Die Plakate, die das Straßenbild dominieren, sind deswegen nötig, so die Deutsche Glasfaser. Denn mangelndes Interesse ist in diesem Falle das gleiche wie Ablehnung mit den gleichen Folgen für die Infrastruktur in dem Stadtteil. Vereinzelt bekennen sich Hausbesitzer zu ihrer Meinung und hängen ein wetterfestes "Ich bin dabei"-Plakat an ihr Abwasserrohr.

Der digitale Ausbau, die wirtschaftliche Basis für den weltweiten Wettbewerb in Deutschland - sein Verlauf, das wird in dem ruhigen Flecken in der idyllischen Niederrheinischen Provinz sichtbar, wird auch bestimmt von Menschen, die von den Dimensionen und Zusammenhängen nichts verstehen müssen. Die aber, mit ihrem Wunsch nach häuslichem Frieden dank ausreichend Bandbreite, dazu beitragen, dass der Weg in die Gigabit-Gesellschaft zügig vorangeht.

Lüttingen darf sich entscheiden. Für welche Zukunft sich die Bewohner entscheiden, erfahren sie aber erst, wenn das Ergebnis der Bundestagswahl schon fest steht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%