Huawei Deutschland CTO Walter Haas „Ein Ausschluss Huaweis ergibt wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn“

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Huawei und der wirtschaftliche Selbstmord

In Deutschland werden zurzeit die 5G-Lizenzen versteigert. Ob Huawei am anschließenden Netzausbau beteiligt sein wird, steht immer noch nicht fest. Doch im jetzigen 4G-Netz steckt massenhaft Huawei-Technologie. Was würde ein Verzicht auf Ihr Unternehmen als Ausrüster bedeuten?
Ein Ausschluss würde betriebs- und volkswirtschaftlich überhaupt keinen Sinn ergeben: Tatsächlich müsste dann ein vollkommen neues Netz aufgebaut werden, was immense Investitionen erfordern würde. Für das LTE-Netz haben wir ja beinahe zehn Jahre gebraucht.

Die Telekom hat sich vor kurzem für Sie ausgesprochen. Haben Sie damit nicht alles erreicht? Immerhin wird die Telekom maßgeblich für die 5G-Vernetzung zuständig sein.
Wir wollen doch nichts „erreichen“. Aus unserer Sicht hätte die Debatte so gar nicht erst stattfinden müssen. Sie ist hochgradig politisch motiviert – und zwar aus einer ganz bestimmten Richtung. Und die Cybersicherheit ist hier meiner Meinung nach nur ein Platzhalter für den wirtschaftlichen Disput der USA und China sowie eine zunehmende Abschottung des US-Markts. Dazwischen sind wir irgendwie hineingeraten.

Wie stellt sich diese Abschottung dar?
Ich kann oft nur schmunzeln, wenn ich sehe, was dort als 5G verkauft wird. Dort gehen Netzbetreiber ja sogar schon gerichtlich gegeneinander vor, um zu klären, ob die Technologie des Konkurrenten nun wirklich 5G genannt werden darf oder nicht. Die in den USA ohne Huawei-Technologie derzeit erreichten 5G-Übertragungsraten sind jedenfalls drei- bis viermal niedriger als die in Südkorea in kommerziellen Netzen mit Huawei-Technologie erreichten Raten.

Unabhängig davon steht allerdings der Spionagevorwurf der USA gegen Sie im Raum. Seitdem kämpfen Sie auch in Deutschland um das Image Ihres Unternehmens.
Was ich dazu sagen möchte ist, dass wir keinerlei gesetzlichen Verpflichtung unterliegen, uns an illegalen Spionageaktivitäten zu beteiligen. Und das ist im Grunde die gesamte Faktenlage. Unser Chief Legal Officer, Song Liuping, hat kürzlich gesagt: „Welches Unternehmen wäre denn so dumm, wenn es nicht irgendwie gezwungen wird, Selbstmord zu begehen?“ Und für uns ist ganz klar: Wenn wir Daten an die chinesische Regierung weitergeben würden, käme das einem wirtschaftlichen Selbstmord gleich. Außerdem hat unser Firmengründer gesagt: Lieber verkaufe er das Unternehmen oder schließe es, bevor wir uns durch die Weitergabe von Daten unsere Kunden massiv schädigen und uns selbst killen.

Es würde ja nur zum Selbstmord werden, wenn die Weitergabe der Daten auffliegen und somit nachweisbar würde.
Es wäre hirnrissig als Unternehmen wie Huawei, so etwas verheimlichen zu wollen oder das zu versuchen. Das wäre gar nicht möglich, es würde sehr schnell aufgedeckt werden. Warum sollten wir dies als Wirtschaftsunternehmen tun? Glauben Sie, dass uns jemand unseren derzeitigen Umsatz von etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr geben würde, um einen Zugang zu Daten zu bekommen? Das ist lächerlich.

Was bleibt Ihnen nun, um sich aus dieser Affäre zu ziehen?
Wir sind dazu bereit, entsprechende No-Spy-Erklärungen zu unterzeichnen und wir werden weiter sehr transparent sein und unsere Technologien von Kunden und Sicherheitsbehörden intensiv testen und prüfen zu lassen. Und selbstverständlich wie in den letzten 30 Jahren, Technologie liefern, die tagtäglich sicher und verlässlich arbeitet.

Merkt man die öffentliche Debatte eigentlich im Geschäft?
Nein.

Woran machen sie das genau fest?
In den ersten zwei Monaten 2019 ist unser globaler Umsatz um 36 Prozent gewachsen – verglichen mit dem Vorjahr. Auch in Deutschland ist er gestiegen.

Wie sichern Sie dieses Wachstum für die Zukunft?
Unsere großen Industriepartner und auch der BDI haben sich für uns ausgesprochen. In den letzten Monaten waren auch mehrere große deutsche Unternehmen bei uns in der Firmenzentrale vor Ort. Ich gehe davon aus, dass wir weiterhin mit vielen Unternehmen konstruktiv zusammenarbeiten werden.

Zum Abschluss: Wie wird sich die Debatte nun entwickeln?
Natürlich wird es weiterhin Diskussionen geben. Ich hoffe, dass diese nun auch weiterhin konstruktiv geführt werden. Wie die Debatte allerdings von der anderen Seite des großen Teichs aus weitergeht, kann ich ehrlicherweise überhaupt nicht einschätzen.

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