In eigener Sache Verlagsgruppe Handelsblatt übernimmt Mehrheit an Euroforum

Die Verlagsgruppe Handelsblatt erwirbt 81 Prozent an ihrem langjährigen Veranstaltungspartner und stärkt damit den Live-Journalismus. Er bildet neben dem Print- und dem Digitalbereich das dritte Standbein des Düsseldorfer Medienhauses.

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Pathfinder 2017 mit Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe auf der Bühne. Quelle: Marc-Steffen Unger für Handelsblatt

Düsseldorf Ob Deutschland-Dinner mit Kanzlerin Angela Merkel oder mit Finanzminister Wolfgang Schäuble, Auto-Gipfel mit den Vorstandschefs von BMW, Daimler und Volkswagen, Bankentagung mit Deutsche-Bank-CEO John Cryan oder der Zukunftskongress Pathfinder mit prominenten Vordenkern und Hunderten Nachwuchstalenten – die Devise aller Veranstaltungen der Verlagsgruppe Handelsblatt lautet: Journalismus auf die Bühne bringen und erlebbar machen.

„Wir transformieren Leserschaft in Partnerschaft, gehen vom ‚Ich‘ zum ‚Wir‘, wechseln von analog auf Dialog, verbinden Information und Inspiration“, beschreibt Gabor Steingart, Vorsitzender der Geschäftsführung und Herausgeber des Handelsblatts, das Konzept Journalismus Live. Es bildet neben dem Print- und dem Digitalbereich das dritte Standbein des Düsseldorfer Medienhauses, in das Verleger Dieter von Holtzbrinck nun kräftig investiert.

Nummer eins für Konferenzen

Wie die Verlagsgruppe Handelsblatt am Dienstag bekanntgab, erwirbt sie eine Mehrheit von 81 Prozent an ihrem langjährigen Event-Partner Euroforum. Euroforum ist die Nummer eins für Konferenzen, Seminare und Jahrestagungen im deutschsprachigen Raum und gehörte bislang zum Informationskonzern Informa, dem globalen Marktführer im Veranstaltungsbereich. Die an der Londoner Börse gelistete Muttergesellschaft steigt nicht ganz bei Euroforum aus, sondern wird einen Anteil von 19 Prozent behalten.

Informa-CEO Stephen A. Carter bezeichnete den Schritt als Fortführung der Strategie zur Fokussierung des Portfolios. Euroforum sei der „natürliche Partner für die nächste Entwicklungsphase“ der Verlagsgruppe Handelsblatt. Die Transaktion bewertet das Unternehmen mit rund 15 Millionen Euro, was etwa dem Sechsfachen des für dieses Jahr prognostizierten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) entspricht, heißt es in einer Mitteilung von Informa an die Aktionäre.

Mit der Übernahme, die bis Ende Oktober abgeschlossen sein soll, werden die Wirtschaftsclubs von Handelsblatt und WirtschaftsWoche ausgebaut. Beide wurden im vergangenen Jahr gegründet, um persönliche Begegnungen und den Face-to-Face-Austausch über wirtschaftsrelevante Themen zu fördern. Die Mitglieder, allesamt Abonnenten der Titel, können bei den regelmäßigen Club-Gesprächen mit WirtschaftsWoche-Herausgeberin Miriam Meckel, Handelsblatt-Chefredakteur Sven Afhüppe, Redakteuren und Korrespondenten diskutieren oder Dax-Chefs, Minister, renommierte Finanzexperten und Ökonomen auf den rund 200 Veranstaltungen treffen, die die Verlagsgruppe Handelsblatt jedes Jahr durchführt.

Journalismus auf Papier, digital und live

Trotz der wachsenden Bedeutung des Konferenzgeschäfts will Steingart die Verlagsgruppe Handelsblatt nicht als Verlag mit angeschlossenem Veranstaltungsbereich verstanden wissen. Er definiert das Medienhaus vielmehr als eine „Gemeinschaft zur Verbreitung des wirtschaftlichen Sachverstandes“, die im Blatt wie in den Digitalprodukten, aber auch in den Leistungen des Handelsblatt Research Institute und auf den unzähligen Veranstaltungen lebe. „Bei uns gibt es Journalismus in drei Darreichungsformen – auf Papier, digital und live“, sagte er.

Der Live-Journalismus, der künftig an der hauseigenen Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten auch als neuer Ausbildungszweig unterrichtet wird, soll die Abhängigkeit vom traditionellen Druckgeschäft weiter verringern. Zwar sieht Steingart mit Blick auf die Auflagen- und Reichweitenzahlen keinen Grund, dem Printgeschäft den Rücken zu kehren. „Das Handelsblatt wächst seit Anfang 2012 gegen den Markttrend und hat ein Plus von sechs Prozent im Abonnement erzielt“, erklärt er. Aber das Kerngeschäft, der hochwertige Wirtschaftsjournalismus, müsse zeitgemäß interpretiert und transformiert werden. Ganz im Sinne der verstorbenen Journalisten-Legende Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“

Das Know-how und die Erfahrung von Euroforum sollen dabei helfen, den publizistischen Wandel der Verlagsgruppe Handelsblatt schneller voranzutreiben. Pro Jahr führt das 1990 gegründete Unternehmen mit seinen rund 140 Mitarbeitern etwa 250 Veranstaltungen mit mehr als 12.000 Teilnehmern in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie den USA und China durch. Die gemeinsamen Events mit der Verlagsgruppe Handelsblatt steuern schon jetzt einen Anteil von etwa 40 Prozent zum Jahresumsatz bei. Euroforum entwickelt im Vorfeld von Veranstaltungen die Themen, konzipiert das Programm, akquiriert Referenten, Teilnehmer und Partner und kümmert sich um den Ablauf vor Ort. Thematische Schwerpunkte liegen in den Branchen Automobil, Energie, Finanzen, Industrie und IT. „Das Bedürfnis nach Wissensaustausch, Inspiration und Begegnung auf offener Bühne mit hohem Niveau ist ungebrochen, ja sogar steigend“, sagt Annemarie Brems, Geschäftsführende Direktorin bei Euroforum. „Mit dem neuen Eigentümer können wir dieses Bedürfnis noch kreativer und zielgruppengerechter bedienen.“

Umbenennung in Handelsblatt Media Group

Dass die Verlagsgruppe Handelsblatt sich nicht länger als traditionelles Verlagshaus versteht, sondern nach Ansicht von Gabor Steingart als eine „Mediengruppe neuen Typs, digital und experimentierfreudig“, spiegelt sich auch in einem neuen Namen wider: Handelsblatt Media Group. Der neue Name wird das rund 22 .000 Quadratmeter große neue Hauptquartier in Düsseldorf zieren, in das das Medienhaus Anfang kommenden Jahres einziehen wird. Er soll nicht nur für Innovationskraft stehen, sondern ebenso für die zunehmende Internationalisierung. Denn auch das Geschäft mit der englischsprachigen Ausgabe „Handelsblatt Global“, die es seit knapp drei Jahren gibt, soll weiter ausgebaut werden.

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