Hauptversammlung am Mittwoch Bei der Software AG bahnt sich ein Aktionärsaufstand an

Die Software AG in Darmstadt. Quelle: dpa

Im Bieterkampf um die Software AG rebellieren Großinvestoren gegen die schnelle Festlegung auf Silver Lake als Käufer. Nun meldet sich Investorenvertreter Christian Strenger zu Wort.

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Bei der Hauptversammlung der Software AG bahnt sich ein Aufstand der institutionellen Aktionäre an. Nach den Fondsgesellschaften Schroders und Harris meldet sich auch Corporate-Governance-Experte Christian Strenger zu Wort und will das Verhalten der Konzernführung im Bieterwettkampf um das SDax-Unternehmen frontal angreifen. Er habe den Eindruck, „dass die gesetzlich erforderliche Neutralitätspflicht der Software-Organe kaum hinreichende Beachtung gefunden hat“, sagt Strenger laut Redemanuskript, das der WirtschaftsWoche vorab vorliegt.

Offenbar seien „die erforderlichen Sorgfaltsstandards im Übernahmeprozess bisher wenig beachtet“ worden. Strenger, der Investoren vertritt, die zusammengenommen gut 5 Prozent der Unternehmensanteile halten, erwägt einen Antrag auf Sonderprüfung.

Die Software AG hält am Angebot des US-Finanzinvestors Silver Lake über 32 Euro je Aktie fest und lehnt Verhandlungen mit dem zweiten Übernahmeinteressenten Rocket Software ab, obwohl Rocket Software eine Offerte über mindestens 34 Euro angekündigt hat. Das US-Softwareunternehmen ist mehrheitlich im Besitz des US-Finanzinvestors Bain Capital und hat an der Börse bereits 10 Prozent an der Software AG aufgekauft.

Die Ablehnung wird seitens der Software AG unter anderem damit begründet, dass Rocket Software bisher nur unverbindlich Interesse bekundet und ein Angebot von einer gründlichen Buchprüfung (Due Diligence) abhängig gemacht habe. Pikant wird die Situation dadurch, dass zwei der sechs Software-AG-Aufsichtsräte Vertreter von Silver Lake sind, darunter auch Chefkontrolleur Christian Lucas.

Christian Strenger wird auf dem Aktionärstreffen in Darmstadt nach eigenen Angaben mehrere Investoren vertreten, die zusammengenommen über fünf Prozent an der Software AG halten. Damit addiert sich der Anteil der aufständischen Profianleger bereits jetzt auf 16 Prozent. Zuvor hatten schon das britische Investmenthaus Schroders und der US-Vermögensverwalter Harris Associates das Verhalten der Führung scharf kritisiert. Schroders hält acht Prozent, Harris knapp drei Prozent an der Software AG.

Umstrittene Doppelrolle

Größter Anteilseigner der Softwarefirma ist mit 30 Prozent derzeit noch die Software-AG-Stiftung von Firmengründer Peter Schnell. Die Stiftung hat Ende April einen Vertrag unterzeichnet, wonach sie 25,1 Prozent ihrer Anteile an Silver Lake veräußert. Die Stiftung bekräftigte vergangenen Freitag, dass sie lediglich das Angebot von Silver Lake unterstütze. Silver Lake hält bisher 5 Prozent an der Software AG, hat aber Anfang 2022 über eine Wandelanleihe 344 Millionen Euro in das Unternehmen investiert.

Schroders und Harris hatten argumentiert, dass das Silver-Lake-Angebot das Unternehmen erheblich unterbewerte. „Wir sind überrascht, dass der Übernahmeausschuss offenbar nicht bereit ist, sich mit potenziell höheren Angeboten von anderen interessierten Parteien auseinanderzusetzen", hieß es von Schroders.

Auch Schroders stört sich offenbar an der Lucas‘ Doppelrolle. Der Fondsverwalter schreibt, es stellten sich Fragen „möglicher Interessenskonflikte sowie, ob angemessene treuhänderische Prozesse folgten, um die Interessen der Minderheitsaktionäre zu schützen“. Mit Blick auf die potenzielle Übernahme durch Silver Lake wurde im Software-AG-Aufsichtsrat ein Übernahmeausschuss gebildet, dem Lucas nicht angehört.

Lucas sei mit insgesamt zehn Aufsichtsratsmandaten, davon fünf mit Vorsitz, „eindeutig overboarded“, habe also zu viele Mandate, sagte Strenger. Der Corporate-Governance-Experte moniert zudem, dass die Software AG das Angebot von Rocket/Bain bereits eine Stunde nach Bekanntwerden ablehnte. „Nach den bisher verfügbaren Informationen müssen ernste Zweifel bestehen, ob Vorstand und Übernahmeausschuss des Aufsichtsrats in dieser knappen Zeit alle relevanten Fragen für eine so abschließende Bewertung der Offerte eines finanzstarken Gegenbieters verantwortungsvoll behandeln konnten.“ 

Sonderprüfung steht im Raum

Sollte die Verwaltung seine Fragen zum Übernahmeprozess nicht ausreichend beantworten, erwägt Strenger nach eigenen Angaben eine Sonderprüfung. Hierfür würden die von Strenger vertretenen Investoren eventuell die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung in Betracht ziehen, sagte der Corporate-Governance-Experte der WirtschaftsWoche.

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Auch Harris-Portfoliomanager Justin Hance argumentierte, es falle ihm schwer zu erkennen, warum sich der Darmstädter Softwarehersteller nicht mit anderen potenziellen Käufern auseinandersetze. Sich nicht mit Gegenofferten von Rocket Software zu befassen, entmutige auch andere mögliche Bieter, so Hance gegenüber der US-Nachrichtenagentur Bloomberg.

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