Interview Hasso Plattner »Wir müssen unternehmerischer werden«

Hasso Plattner Der SAP-Chefaufseher verlangt von seinen Leuten mehr amerikanischen Spirit, warnt vor einer Vermögensteuer und verteidigt seine Eingriffe ins operative Geschäft.

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Foto von Hasso Plattner Quelle: dpa

Wirtschaftswoche: Herr Plattner, vor rund drei Jahren erklärten Sie, SAP müsse wieder eine „Happy Company“ werden. Ist SAP heute eine „Happy Company“?

Hasso Plattner: Dazu muss man erläutern, was mit „happy“ gemeint war. Ich habe bewusst die amerikanische und nicht die deutsche Bedeutung des Wortes, also „glücklich“, verwendet. Das wäre eine völlig falsche Übersetzung. Und „zufrieden“ wäre zu wenig. „Happy“ bedeutet: Mensch, es macht Spaß, ich reiße was, ich bestimme auch was mit in der Welt! Herrscht eine solche Stimmung im Unternehmen, eine Mischung aus Motivation und mit Freude anpacken, dann schafft man sehr viel mehr, ohne sich mehr anzustrengen, sicher 120 Prozent, bei „unhappy“ dagegen nur 80 Prozent. Happy Company heißt auch: Wir haben ein Problem, okay, dann lösen wir es, eventuell sogar über Nacht.

Und, ist SAP nun „happy“?

Wir sind auf dem Weg. Wir sind noch lange nicht dort, aber schon deutlich besser geworden.

Was fehlt?

SAP zählt beispielsweise nicht zu den beliebtesten Arbeitgebern. In Umfragen bei deutschen Betriebswirten war SAP nicht unter den Top 50. Bei deutschen Ingenieuren rangierte SAP auf Platz 34, Oracle auf 31, Google auf dem Spitzenplatz, Apple auf drei und Microsoft auf Platz fünf. BMW und VW liegen ebenfalls vor uns. Hier müssen wir wirklich besser werden.

Was unternehmen Sie dagegen?

Ich habe es dem Management noch einmal ganz deutlich gesagt: Die Beliebtheit bei jungen Talenten ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von SAP und Aufgabe des Vorstands. Es muss sich ändern, so schnell es geht. Wir haben fantastische neue Produkte, liegen aber nicht auf einer Ebene mit Google und Apple.

Wo liegt der Grund für das schlechte Abschneiden?

Wenn man sich bei SAP bewirbt, kann es sein, dass man erst Wochen später eine Antwort bekommt. Das ist heute untragbar. Microsoft in Berlin reagiert innerhalb von 48 Stunden. Eine andere Sache ist, wie es strukturell in der Firma aussieht.

Was machen Google & Co. besser?

Der langfristige Erfolg einer Firma hängt ganz klar direkt davon ab, welche Talente sie bekommt. Bis Mitte der Achtzigerjahre haben mein SAP-Gründerkollege Dietmar Hopp und ich uns persönlich darum gekümmert, das Recruitment später dann aber delegiert. Das war ein Fehler. Bei Google führen Bewerber mindestens drei Einstellungsgespräche bis hoch zum Konzernchef, und wenn es noch so kurz ist. In meinen guten Zeiten wusste ich nach wenigen Minuten, ob ich jemanden einstelle.

Kritiker sagen, SAP sei im 41. Jahr bürokratisch und behäbig geworden.

Firmen neigen, wenn sie älter und größer werden, zu Bürokratie. Das ist auch bei SAP so und muss anders werden...

...mit Ihnen als Vorturner?

Plattner: Erziehung ist Vorbild und Liebe, sagte der Schweizer Pädagoge Johann-Heinrich Pestalozzi. So sehe ich das auch. Man kann Entbürokratisierung nicht verordnen, man muss sie vorleben. Oracle-Chef Larry Ellison hat vor zehn Jahren angekündigt, zwei Milliarden Dollar aus der Verwaltung rausschneiden zu wollen, bei Prozessen, beim Personal und vielem mehr. Er hat das durchgezogen. SAP hat diese Chance damals nicht genutzt.

