




Es ist der Alptraum von Telekom & Co., seit die Liberalisierung der Telefonmärkte die einstigen Staatskonzerne um ihre Monopolgewinne gebracht hat: Während dynamische Internet-Unternehmen vom Schlage Facebook, Ebay oder Google mit ihren Online-Angeboten Milliardengewinne scheffeln, bleibt den einstigen Telefonriesen nur die Rolle des Lieferanten im Übertragungsgeschäft. Ein (Über-) Leben als Verkäufer von „dumb pipes“, branchenintern dumme Röhren genannt – margenschwach und für Investoren wenig interessant.
Es ist diese Angst, die auch die Forderung der Telekom-Branche nach einem Ende der Netzparität erklärt, dem preis- und qualitätsgleichen Übertragen von Internet-Daten unabhängig von dem Geschäft, das der Anbieter dieser Daten damit macht. Wenn also etwa Google mit Werbung neben Youtube-Videos fette Umsätze macht – allein die Einblendungen rund um das Gangnam-Style-Video des südkoreanischen Rappers Psy brachten mehr als sechs Millionen Euro Werbeerlöse – dann wollen die Telekoms mitverdienen. Bislang allerdings hoffen sie darauf zumeist vergeblich.
Googles Kerngeschäftsfelder
Geschäftsfeld: Online-Anzeigenvermarktung
Marktanteil: 47 Prozent
Geschäftsfeld: Cloud Software
Geschäftsfeld: Internet-Browser
Marktanteil: 43 Prozent
Geschäftsfeld: Online-Bezahlsystem
Geschäftsfeld: Mobil-Betriebssystem/App-Store
Marktanteil: 81 Prozent
Geschäftsfeld: Online-Kartendienst, Navigation
Geschäftsfeld: Internet-Videos
Marktanteil: 82 Prozent
Geschäftsfeld: Internet-Suche
Marktanteil: 69 Prozent
Geschäftsfeld: Web-Mail-Dienst
Geschäftsfeld: Social Network
360 Mio. Nutzer
Verlust der lukrativen Kundenbeziehung
Und nun droht – wenn sich ein Bericht des US-Online-Magazins „The Information“ bewahrheitet – das Telefongeschäft noch schwerer zu werden. Denn danach will Google vermutlich noch in diesem Jahr in den USA mit eigenen Mobilfunktarifen selbst ins Telefongeschäft einsteigen.
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Zwar wird der Web-Gigant keine eigenen Funkmasten aufstellen, sondern die Übertragungskapazität wohl bei den Telefonunternehmen Sprint und T-Mobile einkaufen. Auch Apple hatte im vergangenen Herbst verkündet, in seine iPad-Air-2-Tablets eigene, netzbetreiber-neutrale, SIM-Karten einzubauen. Doch selbst wenn sowohl Apple als auch Google die Datenübertragung noch von den Netzbetreibern erledigen lassen (und dafür bezahlen): Der Schritt beider Digital-Konzerne bedeutete das Ende der direkten Kundenbeziehung für die Mobilfunker – und beraubte sie beispielsweise auch der Möglichkeit, Ihren Kunden neue, profitablere Dienste anzubieten.
Ausgewählte Randaktivitäten von Google
Geschäftsfeld: Biotech-/Gesundheits-Start-up
Geschäftsfeld: Satelliten-Betreiber
Geschäftsfeld: Windenergiepark
Windenergiepark
Geschäftsfeld: Windturbinenhersteller
Geschäftsfeld: Drohnenhersteller
Geschäftsfeld: Solarpanelhersteller
Google könnte wissen, wer wen wann anruft
Diese, potenziell margenträchtigeren, Geschäfte machten dann die Apple, Google und Co. – und die „dummen Röhren“ würden für die Telefonkonzerne noch ein Stück „dümmer“. Die Wiederverkäufer dagegen rückten noch ein Stück näher an ihre Zielgruppe heran. Im Extremfall könne etwa der Online-Riese dann nicht mehr nur wissen, was ein Mobilfunkkunde auf seinem Android-Handy gerade im Internet recherchiert oder wo er sich befindet – diese Daten protokolliert Google ohnehin schon, sofern der Nutzer das nicht in den Android-Einstellungen unterbindet. Daneben ließe sich dem werbewirksam vermarktbaren Nutzerprofil auch noch hinzufügen, wen der Kunde anruft, wann und wie lange?
Gegenwärtig sind die Mobilfunkpläne selbst noch Gerüchte, und die Spekulation gilt erst recht für Überlegungen, was Google & Co. tatsächlich mit den Nutzerdaten anstellen würden. Aber: Den neuen digitalen Giganten – allen voran Google – passte der zusätzliche Kundenzugang bestens ins Konzept. Und sie sind, wenn es darum geht, Kundendaten zu Geld zu machen, äußerst kreativ.
Angebote, aus der Not geboren
Bleibt die Frage, warum sich T-Mobile, Sprint und künftig vermutlich auch noch weitere Telefonkonzerne weltweit überhaupt auf das Geschäft einlassen und die Kundenbeziehungen aus der Hand geben sollten?
Die Antwort darauf ist ebenso simpel, wie für die einstigen Herren der Netze deprimierend: Weil sie es müssen.
Getrieben von der Not, ihre Infrastrukturen auszulasten und unter dem Druck der Marktmacht von Apple, Google und Co (die ja die Hard- und Software für die Telefonkunden so begehrten Smartphones liefern), kann sich keiner der Telefonanbieter mehr erlauben, einen digitalen Riesen zu brüskieren.
Die einst so dominanten Kommunikationsgiganten sind in ihrer Verhandlungsposition auf die Juniorrolle geschrumpft. Und diese Erkenntnis ist für sie mindestens so deprimierend wie der Verlust der Monopolmargen.