Google-Entwicklerkonferenz Bremst Google seine eigene Datensammelwut?

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Pixel 3a und 3a XL: Zwei Smartphones zum Mittelklassepreis

Wenn das tatsächlich alles so reibungslos funktioniert, wird das Smartphone nun wirklich zur Kommandozentrale für den Alltag – stets auf dem Laufenden dank aktueller Informationen aus dem Internet. Im vergangenen Jahr präsentierte Google, wie sein Chatbot „Google Duplex“ mit täuschend echter menschlicher Stimme telefonisch Tische im Restaurant reserviert oder einen Termin beim Frisör vereinbart. Mit „Duplex on the Web“ soll der Assistent nun ganz stumm auch Reisen organisieren können, beispielsweise einen Mietwagen buchen, bei dem der Termin automatisch aus dem Kalender gezogen wird. Der eigentliche Clou, so triumphiert Pichai, besteht jedoch darin, dass die Anbieter dafür ihre Reservierungssysteme nicht anpassen müssen. Der Assistent hangelt sich selbst durchs Menü. Sein Nutzer muss im besten Fall am Ende nur noch die vorgeschlagene Reservierung bestätigen.

Seine vollständigen Fähigkeiten spielt Googles Assistent zunächst auf den hauseigenen Pixel Smartphones aus, bevor sie dann über Android an andere Hersteller weitergegeben werden. Um seine eigenen Smartphones noch stärker unter die Massen zu bringen, hat Google am Dienstag mit dem Pixel 3a und 3a XL zwei neue Smartphones präsentiert, die es ab 399 Euro beziehungsweise 479 Euro gibt. Sie sollen den Premium-Telefonen von Apple und Samsung aus der 1000-Euro-Liga nicht nachstehen. Um auf den Preispunkt zu kommen, haben sich Googles Hardware-Experten auf das konzentriert, was den meisten Käufern besonders wichtig ist: Scharfe und große Displays (OLED), kombiniert mit Kamera und leistungsfähigem Akku (angeblich bis zu 30 Stunden Nutzung).

Während der Präsentation kokettierte Hardware-Chef Rick Osterloh damit, dass dank eines speziellen Nachtmodus die Mittelklasse-Geräte die Fotos vom iPhone X im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellen. Was allerdings nur durch starke Bildmanipulation gelingt. Mit der Realität hat das wenig zu tun – aber das gilt auch für die meisten Bilder in sozialen Netzwerken.

„Sicherheit und Privatsphäre sind unsere Leitprinzipien“, beteuert Pichai in seiner Präsentation und verweist auf den Inkognito-Modus, der schon vor zehn Jahren in Googles Browser Chrome eingeführt wurde und das Surfen im Internet erlaubt, ohne dass es im Browser protokolliert wird. Diese Funktion soll nun auch auf den Kartenservice Google Maps erweitert werden, sodass Nutzer das Speichern ihres Standorts oder die Routenführung unterbinden können. In der Vergangenheit hatte Google den Aufenthaltsort von Smartphone-Nutzern jedoch auch dann gespeichert, wenn diese das unterdrückt hatten, wirft eine Klage dem Konzern vor.

Google will zudem seine Datenschutzeinstellungen stärker im Profil hervorheben – inklusive des automatischen Löschens von Suchanfragen. Der Nutzer hat die Auswahl, ob das nach drei Monaten oder erst nach 18 Monaten erfolgt. Was ein Hinweis ist, dass Google sein ganzes Know-how nur dann ausspielen kann, wenn es über die Interessen seines Nutzers im Bilde ist. Wer dafür offen ist, holt aus Googles digitalem Helfer noch mehr heraus. Beispielsweise das Ordern eines Blumenstraußes, der automatisch zum Muttertag versandt wird. Was voraussetzt, dass der Assistent weiß, wer die Mutter ist und wo sie wohnt.

Verdient Google dieses Vertrauen? Eins muss man Pichai lassen: Im Gegensatz zur wolkigen Proklamation von Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf dessen Entwicklerkonferenz in der vergangenen Woche, dass die „Zukunft privat ist“, beschreibt der Google-Chef die Pläne seines Konzerns sehr detailliert. So kann man ihn zumindest besser an seinen Taten messen. Während Pichais Präsentation teilen sich die Wolken und geben die Sonne frei – während das Kleinflugzeug mit dem Warnbanner weiter unermüdlich seine Runden über dem Konferenzgelände dreht.

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