HSBC-Risikovorstand „Einen kompletten Arbeitstag in der Woche für das SAP-Projekt reserviert“

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„Leistungsfähige Standard-Software“

Manche Leute sagen, dass IT-Projekte auch schlicht zu groß und zu komplex dimensioniert sind und das Scheitern damit quasi vorherbestimmt sei. Dass etwa die Deutsche Post 2015 die Gewinnziele wegen eines geplatzten SAP-Projektes kappen musste, dass der Otto-Konzern 2012 eine groß angelegte SAP-Einführung kippte oder dass Lidl 2018 – nach Investitionen von fast einer halben Milliarde Euro – eine SAP-Offensive stoppen musste, all das soll auch an der Komplexität der Vorhaben gelegen haben. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen Ähnliches droht, wenn Sie die komplette Bank-IT auf SAP umstellen?
Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich mich zu Projekten anderer Unternehmen nicht konkret äußern möchte. Wie gesagt, es gibt immer eine Menge von Gründen, warum etwas scheitern kann. Aber eines ist mir wichtig: Dass jemand ein SAP-Projekt umsetzt, ist per se kein Anlass zur Sorge. Die Walldorfer sind nicht umsonst in vielen Bereichen der Unternehmens-IT als Standard gesetzt und anerkannt. Dass es immer wieder zu prominenten Fehlschlägen kommt, hat meines Erachtens zwei entscheidende Ursachen.

Die wären?
Zum einen, ganz banal: SAP ist so groß und präsent, dass Probleme dort fast zwangsläufig auffallen. Ich könnte Ihnen aus dem Stand vier, fünf andere Softwarehersteller aus der Unternehmens-IT nennen, bei denen Projekte nicht minder krachend gescheitert sind. Bloß, die kennt kaum wer, und damit sind die Fälle natürlich auch viel weniger prominent.

Und zum anderen?
SAP entwickelt leistungsfähige Standard-Software. Das heißt, sie bauen Programme, die sie für standardisierte Prozesse in Unternehmen optimieren. Wenn sich in der Wirtschaftswelt also bestimmte Arbeitsabläufe, juristische Verfahren oder Buchungsprinzipien als besonders effizient erweisen, kann man davon ausgehen, dass man die auch in SAPs Produkten wiederfindet.

Viele Unternehmen machen manches aber intern anders, als es der branchenübergreifende Normalfall vorsieht. Das kann gute Gründe haben, oder auch der Geschichte oder der Gewohnheit geschuldet sein. Wenn ein Unternehmen in solchen Fällen Standard-Software einführen will, hat es zwei Optionen – und beide sind unangenehm: Entweder es passt die Software an die internen Sonderlichkeiten an, oder es passt die internen Prozesse an die Software an.

Wo ist das Problem?
Interne Strukturen umzubauen, gewohnte Arbeitsabläufe umzuschmeißen, das „Haben-wir-immer-schon-so-gemacht“ abzuschaffen, das kostet Kraft. Das ist eine eigene Herausforderung, ein Change-Management-Projekt. An den Standardmodulen von SAP herumzuschrauben, kann da als der vermeintlich leichtere Weg erscheinen.

Nur fängt man sich genau damit in der Regel einen Rattenschwanz neuer Probleme ein. Denn je mehr Baustellen man aufmacht, desto komplexer wird es. Nicht nur, aber eben auch bei Großprojekten wie mit SAP. Bleibt man beim Standard, ist es schnell, effizient und robust. Schraubt man daran herum, können Kosten und Probleme durch die Decke gehen.

Was heißt das für Ihre Baustelle bei der HSBC?
Dass wir uns ganz zu Beginn hingesetzt und einen Plan entwickelt haben, wie wir die Bank und unsere internen Abläufe zukünftig strategisch entwickeln wollen. Und wir haben uns überlegt, wie dazu die Prozesse aussehen sollen. Dann erst haben wir geprüft, mit welcher IT wir dieses Ziel am besten erreichen können. Das war für uns dann SAP. Nun passen wir die Abläufe im Haus an unseren Zukunftsplan an und setzen dabei soweit es geht auf die Standards, die die Plattform bietet.

Dabei müssen wir natürlich die Menschen mitnehmen, die mit der Technik arbeiten müssen, müssen erklären und begründen und dürfen nicht einfach Beschlüsse fassen und uns dann nicht mehr darum kümmern.

Dennoch gilt: Abweichungen vom Software-Standard gibt es nur in absoluten Ausnahmefällen und die Entscheidung darüber liegt ganz oben. Nur dann weiß ich, was passiert und warum. Und ich kann auch die Verantwortung tragen, wenn wir irgendwo von unseren Ursprungsplänen abweichen.

Und, gelingt das?
Bisher passt es. Bis zum Jahresende werden wir den ersten Teil der IT, die Verwaltungskosten, als erstes Modul umstellen können. Und dann geht es schrittweise weiter. Es ist natürlich eine immense Herausforderung, die wir da stemmen; quasi eine Operation am offenen Herzen der Bank. Wir sind auf dem richtigen Weg.

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