Instagram Der neue Liebling der Werbebranche

Instagram wird für die Werbebranche immer wichtiger. Die neuen Stars des Foto-Netzes sind für sie die perfekten Markenbotschafter. Instagram-Managerin Marne Levine wirbt nun auch um den deutschen Mittelstand.

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Das Foto-Netzwerk setzt Modetrends. Quelle: Screenshot

Düsseldorf Sogar der Papst ist da. Mit solch einem honorigem Mitglied können nur wenige Netzwerke aufwarten. Wenige Stunden, nachdem das päpstliche Konto bei Instagram eingerichtet war, schnellte die Zahl seiner digitalen Anhänger auf 1,5 Millionen. Dass Papst Franziskus Fotos auf Instagram veröffentlicht, zeigt vor allem eines: Das soziale Netzwerk, das 2012 für eine Milliarde Dollar von Facebook gekauft wurde, hat es weit gebracht. Sehr weit.

Fußballer über Popstars bis hin zu selbst ernannten „Influencern“, also Meinungsführern, die aus ihrer Präsenz auf Instagram ein eigenes Geschäft kreiert haben, bevölkern den Kanal. 400 Millionen Mitglieder hat Instagram weltweit, in Deutschland sind es neun Millionen. Das ist zwar ein Klacks im Vergleich zum Mutterkonzern Facebook, der weltweit 1,5 Milliarden Nutzern hat. Doch Instagram avanciert derzeit zum neuen Liebling der Werbebranche.

„Bilder können Menschen bewegen, inspirieren, faszinieren, unterhalten. Daher ist Instagram für Marken eine fantastische Möglichkeit, die Markenbekanntheit auf- und auszubauen und für Aufmerksamkeit zu sorgen“, sagt Mirko Kaminski, Chef der Hamburger Kommunikationsagentur Achtung.

Marketingchefs großer Markenartikler sehen das ähnlich. Vor fünf Monaten noch, das gibt Olaf Markhoff auf dem Marken-Gipfel in Düsseldorf, unumwunden zu, habe sich sein Arbeitgeber, der Sportartikelkonzern Nike, die Nutzung des neuen Werbekanal gar nicht vorstellen können. Instagram? Der 2010 gegründete Bilderdienst aus dem Silicon Valley bespaßte vor allem junge Frauen, die sich mit Fotos und Videos über Mode und Schminktipps austauschten. Doch das Portal hat sich gewandelt, sich zu einem seriösen Marketingkanal entwickelt. „Das ist für uns sehr wichtig geworden“, urteilt Nike-Kommunikationschef Markhoff.

Die Sportmarke sucht den Kontakt zu Meinungsführern, im Branchenjargon Influencer genannt. Die 20-jährige Caroline Daur etwa, Instagram-Name „Carodaur“, hat mehr als 300.000 Fans auf ihrer Seite, denen sie regelmäßig neue Modetrends vorführt. Darunter auch: Sport-BHs von Nike. Was die Blondine aus Hamburg mag, das finden ihre Leserinnen auch nicht verkehrt. Werbliche Streuverluste, da ist sich Markhoff sicher, würde es dadurch weniger geben als bei klassischen Werbeformaten.

Instagram ist – knapp sechs Jahre nach der Unternehmensgründung – im Marketingportfolio der Unternehmen angekommen. Zum einen ist die Werbewirtschaft fasziniert von der agilen Gemeinde der Meinungsführer, die den ganzen Tag über fotografierend und kommentierend durch die Lande ziehen. Die Influencer fabrizieren kontinuierlich wertvolle Inhalte, den die Unternehmen so bitter nötig brauchen, um ihre potenziellen Kunden bei Laune zu halten. Darin sind, sorgsam eingerührt und meistens auch deklariert, die Produkte und Dienste der Sponsoren.


Effektive Markenbildung für den Mittelstand

Pamela Reif ist einer der neuen Instagram-Stars. Seit vier Jahren veröffentlicht die 19-jährige Karlsruherin ihre Fotos auf dem Bilderdienst, ihre Fangemeinde ist auf stattliche 2,1 Millionen Menschen angewachsen. Ein Leben ohne Instagram ist für die fitnessbegeisterte Frau undenkbar, sie hat die Plattform zu ihrem Beruf erkoren. Ein Beruf, für den es weder Ausbildungsplatz noch Studienordnung gibt. Und doch kann sie von den Werbeeinnahmen inzwischen gut leben, erzählt sie.

