Internet Die geheime Macht der Vergleichsportale

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Ein Vergleich für alles

Vor der Check24-Zentrale ragt ein historischer Schornstein in den Münchner Frühjahrshimmel und kündet von der Wucht früherer Wirtschaftsumbrüche. Rauch steigt hier schon lange nicht mehr auf. Drinnen sitzt Blase an einem Besprechungstisch und übt sich in versicherungspsychologisch optimierter Gesprächsführung. Zum Warmwerden ein wenig Small Talk über die richtige Zubereitung des Espressos („richtig heißes Wasser!“). Dann die Erfolgsstory von Check24: Vor 15 Jahren ging es los. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Eckhard Juls bastelte Blase eine erste Web-Site zum Versicherungsvergleich.

Inzwischen ist Check24 zum größten deutschen Vergleichsportal aufgestiegen und vermittelt die komplette Dienstleistungsgarnitur. Egal, ob Kredit, DSL-Vertrag oder Billig-Toaster – ein paar Angaben genügen, schon dröselt das Portal die Ergebnisse der kooperierenden Anbieter auf.

Wenn ein Besucher der Seite tatsächlich einen Vertrag abschließt, erhält Check24 eine Vermittlungsgebühr. Dabei geht es nicht um Kleingeld: 2013 haben die Checker aus München ein sogenanntes Transaktionsvolumen von rund fünf Milliarden Euro vermittelt. 160 Millionen Euro verbuchte Check24 als Umsatz. Der Versicherungsvertrieb steuert den Großteil der Erlöse bei. Allein 750.000 Kfz-Policen hat Check24 im vergangenen Jahr vermittelt.

Zahlen zu Versicherungsportalen

Dieses Jahr dürften die Münchner nochmals deutlich zulegen. Denn die Gesellschafter von Transparo, des bis dato wichtigsten Rivalen, haben ihren Ausstieg aus dem Vergleichsgewerbe angekündigt. Ab Sommer übernimmt der Heidelberger Vergleicher Verivox das Kommando bei Transparo.

Jeder zweite Web-Nutzer vergleicht online

Die Wirkung auf den Markt ist kaum zu überschätzen. Transparo gehörte mehrheitlich der HUK-Coburg. Alle Hoffnungen der deutschen Versicherer, selbst im Portalgeschäft mitzumischen, sind mit dem HUK-Rückzug gescheitert. Die Assekuranz muss sich mit den Externen arrangieren. Was bleibt ihr auch übrig?

Zu viel Geschäft läuft inzwischen über die sogenannten Aggregatoren. Fast jeder zweite Web-Nutzer soll in den vergangenen zwölf Monaten einen Vergleichsrechner genutzt haben, um sich über Finanz- oder Versicherungsprodukte zu informieren, hat der Kölner Marktforscher Yougov kürzlich ermittelt.

Seit Monaten wabert gar das Gerücht durch die Szene, Google wolle einen eigenen Versicherungsvergleich in Deutschland hochziehen. Ob sich die Netz-Großmacht den Markt tatsächlich vorknöpft, ist fraglich. Doch schon die Spekulationen sorgten für Nervosität in den Strategieabteilungen der Konzerne. „Auch wenn es kein Versicherungsmanager gerne offen zugibt“, sagt Check24-Chef Blase, „haben weite Teile der Branche doch erkannt, wie stark sich der Vertrieb in Zukunft zugunsten von Online-Abschlüssen ändern wird.“

Zahlen zu Bankenvergleichsportalen

Offiziell rühmen die Konzernführer ihr weit verzweigtes Netz von Maklern und Vertretern. „Die Portale sind nur ein Vertriebsweg von vielen“, sagt etwa Klaus Driever, der bei Allianz den digitalen Verkauf leitet. Bei Verbraucherschutz und Transparenz seien die Aggregatoren anderen Informationsquellen nicht überlegen. Und die Rankings der Portale seien auch nicht besser als nicht digitale Informationsquellen, lauten die Parolen aus München.

Großer Zulauf trotz Preisdifferenzen

Das mag sogar stimmen. Jüngst offenbarte ein Test der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien mit Sitz in Berlin Preisdifferenzen von teilweise mehr als 70 Prozent zwischen den jeweils günstigsten Angeboten von Vergleichsplattformen.

Doch an der massenhaften Kundendrift ins Netz ändert das wenig. Und so steckt der Versicherungsprimus und mit ihm die gesamte Zunft in der Zwickmühle. Einerseits will die Allianz den Kanal nutzen und vertreibt über ihre Direktversicherungstochter AllSecur Kfz-Policen und Risikolebensversicherungen unter anderem über Check24. Andererseits kommen angesichts der fortschreitenden Digitalisierung des Geschäfts aus dem Betriebsrat immer drängendere Fragen zur Zukunft der Arbeitsplätze.

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