Eine gute Kopie ist das beste Kompliment. Wenn das stimmt, hat Google am Dienstag eine Menge Nettigkeiten verteilt. Da zeigte der Suchkonzern in San Francisco seine Hardware-Palette fürs nahende Weihnachtsgeschäft.
Neue Smartphones namens Pixel und Pixel XL, deren Aussehen stark dem iPhone 6s und 6s Plus von Apple ähneln.
Eine Brille für Virtuelle Realität namens Daydream VR, nachempfunden der Gear von Samsung und Oculus. Mit schönerem Namen und - dank Textilüberzug - wesentlich gefälligerem Aussehen. Letzteres augenscheinlich inspiriert von Bang & Olufsen Designer Jakob Wagner.
Google Wifi – ein WLAN-System, mit dem sich das ganze Heim über kleine, miteinander vernetzte Komponenten mit Funk ausleuchten lässt. Solch ein System offeriert Start-up Eero aus San Francisco, das erst vor ein paar Monaten eine frische Finanzierung von 50 Millionen Dollar erhielt. Unter anderen von Index Ventures aus Genf, deren Chefs am Dienstag sicherlich nicht darüber jubilierten, da sie nun gegen eins der finanzkräftigsten Unternehmen der Welt antreten zu müssen.
Google-Imperium: Das ist die Alphabet-Holding
Das Dach der einzelnen Google-Einheiten bildet in Zukunft die neue Holding Alphabet. Die Unternehmensspitze besteht aus Larry Page (CEO), Sergey Brin (Präsident, Eric Schmidt (Chairman) und Ruth Porat (CFO).
Unter dem angestammten Namen des Konzerns sind die Internet-Suchmaschine, das Werbe-Geschäft sowie YouTube und Android gebündelt. Google ist damit eine Tochterfirma von Alphabet. Noch immer ist Google aber der wichtigste und wirtschaftlich stärkste Bereich.
In Googles Innovationslabor werden unter anderem selbstfahrende Autos, Drohnen und Ballons zur Internet-Versorgung entlegener Gebiete aus der Luft entwickelt.
Das Automatisierungsunternehmen Nest baut vernetzte Thermostaten, die über Apps gesteuert werden können. Auch Rauchmelder sind im Programm. Google kaufte das Unternehmen Anfang 2014 für mehr als drei Milliarden Dollar.
Die Gesundheitsfirma Calico - kurz für California Life Company - soll vor allem das Altern erforschen - um es eventuell bremsen zu können. Das Unternehmen wurde 2013 von Google gegründet.
In den USA bietet der Konzern unter diesem Namen in mehreren Städten ultra-schnelle Internet-Zugänge über Glasfaser-Anschlüsse an.
Der Spezialist Sidewalk ist auf die Infrastruktur moderner Städte fokussierte. Es geht unter anderem darum, den Verkehr effizienter zu machen, Energieverbrauch und Lebenshaltungskosten zu senken oder die Stadtverwaltung zu verbessern.
Über Google Ventures investiert der Konzern in Start-ups, unter anderem den umstrittenen Fahrdienst-Vermittler Uber.
Jeff Bezos mag das gelassener sehen. Vor zwei Jahren stellte der Amazon-Chef einen Lautsprecher namens Amazon Echo vor, der dank des digitalen Assistenten Alexa auf Sprachbefehle hört. Auf Zuruf kann er Musik abspielen, das Wetter ansagen oder Waren ordern. Mittlerweile auch die Heizung regeln, Taxis bestellen oder Flüge buchen – dank externer Kooperationspartner wie Honeywell, Uber oder Kayak. Rund 2000 solcher Zusatzfunktionen externer Anbieter gibt es bereits. Sie haben den Echo zum Überraschungshit gemacht. Über Stückzahlen schweigt sich Amazon beharrlich aus. Aber es scheint tatsächlich eine Menge Leute zu geben, die sich freiwillig ihre Wohnung verwanzen. Oder – je nach Ansicht – den Komfort im Heim mit einem smarten Assistenten aufwerten, der aufs Wort gehorcht.