Erfolg durch stationäre Läden/ SAP-Läden ungewiss

SAP schafft erstmals den Sprung an die Spitze
Platz 158: EonDas Abschalten der Atomkraftwerke in Deutschland hat Eon stark mitgenommen: War der Versorger Ende 2010 noch 61 Milliarden Dollar wert (Platz 114), sind es jetzt nur noch 42,9 Milliarden Dollar. Das bedeutet Rang 158. Damit ist Eon der zehntgrößte Konzern hierzulande, er war mal der größte. Quelle: dpa
Platz 10: EonImmerhin noch in den Top Ten, möchte man bei Eon fast sagen. Früher war der Versorger mal Deutschlands wertvollstes Unternehmen, heute "nur noch" 32,3 Milliarden Euro wert. Feuer und Flamme sind die Aktionäre vor allem wegen der vielen offenen Fragen im Hinblick auf die Energiewende schon lange nicht mehr. Quelle: dpa
Platz 9: AllianzAufwärts ging es dagegen für die Allianz, wenn auch nur ein wenig. Ende 2011 stand Europas größter Versicherer im weltweiten Vergleich noch auf Rang 152, nun auf 144. Der Börsenwert beträgt 33,7 Milliarden Euro. Die Quartalszahlen wiesen solide Gewinne aus, zudem überzeugt Aktionäre eine hohe Dividende. Quelle: dpa
Logo von BMW Quelle: AP
Platz 7: Deutsche TelekomKonstant abwärts geht es für die Deutsche Telekom – da hilft auch die hohe Dividende nichts. Der Börsenwert sank auf 37,8 Milliarden Euro. Das bedeutet weltweit Platz 139. Konzernchef René Obermann muss schleunigst Antworten finden auf die schwierige Situation in den USA und beim Ausbau des Internet-Geschäftes. Quelle: dapd
Platz 6: DaimlerIn Deutschland Rang 6, weltweit auf Platz 135: Daimler legte zuletzt zwar immer wieder Rekordzahlen vor, aber Konkurrenten wie BMW stehen eben noch ein wenig besser da. Daimler ist an der Börse 38,4 Milliarden Euro wert, etwas mehr als vor einem halben Jahr. Quelle: dapd
Platz 5: BayerSpürbar nach oben ging es für Bayer. Der Pharma- und Chemiekonzern zeigt sich äußerst stabil und kam auch mit konjunkturellen Unsicherheiten sehr gut zurecht. 46,4 Milliarden Euro sind die Leverkusener an der Börse wert, ein gutes Stück mehr als Ende 2011 und so kletterte Bayern von Rang 119 auf 111. In Deutschland sind nur vier Konzerne mehr wert ... Quelle: dapd

Was folgern Sie daraus?

SAP muss weniger komplex und bürokratisch werden, aber auf seine Art. Teile des Unternehmens sind schon gut unterwegs, darunter die gesamte Mannschaft, die unsere neue Echtzeitdatenbank Hana weiterentwickelt, das sind inzwischen ja weit über 1000 Leute. Da gibt’s kaum Hierarchien, sie sind weltweit vernetzt. Auch unsere Sparte Cloud Computing, die Software zur Miete aus dem Internet anbietet, ist hier Vorreiter.

Was unterscheidet SAP alt von SAP neu?

Dass wir eine andere Kultur entwickeln. Junge Leute wollen was machen können und nicht ständig bevormundet werden. Die Amis predigen das jeden Tag: Es muss die Freiheit da sein, Fehler zu machen. Wer einen Fehler macht, korrigiert ihn und weiß dann, dass jener Weg nicht funktioniert. Die Fehlervermeidung – und dazu neigen wir Deutschen ja ein wenig – ist der Tod der Kreativität.

Auch wenn das richtig Geld kostet?

Fehler muss man auch im Unternehmen machen dürfen. Wir müssen unternehmerischer werden und härter am Wind segeln, viel schneller am Markt sein. Dann verdienen wir auch früher Geld.

Macht SAP das nicht schon?

Nicht genug. Wir haben beispielsweise viele tolle Sachen mit unserem Datenbankprodukt Hana gebaut. Die werden aber nicht verkauft.

Warum nicht?

