
Man kann Reinhard Ploss vieles nachsagen, aber eines sicherlich nicht: dass er unüberlegt redet. Der Vorstandschef des Chipherstellers Infineon wählt seine Worte mit Bedacht. Er spricht langsam, manchmal sogar ein wenig einschläfernd. So dürfte es kein Zufall gewesen sein, als Ploss, der seit drei Jahren an der Spitze des Konzerns aus Neubiberg bei München steht, kürzlich von sich aus eine Übernahme ins Spiel brachte.
„Wir sind nicht nervös, übernommen zu werden“, sagte Ploss, als er im Oktober im Osten Chinas den Startschuss für den Bau einer neuen Chipfabrik gab. Rasch fügte er hinzu, dass er eine Übernahme aber „nicht für wahrscheinlich“ hält. Allerdings: „Man soll niemals ‚nie’ sagen.“ Nun gibt es seit einigen Tagen wiederum Gerüchte, die Deutschen selbst könnten einen Konkurrenten aus Japan schlucken.
Wenn Ploss an diesem Donnerstag die Bilanz für das am 30. September abgelaufene Geschäftsjahr vorlegt, dürfte es somit viele Fragen geben, allen voran: Wie geht es weiter mit dem Halbleiter-Hersteller, der im Geschäftsjahr 2013/14 auf einen Umsatz von gut 4,3 Milliarden Euro kam und fast 30.000 Mitarbeiter beschäftigt?
Fest steht: Die Konsolidierung in der Halbleiterbranche ist in vollem Gange. Für 16,7 Milliarden Dollar hat Intel den Wettbewerber Altera gekauft. Avago Technologies, beheimatet in Singapur, hat sich für 37 Milliarden Dollar Broadcom einverleibt. Der europäische Konzern NXP verhandelt mit dem US-Unternehmen Freescale über eine Übernahme. Geschätztes Volumen: zwölf Milliarden Dollar.
Infineon wiederum zahlte drei Milliarden Dollar für den amerikanischen Chiphersteller International Rectifier. Noch vor einigen Wochen hieß es, der Konzern aus der Nähe von München wolle den US-Hersteller Fairchild übernehmen. Der Deal ist vom Tisch; das Unternehmen wurde vom amerikanischen Wettbewerber ON Semiconductor geschluckt.
Die Infineon-Aktien sind breit gestreut, eine feindliche Übernahme ist durchaus denkbar. Es war Ploss selbst, der vor einigen Wochen als mögliche Käufer die Chinesen ins Spiel brachte. Geld genug hätten sie, wusste der Infineon-Chef zu berichten, außerdem sei das Riesenreich der größte Halbleiterimporteur der Welt. Sinn machen würde so ein Deal, denn die Chinesen schielen schon seit geraumer Zeit auf westliche Technologie. Sinn machen könnten aber auch Ploss’ mit Bedacht gewählte Worte: den Börsenkurs und damit den Übernahmepreis in die Höhe treiben.