Marken wie Hunkemöller (Unterwäsche), Skinnymint (Gesundheitstees) und Kapten & Son (Uhren) haben bereits Kooperationen mit ihr vereinbart. Reif bietet im Gegenzug ein gut gepflegtes Instagram-Profil, das sich um Fitnessthemen dreht und die Initiatorin in immer neuen Posen zeigt. Wenn sie zum Beispiel gedankenverloren am Fenster ihres Mädchenzimmers steht, die Teetasche malerisch an ihre Lippen geführt, dann erntet sie schnell mal 70.000 Likes für das kleine Werk.

Seit April 2015 blendet Instagram zudem explizit Werbebotschaften ein. Es ist ein sukzessives Vorgehen, das auch schon die Konzernmutter Facebook erprobt hat. Zunächst werden die neugierigen Nutzer auf die Plattform gelockt, alles ist werbefrei. Dann werden die Datenbanken gefüllt, und schließlich die Tore für die Werbewirtschaft geöffnet.

Im Januar reiste Marne Levine, COO von Instagram, eigens nach Deutschland, um bei den deutschen Mittelständlern Reklame für ihre Werbeplattform zu machen. Die deutsche Instagram-Niederlassung hatte Unternehmen in Düsseldorf zur Gesprächsrunde geladen, darunter Marken wie Almdudler, MyMüsli und Superfruits. Die Unternehmensvertreter versicherten der US-Managerin, die mit strahlenden Augen zwischen ihnen saß, wie effektiv die Bilderplattform für ihre eigene Markenbildung sei.


Musterinstrument zur Völkerverständigung

Denn auf der Fotoplattform meinen sie schließlich, all jene Konsumenten zu finden, die über traditionelle Wege kaum mehr zu erreichen sind. Junge Konsumenten, die immer weniger klassische Medien nutzen, und sich im Internet obendrein durch Adblocker, zu deutsch Werbeblockierer, abschirmen. „Die Leute erkennen es nicht als Werbung“, resümiert ein Manager des Start-ups Superfruits seine Instagram-Aktivitäten. Levine nickt zufrieden.

Immer mehr Menschen kommunizieren heutzutage über Bilder. Sie nutzen Emoticons statt Worte, verschicken lieber Fotos als langatmige Texte. Ein Trend, der Web-Plattformen wie Instagram, Snapchat oder Pinterest in die Hände spielt. „Bilder schaffen eine neue globale Sprache“, wirbt Instagram-Chefin Levine im Gespräch mit dem Handelsblatt. Sie sieht den Kanal als Musterinstrument zur Völkerverständigung über Grenzen und Kulturen hinweg. Levine rechnet damit, dass die Menschen in den kommenden Jahren noch stärker auf Bilder anstelle von Texten setzen werden. Es ist ja auch so einfach.

Und auch wieder nicht. „Marken machen auf Instagram oft noch Fehler“, sagt Werber Kaminski. Auf der Plattform wolle zum Beispiel niemand reine Produktfotos oder gar Freisteller sehen. Bilder von Marken sollten im Gegenteil Spaß machen. Aber es gibt auch Grenzen: „Instagram ist kein Verkaufskanal“, meint Werber Kaminski.

Aber es gibt noch einen weiteren Haken. Täglich werden mehr als 80 Millionen Bilder auf Instagram geteilt, mehr als 3,5 Millionen Likes vergeben. Das Volumen explodiert förmlich. Ein regelrechter Info- und News-Smog umgibt die Menschen. Auf Instagram genauso wie auf Facebook, Twitter, Snapchat und auf zig Tausend Blogs.

„Um damit umgehen zu können, schaffen sich Menschen immer stärkere individuelle Filter. Dieser persönliche Filter, zum Beispiel in Form der ausgewählten Accounts, denen ich folge, lässt nur noch das durch, was mich wirklich interessiert“, erläutert Kaminski. Daher ist die Herausforderung für eine Marke, so sagt der Werber, zu erkennen und herauszufinden, was Menschen interessiert. Eigentlich eine alte Geschichte.

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