Weil der Vertrieb noch nicht darauf ausgerichtet ist, Einzelkomponenten für Hana zu verkaufen. Einzelkomponenten muss man in einem Web-Shop verkaufen. Heute kaufen Menschen und Unternehmen immer mehr online. Hier muss der SAP-Online-Shop die Nummer eins für Geschäftssoftware werden. Da sind wir noch nicht.

Aktien-Info SAP

Apple hat sogar stationäre Läden.

Die Zukunft ist eine Kombination aus Verkauf und Beratung im Internet und Shops mit hoher Visibilität in den großen urbanen Zentren weltweit. Apple macht das, Burberry, jetzt auch Microsoft. Ich habe SAP schon vor Jahren gesagt, sie sollen über eine Shop-Idee nachdenken, auch wenn das für eine Firma mit Geschäftskunden schwierig ist. Hier muss SAP besser werden.

Wie viele Ladenlokale könnten Sie sich für SAP vorstellen?

Das kann ich nicht beurteilen – SAP hat einen Web-Store, der bisher nur eingeschränkt funktioniert. Man kann zum Beispiel bisher nur in den USA und Kanada mit Kreditkarte online bezahlen. Das reicht nicht. Physische Shops kann man sich vor allem in den großen Städten vorstellen.

Ihre beiden Vorstandsvorsitzenden Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott sagen seit einiger Zeit, SAP wolle auch näher an die Konsumenten heranrücken. Wie soll das mit Programmen für die Finanzbuchhaltung gehen?

SAP muss emotionaler werden. Wir haben in China zum Beispiel ein Produkt namens „Runway“ auf den Markt gebracht. Das ist eine Art soziales Netzwerk, auf dem man sich mit Freunden über Mode austauschen kann. Man schickt an seine Freunde ein Foto mit neuen Schuhen oder Klamotten und fragt, was die davon halten – und die entscheiden dann, ob man sich das kaufen soll. Das ist in China bei 15- bis 19-Jährigen sehr beliebt, es macht Spaß.

Benutzerfreundlichere Bedienung dank Fiori

Plattners provokanteste Sprüche
Hasso Plattner Quelle: REUTERS
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SAP-Software soll Spaß machen – das klingt so, als würden Sie sagen, die Arbeit im Steinbruch muss Spaß machen.

Ich lebe ja nun fast die halbe Zeit in Amerika und mache die Erfahrung, wie schrecklich Bedienoberflächen made in Germany sind. Und das quer durch alle Branchen und selbst bei den besten Anbietern. Deshalb haben wir uns in den vergangenen zwölf Monaten wirklich erstmals seit Langem wieder um das Design und die Vereinfachung ausgewählter Produkte gekümmert. Diese Erfahrungen mündeten in unsere neue Produktreihe namens Fiori, zu Deutsch: Blume. Hier werden Antworten auf Fragen und Entscheidungen einfach, anschaulich, übersichtlich und intuitiv leicht gemacht. Ein tolles Produkt. Buchhaltung dagegen wird von Spezialisten betrieben, sie muss vor allem schnell sein.

Wer ist denn bei SAP überhaupt in der Lage, sich etwas Blumiges auszudenken?

Wir machen das in unseren US-Innovationszentrum in Palo Alto. Die Entwicklungsabteilung ist eingebunden, aber sie ist nicht federführend. Nur so kriegen wir die dafür nötige Energie und Kreativität. Die ersten 25 Produkte sind jetzt fertig – mit einer überragenden Aufnahme beim Kunden. Und das zeigt uns: Ja, wir können es genauso gut und sogar besser als die anderen, wir müssen es nur machen.

Davon merken unsere Kollegen in der Redaktion noch nichts, wenn sie sich kompliziert in das Reisekostenmodul von SAP einloggen und bestimmte Kosten nicht eintragen können.

Sagen Sie Ihren Kollegen, Sie sollen mir schreiben, wenn sie sich ärgern. Schon vor Jahren sagte ich zu unseren Leuten, die dafür verantwortlich sind: Das muss endlich aufhören, das muss anders heißen, die Überschrift „Reisekosten“ muss weg, man muss Spesen unabhängig von Reisen absetzen können. Ein Jahr später bekomme ich eine neue Version vorgeführt mit dem Namen „Die neue Reisekostenabrechnung“. Ich habe die Leute nach Hause geschickt. In Fiori ist die Reisekostenabrechnung jetzt neu gemacht. Wir werden sie Ihnen zum Testen geben.

