Ilkka Kivimäki war einer der Ersten, die den weißen Fleck auf der Landkarte mit Leben gefüllt haben. Kivimäki kam früh zu Geld: 2007 verkaufte er sein Unternehmen Wicom, das Software für die Kundenkommunikation herstellte und damit rund zehn Millionen Euro Jahresumsatz erzielte, an SAP. Seitdem flog er für die deutsche Softwareikone als Produktmanager durch die Welt. „SAP hat mich sehr gut behandelt, aber ich bin einfach kein Mensch für die großen Hierarchien“, sagt Kivimäki. So kehrt er 2009 nach Helsinki zurück und wird zu einem der Väter des Nach-Nokia-Booms. Kivimäki schließt sich mit seinem Geld dem Investorenteam Inventure an, das rund 75 Millionen Euro in Unternehmen aus Helsinki investiert. Fast noch wichtiger ist das, was er sein „zeitabsorbierendes Hobby“ nennt: das Start-up Sauna.
Die rot geklinkerte Fabrikhalle steht am Rand des Universitätsgeländes im Businessvorort Espoo. Darin ein gelber Deckenkran, lange außer Betrieb. Ansonsten: viele Tische, wenig Ordnung und ein paar Kabinen, wo man in Ruhe sprechen kann. Die namensgebende Sauna sieht auf den ersten Blick tatsächlich aus wie eine: helle Holzbänke, keine Fenster. Doch da, wo der Ofen sein müsste, ist eine Leinwand für Präsentationen. Angefangen hat die ungewöhnliche Förderstiftung als Studentenprojekt: Günstige Räume für Start-ups sollten her. Später kam ein Förderprogramm dazu, das Studenten zu Praktika ins Silicon Valley schickte. Es folgte die Slush-Konferenz, auf der Investoren und Start-ups zusammenfinden sollten. Als Kivimäki 2009 den Vorsitz der Start-up-Stiftung übernahm, kamen 300 Teilnehmer. 2013 waren es dann mehr als 7000. Für Investoren und Gründer ist es die wichtigste Veranstaltung zwischen Kopenhagen und Moskau.
Neben dem kleinen Handybauer Jolla haben vor allem Produzenten von Computerspielen den Gründerboom getrieben. Angefangen hat das mit Rovio, Erfinder des Klassikers „Angry Birds“. Drei Studenten, die bis dahin von Nokia gefördert wurden, machten sich 2003, nur ein paar Schritte von der Unternehmenszentrale entfernt, in Espoo selbstständig. Bis heute wurde das Spiel zwei Milliarden Mal heruntergeladen.
Was für Berlin der E-Commerce, sind seitdem für Helsinki mobile Spiele. Neben den beiden Platzhirschen mischen kleinere Spieleentwickler wie Grand Cru oder Play Raven die App-Stores auf. Die inzwischen mehr als 200 Mobile-Gaming-Unternehmen in Helsinki setzten 2013 insgesamt gut 900 Millionen Euro um, so der Branchenverband Neogames. 2011 waren es erst 165 Millionen Euro.
Der Berlin-Vergleich trägt aber nur begrenzt. In der finnischen Start-up-Szene sind viele Erfindungen technologiegetriebener, abgekupferte US-Ideen sucht man vergebens. „Wo andere den Fehler machen, nur an den Markt zu denken, neigen die Gründer hier manchmal dazu, sich von einer technischen Idee so begeistern zu lassen, dass sie den Konsumenten vergessen“, sagt Jukka Häyrynen, bei der staatlichen Förderagentur Tekes für Internet-Start-ups zuständig. Jämsen etwa feilte drei Jahre an seinem Lautsprecher. Doch diese Tendenz legt nahe, dass Gründungen nachhaltiger, weil technisch origineller sind.