Nun können sie selbiges auch mit Google Home tun, der Google Kopie vom Echo. Bereits im Mai, auf seiner Hausmesse Google I/O, hatte der Konzern sie angekündigt. Sie hat ähnliche Funktionen wie Amazon, bezieht ihre Intelligenz ebenfalls live aus dem Internet und kostet ungefähr ein Drittel weniger. Immerhin ist sie mit einer Taste ausgestattet, mit der sich die Mikrofone ausschalten lassen. In den USA wird der Lautsprecher mit dem Google Assistenten ab November für 129 Dollar ausgeliefert. Für Deutschland wurde noch kein Start bekanntgegeben.
Google folgt stärker dem Apple Modell
Muss man kritisieren, dass Google ganz offensichtlich die Konkurrenz kopiert? Nein. Ganz im Gegenteil. Dass Google sich nicht zu schade ist, genau das zu tun, beweist vielmehr, dass seinem Chef Sundar Pichai die Marktmacht seiner Suchmaschine nicht zu Kopf gestiegen ist.
Nur die Paranoiden überleben, hatte Intel-Gründer Andy Grove einst gewarnt. In Googles Fall ist es die große Furcht, dass Konkurrenten schleichend seine Suchmaschine aushebeln.
Indem sie beispielsweise Informationen über digitale Assistenten wie Amazons Alexa, Apples Siri oder Microsofts Cortana präsentieren. Je weniger Nutzer deshalb Googles Suchdienste frequentieren, umso weniger kann das Unternehmen für die mit Suchbegriffen verbundene Werbung verlangen. Das ist – auch 18 Jahre nach Gründung und trotz ambitionierter Projekte des Mutterkonzerns Alphabet wie dem selbstfahrenden Auto oder dem Fahnden nach der Formel des Lebens – noch immer seine mit Abstand wichtigste Einnahmequelle, die es mit allen Mitteln verteidigen muss.
Deshalb gibt es als Gegengewicht zu Apples iOS das mobile Betriebssystem Android. Es stellt sicher, dass Google-Dienste auch auf dem Smartphone präsent sind. Geld hat Google mit Android nicht verdient. Aber sichergestellt, dass es weiterhin sein Publikum erreicht.
Bei der Hardware-Palette ist das ganz genauso. Sie ist Vorbeugung und Investition in die Zukunft, ob via künstlicher Intelligenz über Sprachbefehl oder virtuelle oder erweiterte Realität. „Google muss ins Hardwaregeschäft, um zu demonstrieren, dass es eine relevante Plattform bleibt“, meint Thomas Husson, Analyst des Beratungsunternehmens Forrester Research.
Googles Hardwarechef Rick Osterloh, setzt dabei auf das Apple-Modell des engeren Verzahnens von Hard-und Software. Die Pixel Handys sind deshalb vollständig von Google-Ingenieuren entwickelt. Der taiwanesische Handyhersteller HTC, der früher auch Entwicklungsaufgaben übernahm, führt nur noch die Produktion aus.
Nachmachen, was funktioniert, auch wenn es nicht im eigenen Haus erfunden wurde, ist eine smarte Strategie. Für den Kunden bedeutet es mehr Auswahl und günstigere Preise. Sicherlich wird Amazon nun seinen Echo günstiger offerieren beziehungsweise eine verbesserte Version auf den Markt bringen. Der Wettbewerb wird interessant, denn Google hat ebenfalls langjährige Erfahrungen mit digitalen Assistenten und dank Suchmaschine und E-Mail-Dienst viel mehr Informationen über den einzelnen Nutzer als Amazon. Das ist ein Vorteil. Im Alltag wird entscheidend sein, wie hilfreich die Aussagen der Assistenten sind.
Es wäre nur schön, wenn Google auch bei der Hardware stärker eigene Akzente setzen könnte.