Henry Holt und „Fire and Fury“ „Harry Potter für Erwachsene“

Der US-Verlag Henry Holt veröffentlicht das Werk, das den US-Präsidenten in Rage bringt und die Bestseller-Charts stürmt. Viele Käufer hat besonders ein Grund zum Kauf motiviert.

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„Fire and Fury

Düsseldorf US-Verleger Steve Rubin bewegt derzeit mit einem persönlich angestoßenen Projekt die Weltpresse und US-Politik. Die Rechte am Buch „Fire and Fury“ über das erste Amtsjahr von US-Präsident Donald Trump von Politikjournalist Michael Wolff hatte der Chef des Verlags Henry Holt im vergangenen Jahr persönlich erworben. Seit Mitte der Woche sorgen erste veröffentlichte Auszüge für ein riesiges Medieninteresse – und Trumps Anwälte schickten eine Unterlassungsverfügung, um die Verbreitung des Werks zu verhindern. Gerichtet war es an Rubins Büro in der New Yorker Fifth Avenue.

Unter anderem sorgen extrem kritische Aussagen von Trumps Ex-Strategieberater Steve Bannon für Aufsehen. Doch statt sich vom US-Präsidenten einschüchtern zu lassen, hat der Verlagschef einer Tochterfirma der deutschen Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck die Offensive gewählt. Selbstbewusst ließ er verkünden, den Erscheinungstermin wegen des „ungekannten Interesses“ vom 9. Januar auf den heutigen Freitag vorzuziehen. Tatsächlich kann er sich vor Bestellungen kaum retten. In Buchläden in Washington standen um Mitternacht Menschen Schlange, um den „Harry Potter für Erwachsene“ zu erwerben, wie ein Reporter der Washington Post berichtete.

„Wir betrachten ‚Fire and Fury‘ als eine außerordentlichen Beitrag zu unserer nationalen Debatte und schreiten mit der Veröffentlichung voran“, hatte eine Verlagssprecherin am Donnerstag gesagt.

Die großen Late-Night-Shows griffen die scharfen Aussagen Wolffs und seiner Gesprächspartner zu Trump, seiner Familie und dem Stil der Regierungsführung auf. Jimmy Kimmel formulierte auf dem US-Sender ABC etwas zum Ausdruck, was den Run auf das Buch auch nach Angaben von Buchhändlern erhöht hat: „Ich hatte nicht vor das Buch zu kaufen. […] Aber da Trumps Anwälte sich daran gemacht haben, die Veröffentlichung zu verhindern, kaufe ich 20 Exemplare. Für meine Eltern, für meine Schwiegereltern, für meine Cousins.“

Henry Holt ist ein Verlagshaus mit über 150-jähriger Geschichte und gehört seit mehreren Jahrzehnten bereits den deutschen Eigentümern über das US-Verlagshaus Macmillan. Bei Henry Holt sind auch Werke von konservativen Autoren erschienen wie etwa Geschichtsbücher des mittlerweile wegen Fällen von sexueller Belästigung scharf in die Kritik geratenen Fernsehmoderators Bill O’Reilly.

Auf das neueste Werk war der gebündelte Zorn Trumps niedergegangen. So ließ der US-Präsident einen Anwalt in einem Brief an den Verlag und den Autor fordern, die Veröffentlichung wegen Verunglimpfung und Verstoß gegen Vertraulichkeitsvereinbarungen von zitierten Personen zu unterlassen und sich für den Inhalt zu entschuldigen. Zunächst in einer Pressemitteilung und am Freitagmorgen deutscher Zeit dann auch in einem Tweet, ließ Trump persönlich kein gutes Haar an dem Werk. „Ich habe dem Autor des falschen Buchs null Zugang zum Weißen Haus gewährt (tatsächlich habe ich ihn mehrmals zurückgewiesen). Ich habe nie mit ihm für das Buch gesprochen. Voll von Lügen, Fehlinterpretationen und Quellen, die es nicht gibt. Schaut euch die Vergangenheit des Kerls an und beobachtet, was mit ihm und ‚Sloppy Steve‘ passiert.“ Mit dem schludrigen Steve spielt Trump auf Steve Bannon an, seinen ehemaligen Chefstrategen im Weißen Haus, dem Trump jetzt vorhält, den „Verstand verloren“ zu haben.

„Der Angriff von Präsident Trump hat definitiv das Interesse angeschoben“, zitiert das „Wall Street Journal“ den Chef der Buchhandelskette Books-A-Million. In den USA liegt das Buch am Freitagmorgen bei Amazon auf Rang 1 der Verkaufscharts, in Deutschland die englische Version auf Rang 1 und 2 (Taschenbuch und gebundene Ausgabe), in Großbritannien auf Rang 2. In sozialen Netzwerken berichten Käufer stolz davon, das Werk bestellt zu haben – teilweise mit der Begründung, dies getan zu haben, um Trump eins auszuwischen.

Eine Bestseller-Platzierung sagt zwar nichts über die absoluten Verkaufszahlen aus, aber ein wirtschaftlicher Erfolg deutet sich für Verleger Rubin an. Der Mutterkonzern Holtzbrinck führt die eigenen Buchverlage auf seiner Homepage übrigens unter der Überschrift „Furchtlosigkeit“.

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