




Fast genau ein Jahr ist es her, da saß ich im Februar 2013 mit Yang Yuanqing auf dem Mobile World Congress in Barcelona zusammen und wir sprachen über seine Wachstumspläne für das Smartphone-Geschäft. Für das kommende Jahr, erzählte der Vorstandschef des chinesischen IT-Riesen Lenovo damals, plane er den Einstieg auf breiter Front ins Handygeschäft in Europa. Die osteuropäischen Märkte liefen bereits sehr gut, 2014 sei dann Westeuropa dran.
Der Zeitpunkt ist jetzt da – auch wenn der „Einstieg“ jetzt nun anders aussieht, als Yuanquing ihn damals skizzierte: Am späten Mittwochabend deutscher Zeit verkündeten Lenovo und Google, dass die Chinesen dem Internetkonzern die erst 2011 übernommene Tochter Motorola Mobility abkaufen. 2,91 Milliarde Dollar zahlen die Chinesen dafür. 2,91 Milliarden Dollar für die defizitäre Smartphone-Sparte? Ein Geschäft, dass Google vor zweieinhalb Jahren selbst noch 12,5 Milliarden Dollar gezahlt hat? Nicht nur auf den ersten Blick sieht das nach einer klassischen Lose-Lose-Situation aus, bei der beide Seiten nur verlieren.
Doch der Eindruck täuscht. Am Ende gewinnen beide – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Google-Chef Larry Page entledigt sich mit dem Verkauf gleich einer ganzen Reihe von Problemen. Nicht nur, dass er das verlustreiche Handygeschäft wieder los wird, von dem sich schon beim Kauf vor zweieinhalb Jahren jeder fragte, was der Internet- und Software-Riese eigentlich damit anfangen wollte. Er löst auch das Problem, dass Google – trotz aller gegenteiligen Bekundungen – immer bei seinen übrigen Handy-Partnern im Verdacht stand, die eigene Tochter bei der Entwicklung von Android-Smartphones zu bevorzugen.
Vor allem aber behält Google den Zugriff auf den größten Teil der 2011 mit Motorola übernommenen Handy-Patente. Die sind im fortwährenden Konflikt mit den anderen Handy- und Softwareriesen, allen voran Apple und Microsoft, Gold wert. Zieht man vom einstigen Kaufpreis neben dem aktuellen Erlös von 2,91 Milliarden auch noch jene 2,35 Milliarden Dollar ab, die Google Ende 2012 beim Verkauf des einst ebenfalls zu Motorolas Mobility-Sparte gehörenden Set-Top-Boxen-Geschäfts eingenommen hat, so bleibt rechnerisch ein Verlust von 7,2 Milliarden Dollar. Oder eben die Summe, die Google für die verbleibenden Patente tatsächlich hingelegt hat. Und das kann sich Page locker leisten.