Plattners beste Sprüche

Wie viele Kunden haben Sie mit Ihrer wenig benutzerfreundlichen Software schon vergrätzt?

Unser langjähriger Kunde Nestlé hat damit gedroht, dass sie künftig in der Benutzeroberfläche mit unserem US-Wettbewerber Salesforce zusammenarbeiten. Unser SAP-Entwicklungschef Vishal Sikka und ich haben zwei Mal eindringlich darum gebeten: „Gebt uns noch eine Chance.“ Die Spesenabrechnung oder Urlaubsverwaltung sind Funktionen, die etwa 80 Prozent aller Mitarbeiter in einem Unternehmen tangieren. Und die ärgern sich sehr darüber, wenn derart einfache Transaktionen nicht einfach zu bedienen sind. Jetzt gibt’s tatsächlich erstmals positives Feedback mit Fiori.

Und das neue Mauerblümchen kommt bei den Kunden an?

Fiori ist kein Mauerblümchen, sondern ein sehr attraktives Produkt, das eine einfache consumerfreundliche Benutzung für die am meisten genutzten Geschäftsanwendungen wie Urlaubsplanung, Zeiterfassung und Bestellungen bietet. Der Verkaufserfolg ist signifikant höher, auch weil man sich den Namen merken kann. Und wenn das Produkt gut funktioniert, ist es direkt mit etwas Positivem assoziiert.

Warum setzen Sie bei solchen Neuentwicklungen auf den SAP-Sitz in Palo Alto im Silicon Valley?

Weil ich dort von einer besonderen Mischung Leute umgeben bin. Sie stammen zu 50 Prozent aus Indien, sind Chinesen oder Auswanderer aus Europa, also eine bunte Mischung. Und deren Wille, zu gewinnen, ist enorm – höher als in Deutschland.

Guter Diktator, aber kein Überchef

Foto von Hasso Plattner Quelle: dpa

Ist es Ihr persönliches Geschäftsmodell, von Potsdam und Palo Alto aus SAP aufzumischen?

Als ich 2003 vom Vorstandsvorsitz in den Aufsichtsrat wechselte, war mein Vorbild der Microsoft-Gründer Bill Gates. Der hatte sich 2000 vom Chefposten zurückgezogen und war Chief Software Officer geworden, also Chef-Softwareberater, mit dem Schwerpunkt Forschung. Das wollte ich auch so machen. Irgendwann habe ich dann Informatik-Vorlesungen an der Hochschule in Potsdam gegeben und gemerkt, ich bin viel zu weit raus. Ich musste Informatik praktisch neu lernen und konnte erst dann meine Beraterfunktion bei SAP richtig ausüben, um wirklich neue Anregungen in Sachen Software zu geben.

Welche Rolle spielte dabei das von Ihnen finanzierte und nach Ihnen benannte Institut an der Uni Potsdam?

Das war eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung des neuen SAP-Datenprogramms Hana. Ohne die Kreativität und Hilfe meiner Studenten etwa beim Bau von Prototypen wären wir nie so weit gekommen. So konnte ich ein paar Leute bei SAP aufschrecken und habe viele Mitstreiter gefunden. Das wäre mir nur aus meiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender niemals gelungen. Hana wurde auch anders entwickelt als die gesamte SAP-Software vorher, in einem virtuellen Team verteilt über die ganze Welt mit Programmierern in Korea, China, Indien, Israel, Deutschland, Frankreich und den USA.

Ein solcher Über-Chef ist in den Regeln guter Unternehmensführung eigentlich nicht vorgesehen?

Ich bin kein Über-Chef. Ja, ich berate mit Leidenschaft und Überzeugung. Aber ich mache auch nicht mehr als der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch.

Hätte Hana nicht auch bei SAP entwickelt werden können?

Nein, das Projekt hätte bei SAP alleine keine Chance gehabt. Es gab drei wichtige Softwarebausteine aus dem Hause SAP, die technisch in Hana eingeflossen sind. Mit denen habe ich meine Studenten experimentieren und einen Prototyp bauen lassen. Letztlich ist das Produkt dann bei SAP gebaut worden.

