Was folgern Sie daraus?
SAP muss weniger komplex und bürokratisch werden, aber auf seine Art. Teile des Unternehmens sind schon gut unterwegs, darunter die gesamte Mannschaft, die unsere neue Echtzeitdatenbank Hana weiterentwickelt, das sind inzwischen ja weit über 1000 Leute. Da gibt’s kaum Hierarchien, sie sind weltweit vernetzt. Auch unsere Sparte Cloud Computing, die Software zur Miete aus dem Internet anbietet, ist hier Vorreiter.
Was unterscheidet SAP alt von SAP neu?
Dass wir eine andere Kultur entwickeln. Junge Leute wollen was machen können und nicht ständig bevormundet werden. Die Amis predigen das jeden Tag: Es muss die Freiheit da sein, Fehler zu machen. Wer einen Fehler macht, korrigiert ihn und weiß dann, dass jener Weg nicht funktioniert. Die Fehlervermeidung – und dazu neigen wir Deutschen ja ein wenig – ist der Tod der Kreativität.
Auch wenn das richtig Geld kostet?
Fehler muss man auch im Unternehmen machen dürfen. Wir müssen unternehmerischer werden und härter am Wind segeln, viel schneller am Markt sein. Dann verdienen wir auch früher Geld.
Macht SAP das nicht schon?
Nicht genug. Wir haben beispielsweise viele tolle Sachen mit unserem Datenbankprodukt Hana gebaut. Die werden aber nicht verkauft.
Warum nicht?
Weil der Vertrieb noch nicht darauf ausgerichtet ist, Einzelkomponenten für Hana zu verkaufen. Einzelkomponenten muss man in einem Web-Shop verkaufen. Heute kaufen Menschen und Unternehmen immer mehr online. Hier muss der SAP-Online-Shop die Nummer eins für Geschäftssoftware werden. Da sind wir noch nicht.
Apple hat sogar stationäre Läden.
Die Zukunft ist eine Kombination aus Verkauf und Beratung im Internet und Shops mit hoher Visibilität in den großen urbanen Zentren weltweit. Apple macht das, Burberry, jetzt auch Microsoft. Ich habe SAP schon vor Jahren gesagt, sie sollen über eine Shop-Idee nachdenken, auch wenn das für eine Firma mit Geschäftskunden schwierig ist. Hier muss SAP besser werden.
Wie viele Ladenlokale könnten Sie sich für SAP vorstellen?
Das kann ich nicht beurteilen – SAP hat einen Web-Store, der bisher nur eingeschränkt funktioniert. Man kann zum Beispiel bisher nur in den USA und Kanada mit Kreditkarte online bezahlen. Das reicht nicht. Physische Shops kann man sich vor allem in den großen Städten vorstellen.
Ihre beiden Vorstandsvorsitzenden Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott sagen seit einiger Zeit, SAP wolle auch näher an die Konsumenten heranrücken. Wie soll das mit Programmen für die Finanzbuchhaltung gehen?
SAP muss emotionaler werden. Wir haben in China zum Beispiel ein Produkt namens „Runway“ auf den Markt gebracht. Das ist eine Art soziales Netzwerk, auf dem man sich mit Freunden über Mode austauschen kann. Man schickt an seine Freunde ein Foto mit neuen Schuhen oder Klamotten und fragt, was die davon halten – und die entscheiden dann, ob man sich das kaufen soll. Das ist in China bei 15- bis 19-Jährigen sehr beliebt, es macht Spaß.