Internet der Dinge Der Kampf der Cloud-Plattformen hat begonnen

Das Internet der Dinge ist ein Milliardenmarkt. Berater rechnen mit jährlichen Wachstumsraten von sieben Prozent. Der Wettbewerb unter den Plattformen tobt bereits jetzt.

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Kunden des Cloud-Dienstes „MindSphere“ können sich aussuchen, welcher Anbieter für ihre Daten genutzt werden soll. Quelle: AP

München Alle schwärmen derzeit vom Internet der Dinge. Die Maschinen in den Fabriken zum Beispiel sollen mit unzähligen Sensoren ausgestattet werden. Die daraus resultierenden Datenmengen ermöglichen zum Beispiel vorausschauende Dienstleistungen und den effektiveren Einsatz von Maschinen durch eine Vernetzung und Steuerung der Flotten.

Heute sind nach Schätzung von Siemens erst 3,5 Prozent der Fabriken weltweit an eine „Internet der Dinge“-Plattform angeschlossen. „Wir haben hier einen Riesenmarkt vor uns“, sagt Siemens-Manager Peter Weckesser. In zehn Jahren könnten nach seiner Schätzung 75 Prozent der Fertigungsstätten digital angebunden sein.

Es geht also um einen Milliardenmarkt. Nach Schätzung des Beratungsunternehmens Frost & Sullivan dürfte allein der industrielle Servicemarkt dank der neuen digitalen Möglichkeiten bis 2021 um jährlich etwa sieben Prozent auf 125 Milliarden Dollar steigen.

Damit ist der Wettbewerb unter den Plattformen ausgebrochen, die die Anbindung der Maschinen an das Internet und die Analyse der Daten ermöglichen. Siemens hat hierfür „MindSphere“ entwickelt. Im Moment wird diese bei SAP in Walldorf betrieben. Der Erzrivale General Electric setzt mit seiner „Predix“-Plattform dagegen. Im Februar vorgestellt will GE mit „Predix“ in diesem Jahr bereits sechs Milliarden Dollar Umsatz machen, in vier Jahren sollen es schon 15 Milliarden Dollar sein.

Big Data also soll auch in der Industrie Einzug halten. „Ich habe noch nie so eine dramatische revolutionäre Entwicklung erlebt wie jetzt die Big-Data-Ära", sagte der Präsident der Technischen Universität München, Wolfgang Herrmann. Noch gibt es bei der Nutzung der Daten, die in Unmengen gewonnen werden können, aber viele offene Fragen.

So gaben in einer Prognos-Studie im Auftrag des „Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft“, die am Montag vorgestellt wurde, zwei Drittel der Unternehmen an, sie verfügten noch nicht über das notwendige interne Knowhow, zum Beispiel bei IT und Methodik. Hinzu kommt Angst um die Sicherheit der Daten. Um ein hohes Maß an Sicherheit beim virtuellen Datenaustausch gewährleisten zu können, sollten die Unternehmen kooperieren, zum Beispiel beim sicheren industriellen Datenraum, den die Fraunhofer-Gesellschaft gerade aufbaut, sagte Bayerns Arbeitgeber-Präsident Alfred Gaffal.


Noch ist der Markt stark fragmentiert

Eine spannende Frage ist, wo die Daten der Unternehmen, die Fabriken betreiben, gespeichert werden. So gab es lange vor allem bei kleineren Mittelständlern Bedenken gegen cloudbasierte Lösungen. Sie fürchten um die Sicherheit ihrer Daten. Nach Einschätzung von Siemens-Manager Weckesser allerdings zu Unrecht. Cloud-Anbieter wie Amazon und SAP könnten höhere Sicherheitsstandards bieten, als die meisten Unternehmen mit Datenspeichern im eigenen Haus. Siemens hat sich aus diesem Grund gegen den Betrieb eigener Rechenzentren entschieden - Spezialisten könnten diese professioneller.

Derzeit werden die Daten der „MindSphere“-Nutzer in der Cloud von SAP gelagert. Demnächst kommen als weitere Anbieter Atos und Amazon hinzu. Die Kunden können dabei aussuchen, welcher Anbieter für ihre Daten genutzt werden soll. So dürften sich einige weiterhin für Rechenzentren in Europa entscheiden. „Überall auf der Welt gibt es Vorbehalte gegen US-Rechenzentrenbetreiber – außer in den USA“, drückte es Weckesser aus.

Derzeit ist der Plattformmarkt noch stark fragmentiert. Siemens geht aber davon aus, dass sich in den nächsten Jahren Quasi-Standards herausbilden. Größte Anbieter sind derzeit neben Siemens und General Electric noch IBM und PTC („ThingWorx“). Wichtig seien für Siemens offene Standards, betont der Konzern. So sollen Maschinen anderer Hersteller ebenso angebunden werden wie Apps und Anwendungen der Kunden.

Ein Kunde, der „MindSphere“ nutzt, ist der Maschinenbauer Gehring. Auf Basis der Plattform bietet das Unternehmen eigenen Kunden Services an. „Wir sind kein IT-Spezialist und haben keine Möglichkeit, eigene Rechenzentren aufzubauen“, sagt Gehring-Manager Wolfram Lohse. Man brauche dabei Partner, die eine kritische Größe hätten. Die Kunden wollten nicht eine Fräs- und eine Drehmaschine an verschiedene Plattformen anbinden müssen. Mit den gewonnenen Daten können dann zum Beispiel Ersatzteile rechtzeitig bestellt werden, bevor das Original ausfällt, oder Produktivitätszahlen verglichen werden.

Bei der Digitalisierung der Industrie – vom Entwurf eines Produkts bis zur gleichzeitigen Planung der Fertigung - haben die deutschen Unternehmen eine starke Position. Die Industrie 4.0 war maßgeblich in Deutschland entwickelt werden. Bei Big Data und dem Internet der Dinge geht es vor allem um die Nutzung der Daten im Betrieb. Hier sind vor allem die USA stark. Bei einer Auswertung der Anmelder von Patenten mit Big-Data-Bezug durch Prognos landeten Microsoft, IBM und Google auf Den ersten Plätzen. Bei den deutschen Unternehmen liegt Siemens vorn.

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