Plattners Lebenswerk

Wie haben Sie den Vorstand überzeugt?

Ich habe zum SAP-Vorstand gesagt, ich sehe eine große Möglichkeit, etwas wirklich Innovatives zu entwickeln. Die Voraussetzung dafür sei aber, dass ich mit einem Team die drei Softwarelösungen nutzen kann. Und ich möchte autorisiert werden, in diesem Projekt sagen zu können, wo es langgeht – aber nur auf dieses Projekt bezogen.

Also doch Godfather?

Nein, ich habe nur darum gebeten, hier will ich entscheiden, was gemacht wird, quasi als guter Diktator, sonst mache ich es nicht. Heute macht Hana Schule bei SAP, und es werden immer mehr neue Programme wie Fiori international in virtuellen, sehr kreativen Teams entwickelt. Das größte Entwicklungslab ist immer noch am SAP-Konzernsitz in Walldorf, das zweitgrößte in Indien, gefolgt von Palo Alto und Shanghai. Und dann kommen die vielen anderen, darunter demnächst auch ein neues in der Türkei.

Vor einem Jahr haben Sie auf einer Mitarbeiterversammlung in Palo Alto deutliche Worte gegen die Vermögensteuer gefunden. Hat sich Ihre Meinung geändert?

Das ist mein Lieblingsthema. Mit der Strategie des Grünen-Spitzenkandidaten Jürgen Trittin oder seines SPD-Kollegen Peer Steinbrück kriegen wir hier keine Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg wie in den USA. Die rot-grünen Pläne zur Besteuerung von Betriebsvermögen würden genau das Gegenteil bewirken. Was würden Facebook-Aktionäre wohl sagen, wenn sie 1,5 Milliarden Dollar im Jahr zahlen sollten, um weiter Facebook-Aktien halten zu können. Oder wie soll ich mich verhalten, wenn ich künftig alle viereinhalb Jahre zehn Prozent meiner Anteile an SAP, also am Produktivvermögen, durch Besteuerung verlieren würde? Und für die neue deutsche Startup-Szene wäre es fatal.

Staatliche IT-Initiativen nein, außereuropäische Clouds ja

Welche IT-Unternehmen am schnellsten wachsen
Platz 10: ShutterflyGanz unscheinbar kommt dieses Angebot daher, das immer mehr Kunden für sich begeistern kann. Um nichts weiter als Fotos geht es auf der Plattform Shutterfly. Hier können Nutzer ihre Fotos teilen, ausdrucken oder einfach speichern. Auch das Bearbeiten der Bilder ist über ein eingebautes Tool möglich. Und natürlich lassen sich auch Tassen, Fotobücher und Co. über die Plattform bestellen. Quelle: Screenshot
Platz 9: Cognizant Technology SolutionsDas Gesamtpaket zur Datenanalyse für verschiedene Industriebereiche bietet das Unternehmen aus New Jersey an. Außerdem ist es in diesem Bereich als Berater unterwegs. Wichtigster Standort ist allerdings nicht New Jersey, sondern Chennai in Indien, wo insgesamt 137.000 Angestellte arbeiten. Seit März 2008 kooperiert das Unternehmen mit der Telekom-Sparte T-Systems. Geplant ist eine gemeinsame globale Service-Offensive für Systemintegration. Quelle: Screenshot
Platz 8: Riverbed TechnologyRiverbed Technologies ist auf Netzwerklösungen für weite geographisch Flächen, sogenannte WAN-Systeme, spezialisiert. Außerdem bietet das Unternehmen private Datenzentren an - cloudbasiert. Dabei verspricht das Unternehmen einen besonders schnellen Datenverkehr. Quelle: Screenshot
Platz 7: Aruba NetworksDas Unternehmen verbindet Menschen virtuell - mit Hilfe kabelloser Netzwerke sogar kilometerweit. Mit der Technik lässt sich zum Beispiel ein Campus oder ein großes Industriegelände mit kabellosem Highspeed-Internet ausstatten. Quelle: Presse
Platz 6: EbixOn-Demand und E-Commerce - das sind die Felder auf denen sich Dienstleistungen von Ebix international profiliert haben. Das Unternehmen bietet vor allem Software für die Versicherungsbranche an und führt mehr als 30 Büros in den USA, Australien, Singapur, Neuseeland, Kanada, China, Japan und Indien. Quelle: Screenshot
Platz 5: EquinixDas Unternehmen bringt alle Beteiligten eines Geschäftsvorganges zusammen: Die Idee, die Partner und die Kunden - und das weltweit. Equinix hat bereits 4000 Unternehmen aus den Bereichen Cloud, Digitale Inhalte und Finanzen zusammengeführt. Quelle: Screenshot
Platz 4: AthenahealthDem Unternehmen ist die Schnittstelle zwischen der Administration mehrerer Kliniken und der Arbeit der Mediziner gelungen - alles cloudbasiert. Die Firma bietet ein Programm an, über das eine Art elektronisches Krankenblatt der Patienten erstellt werden kann. Die Erkenntnisse aus jedem Patientenvorgang werden so in einer gemeinsamen Datenbank abgelegt. Durch geschickte Analyse können so Krankheitsfälle schneller bearbeitet und Diagnosen genauer getroffen werden. Quelle: Presse

