Infosys fordert SAP heraus Vishal Sikka - vom Kronprinz zum Rivalen

Einst galt Vishal Sikka als Kronprinz bei SAP. Dann ging er zum indischen IT-Dienstleister Infosys. Den baut er nun zum Angreifer des deutschen Software-Konzerns um.

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Musik-StreamingAuch wer Musik-Streaming-Dienste wie Spotify, Napster oder Apple Music nutzt, befindet sich in der Cloud. Bei all diesen Streaming-Diensten werden Millionen Musik-Titel auf Servern gelagert, auf die der Nutzer von seinem Endgerät aus zugreift. Dafür muss er entweder ein monatliches Entgelt bezahlen oder die kostenlosen Alternativangebote nutzen. Bei Spotify kann der Nutzer zum Beispiel die Gebühren einsparen, wenn er bereit ist, zwischendurch von Werbung beschallt zu werden. Quelle: dpa
Serien-StreamingFilme und Serien werden ebenfalls immer öfter über das Netz angesehen. Anbieter wie Netflix, Sky Go, Watchever, Amazone Prime und Maxdome erlauben den Zugriff auf tausende Filme und Serien. Auch hier zahlen Nutzer eine monatliche Gebühr und können dafür so viel schauen, wie sie möchten. Quelle: dpa

Einfach reden ist manchmal ganz schwierig. Auch für einen mächtigen Manager wie Vishal Sikka, Chef von 194.000 Mitarbeitern. Drei Anläufe brauchte der CEO des indischen Informationstechnikkonzerns Infosys, um einen seiner Ingenieure telefonisch zu erreichen. Beim ersten Versuch glaubte der Mann, Kollegen wollten ihn auf den Arm nehmen. „Beim zweiten Mal hat er vor Schreck aufgelegt“, schmunzelt Sikka. Dann kam das Gespräch schließlich doch zustande.

Der neue Konzernchef meldete sich selber, ganz ohne Brimborium und langwierige Vorbereitung. In dem über drei Jahrzehnte streng hierarchisch organisierten Konzern hätte es früher solche Nähe nie gegeben. Auch nicht, dass der Chef seine Mitarbeiter umarmt, ihnen auf die Schulter klopft oder sich bei Konferenzen unter sie mischt, was Sikka liebend gerne tut.

„Meine Leute sollen selbstbewusster auftreten“, sagt der Informatiker mit Stanford-Doktortitel. Das ist nicht einfach, denn Infosys ist als Outsourcing-Dienstleister groß geworden, den viele Kunden eher als eine Art Hausmeister der IT-Systeme betrachteten, der nach genauen Vorgaben arbeitet. Über Jahre war das ein glänzendes Geschäft, einer der wichtigsten Exportartikel Indiens.

Die Entwicklung von SAP

Die großen drei – Tata Consultancy Services, Infosys und Wipro Technologies – setzen auf diese Art zusammen mehr als 33 Milliarden Dollar um. Doch das Internet der Dinge und das Cloud Computing verändern die Branche grundlegend. Zwar hat sich weltweit die Zahl der Outsourcing-Aufträge mit einem Volumen von mindestens fünf Millionen Dollar in den vergangenen zehn Jahren auf fast 7000 mehr als verdoppelt, so die Beratung ISG. Allerdings war weit mehr Wachstum erwartet worden.

Zudem sind die Anforderungen gestiegen. Die Wartung von Systemen allein reicht nicht mehr. „Die traditionellen Anbieter müssen noch viel enger mit dem Kunden kooperieren, was bessere Margen erlaubt“, beschreibt Friedrich Löer, Partner bei ISG Deutschland, die Herausforderung und mahnt zur Eile: „Sonst kommen junge Angreifer zum Zug.“

Umsatz und Mitarbeiterzahl des indischen IT-Dienstleisters Infosys in den vergangenen fünf Geschäftsjahren (endet am 31.3.).

Sikka ist das bewusst. Der Konzernchef will Infosys „proaktiver“ machen, aus Befehlsempfängern einen Konzern der Tüftler machen, mit eigenen Lösungen und Produkten, mit Selbstbewusstsein und Stolz. Er will aber auch der Verkäufer sein, der bestehenden Kunden mehr Service bietet – und so irgendwann auf Augenhöhe mit seinem alten Arbeitgeber agiert, der deutschen SAP.

Machtkampf verloren

Die Infosys-Gründer, unter ihnen der Vater der indischen IT-Industrie, N. R. Narayana Murthy, haben Sikka im Sommer 2014 geholt, als es mit dem Konzern immer weiter bergab ging. Es fehlten neue Ideen, Marktanteile gingen verloren. In Sikka sahen die Herren ihren Hoffnungsträger. Damit er ihnen die Zukunft nahebringt, dulden sie sogar, dass Sikka weiter in Palo Alto wohnt, wo der gebürtige Inder seit drei Jahrzehnten mit seiner Familie lebt. Einen indischen Großkonzern aus dem Silicon Valley heraus zu führen, dessen Hauptsitz 14 000 Kilometer oder 22 Flugstunden entfernt ist, mit zwölf Stunden Zeitverschiebung? Und ihn trotz der Distanz auch noch auf neue Füße stellen? Laut Sikka musste er die Gründer nicht lange überzeugen. „Von wo aus soll man die Zukunft entwerfen, wenn nicht aus dem Silicon Valley?“, fragt er rhetorisch.

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