Bei der Munich-Re-Tochter Ergo räumt man den Druck offen ein. Von einem „süßen Gift“ spricht Internet-Bereichsleiter Stefan Daehne. Die Düsseldorfer bieten über die Vergleichsportale Kfz-Policen, Zahnzusatz- und Risikolebensversicherungen an. Um in den Vergleichen hin und wieder auf den Top-Rängen zu landen, hat Ergo auf bestimmte, eng umrissene Zielgruppen gerichtete Produkte gestrickt und bietet diese zu Kampfpreisen an, etwa Kfz-Versicherungen für extrem wenig fahrende Garagenbesitzer oder Risikolebensversicherungen für Starkraucher.
Keine Terminvereinbarungen, kein Gefeilsche um Prozente, keine Verkaufsshow des Beraters. Zunächst reicht ein Datendreisatz für die Kreditanfrage: Gewünschter Betrag: 10.000 Euro. Laufzeit: zwei Jahre. Verwendungszweck: Sonstiges. Und Klick.
Ein paar Sekunden später wirft der Kreditrechner mehr als ein Dutzend Banknamen aus. An der Spitze das vermeintlich beste Angebot: Barclaycard, ein Ableger der britischen Barclays Bank, stellt monatliche Raten von 428,73 Euro in Aussicht. Auf den Plätzen folgen die swkbank aus Bingen am Rhein und die Postbank.
Kampfpreise mit Kleingedrucktem
Doch die Aussagekraft der Liste ist überschaubar. Zum einen handelt es sich nicht um eine Übersicht über den kompletten Markt, sondern nur um ein Konditionen-Ranking der jeweiligen Kooperationspartner des Portals. Zum anderen landen meist diejenigen Kreditinstitute oben, die mit dem niedrigsten Einstiegszinssatz locken.
Beim Barclaycard-Angebot steht etwa in großen Ziffern „2,79 Prozent“ und klein darunter „bis 6,99 %“ nebst Sternchen und dem Zusatz „bonitätsabhängig“. Im Klartext heißt das: Ob der Billigzins tatsächlich gewährt wird, hängt von der individuellen Kreditwürdigkeit ab. Erst nach etlichen weiteren Eingaben erhalten Kredit-Kandidaten ein konkretes Angebot, das dann – Überraschung! – oft deutlich oberhalb des Werbezinses liegt. Der Versuch, den besten Anbieter zu finden, gerät so schnell zur statistischen Strafarbeit.
Stromanbieterwechsel
Doch was ist die Alternative? So loten immer mehr Verbraucher Baufinanzierungen und Konsumentenkredite, Konto- und Tagesgeldkonditionen online aus.
Die Geld-Gilde reagiert darauf höchst unterschiedlich. Die niederländische Großbank ABN Amro zum Beispiel platziert in Deutschland onlinegängige Billigprodukte unter der Kunstmarke MoneYou. Tages- und Festgeldkonten des Discounters tauchen unter den Rankings der Portale oft weit vorne auf, ohne die Muttermarke ABN Amro in den Preiskampf hineinzuziehen. Die Commerzbank kopiert bei Krediten für Häuslebauer oder Wohnungskäufer das Portalprinzip und bietet ihren Kunden mehr als 250 konkurrierende Baufinanzierungen einschließlich des eigenen Produkts an. Im Zweifel bleibt so zumindest die Provision im Haus.
Hoffen auf staatliche Vergleichsportale
Weniger aggressiv reagieren die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie verfügen gerade auf dem Land noch über viele ältere, tendenziell onlinescheuere Kunden, die lieber beim Bankberater Verträge abschließen, als im Netz Zins-Hopping zu betreiben. Parallel dazu versuchen die Lokalmatadore über das verbandsinterne Portal Genopace ihr Angebot zu erweitern. Die Berater vor Ort können darüber auf die Produkte von Volksbanken quer durch die Republik zugreifen.
Was Sie bei der Preisjagd auf Vergleichsportalen beachten sollten
Die Stiftung Warentest rät Verbrauchern, immer mehrere Suchmaschinen zu benutzen, um den gesamten Markt abzubilden. Vor der Eingabe persönlicher Daten sollten Kunden sich in den Geschäftsbedingungen vergewissern, dass diese nicht an Dritte weitergegeben werden.
Wer günstig fliegen möchte, sollte bei Portalen suchen, die reine Preisvergleiche anbieten. Die Stiftung Warentest empfiehlt die Google-Flugsuche oder Swoodoo im Gegensatz zu den digitalen Reisebüros expedia.de oder opodo.de, die eine Provision für die Vermittlung nehmen. Verbraucher sollten den gefundenen Preis dann mit dem Angebot vergleichen, das der jeweilige Reiseanbieter auf seiner Internet-Seite direkt macht. Zusätzlich sollten Kunden darauf achten, welche Leistungen genau im Preis enthalten sind.
Bei der Suche nach dem günstigsten Tarif ist bereits bei den Voreinstellungen der Portale Vorsicht geboten, warnt die Verbraucherzentrale NRW: Die seien oft so gewählt, dass bei den vordersten Suchergebnissen Lockangebote landeten von Anbietern, welche für die Vermittlung eine Provision an das Portal zahlen. Um günstige und faire Angebote zu finden, sollten Verbraucher die Häkchen bei den Einstellungen selbst setzen und etwa „Alle Boni und Rabatte in die Gesamtkosten einrechnen“ anklicken und „Alle Tarife“ anzeigen lassen, um den wahren Endpreis zu sehen. Oft stünden wirklich günstige Tarife erst an vierter bis zehnter Stelle. Bei verivox.de etwa werden bei den Suchergebnissen ganz oben Anzeigen von Unternehmen geschaltet, die oft teurer sind als andere Anbieter. Immerhin bietet Verivox aber bei den Voreinstellungen eine „Stiftung-Warentest-Empfehlung“ an. Bei Vorkasse-Tarifen droht bei einer Anbieterpleite Geldverlust.
Bei der Suche nach Tagesgeldzinsen ist wichtig, sich die Konditionen anzuschauen, rät die Verbraucherzentrale NRW: Wie hoch ist die Einlagensicherung? Wann werden die Zinsen gezahlt? Ist die Service-Hotline auf Deutsch und kostenlos? Dies kann bei den Sucheinstellungen berücksichtigt werden.
Zudem hoffen die Volksbanker auf Brüssel. Die EU-Kommission hat jüngst eine Richtlinie für den Aufbau staatlicher Vergleichsportale in den Mitgliedsländern auf den Weg gebracht. Sie sollen dereinst für mehr Transparenz beim Vergleich von Girokonten sorgen. So sollen auch Faktoren wie die Verfügbarkeit von Filialen und Geldautomaten oder die Höhe des Dispo-Zinses bei Überziehungen in die staatlich administrierten Rankings einfließen.
Die Vergleichszunft gibt sich gelassen. „Pläne für staatliche Vergleichsrechner machen uns keine Kopfschmerzen“, sagt Chris Öhlund, Chef der Verivox-Holding.
Öhlund – weißes Hemd, dunkler Anzug, keine Krawatte – sitzt an einem Tisch in der Heidelberger Verivox-Zentrale. Hinter ihm leuchtet die Neckarlandschaft durchs Bürofenster, vor ihm steht ein Teller mit Keksen, die der Verivox-Chef so sorgsam inspiziert, als würde er den Stand des heimischen Stromzählers überprüfen.