Aber hinter der Fassade von Solarstrom und erneuerbaren Energien hat sich in Freiburg in den vergangenen 25 Jahren eine kleine, aber feine IT-Szene etabliert, die weit über ihre Grenzen hinaus strahlt. Wie der regionale Technologieverband BWCon Südwest ermittelt hat, sind allein in Freiburg fast 18.000 Menschen bei örtlichen IT- und Medienunternehmen beschäftigt. In der gesamten Region südlicher Oberrhein zwischen Achern und Weil am Rhein arbeiten insgesamt 41.000 Beschäftigte in 5.150 High-Tech-Unternehmen und sorgen dort für einen Jahresumsatz von 4,7 Milliarden Euro. Damit kommt die Informations- und Telekommunikationsbranche im Südwesten auf einen Anteil von 9,1 Prozent aller Beschäftigten - laut BWCon ist diese Quote nur in München, Düsseldorf und Köln höher.
Der Unruhepol
Einer, der mehr als zwei Jahrzehnte für diesen Erfolg im Winkel zwischen Schweiz und Frankreich sorgte, ist Axel Wessendorf. Mehr noch, Wessendorf ist so etwas wie der ungekürte Doyen der alemannischen IT- und Internet-Community. Der heute 52-Jährige stammt wie Jedox-Gründer Raue aus Nordrhein-Westfalen, aus der ehemaligen Kohle- und Stahlstadt Oberhausen, und lebt seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Freiburg.
Wessendorf hat dort 1989 die Softwarefirma Lexware gegründet. Das war sein erstes IT-Unternehmen. Der gelernte Steuerberater wollte einem Mandaten die Reisekostenabrechnung erleichtern. Also programmierte er ein passendes Computerprogramm. 1997 verkaufte Wessendorf Lexware an den Freiburger Verlag Haufe-Gruppe - und gründete in der Manier amerikanischer Startup-Vorbilder ein neues Unternehmen: United Planet, einen Spezialisten für sogenannte Intranet-Lösungen.
Diesem widmet sich der Wahlfreiburger nun mit voller Kraft. Wessendorf kann sich noch gut an die Gründung von United Planet 1998 erinnern. "Das war die Zeit, als alle nach der ersten Internet-Welle vom Intranet redeten, dem firmeneigenen Datennetz." Weil es damals keine Standardlösungen gab, bastelten die Unternehmen verzweifelt selbst drauf los oder ließen es lieber bleiben. "Welcher Mittelständler kann sich schon leisten, dafür extra ein Softwarehaus zu beauftragen?", fragte sich Wessendorf damals.
Daraus macht er seine Geschäftsidee. Er entwickelt unter dem Slogan "Kauf Dir Dein Internet" eine Standardsoftware für Intranets. Als diese Anfang 2000 fertig ist, nennt Wessendorf das IT-Paket Intrexx Compact. Das Intranet-Programm ist für Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern ausgelegt und kostet einmalig 275 Euro. Sodann lässt Wessendorf eine Intranet-Software für größere Unternehmen namens Intrexx Professionell programmieren. Die ermöglicht den Nutzern, ein Unternehmensportal aufzubauen, und kann Software von SAP, Microsoft und anderen IT-Anbietern einbinden. Das Starterpaket kostet 1.550 Euro aufwärts.
Damit hatte Wessendorf die rechte Idee zur rechten Zeit. Heute betreiben mehr als 4.000 Unternehmen in Deutschland und angrenzenden Ländern wie Österreich ihr Intranet mit der Software von United Planet, darunter der japanische Reifenhersteller Bridgestone, die Tankstellenkette Jet oder die Frankfurter Sparkasse. Laut Wessendorf hat United Planet insgesamt sogar mehr Kunden als der große Rivale Microsoft mit seinem Konkurrenzprodukt Sharepoint. Offiziell mag Wessendorf zwar keine Finanzzahlen nennen, doch nach Informationen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform betrug der United-Planet-Umsatz im vergangenen Jahr rund fünf Millionen Euro.