Was antworten diese Politiker, wenn Sie ihnen vorrechnen, dass sie dadurch faktisch das Ende von SAP als deutsches Unternehmen einläuten würden?

Steinbrück hat immer geantwortet, dass es bei Aktiengesellschaften Probleme gäbe, er das aber hinbekäme. Die Grünen haben es unter Joschka Fischer ein Mal verstanden, nun haben sie alles vergessen. Sie sollen sich mal vor deutsche Bauern hinstellen und ihnen erklären, sie müssten jetzt Vermögensteuer auf ihren Grund und Boden bezahlen und dadurch alle viereinhalb Jahre zehn Prozent von ihrem Besitz abgeben. Dann würden die Traktoren nur so um den Reichstag im Kreis herumfahren. Genauso wären die Folgen einer Besteuerung von Betriebskapital. Steinbrück weiß das, macht aber nichts.

Was wäre so schlimm daran, wenn SAP wie viele andere Dax-Konzerne überwiegend in ausländischer Hand läge?

Wenn Aktienvermögen besteuert wird, investiert keiner mehr in Deutschland in Aktien. Warum auch, wenn er das volle Risiko trägt, Unternehmertum fördert und obendrein besteuert wird. Wenn der chinesische Staat aber mehr Aktien hält als alle Deutschen zusammen, dann hat das Auswirkungen auf ein Unternehmen. In einer freiheitlichen, marktwirtschaftlichen Ordnung kann man nicht das Recht am Besitz ignorieren. Daher sollten sich die Politiker gut überlegen, wenn sie die Aktionäre der wertvollsten deutschen Firma durch eine Vermögensteuer zum Gang aus dem Land oder zum Verkauf an ausländische Investoren zwingen würden – auch wenn ich damit natürlich nicht drohen möchte.

Fürchten Sie den wachsenden Wettbewerb mit US-Giganten, der sich bei Trendthemen wie mobiler Datenverarbeitung, Big Data und Cloud Computing anbahnt?

Wir haben inzwischen die interessante Situation, dass SAP mit Oracle, IBM, Microsoft, zum Teil HP und EMC, also mit dem amerikanischen Who’s who im direkten Wettbewerb steht. Denn jetzt machen alle eine Datenbank wie wir mit Hana. Das ist schon ein gewagtes Spiel. Aber wenn wir das nicht wagen würden, würden wir die beste Chance verpassen, die SAP seit der erfolgreichen Unternehmenssoftware R/3 vor gut 20 Jahren hatte. So haben wir aber wirklich etwas Großes erschaffen.

Seit zwei Wochen ist bekannt, dass die Amerikaner mit ihrem Projekt Prism und die Briten mit Tempora den Datenverkehr ausspähen. Daher fordern Politiker verstärkt eine eigenständigere europäische oder deutsche IT-Industrie. Zu Recht?

Wenn die Politik fordert, wir sollten ein deutsches oder europäisches Google bauen, ist das lächerlich. Genau so baut man nämlich kein Google und staatlich schon gar nicht. Staatliche IT-Initiativen können unternehmerische Innovation nie ersetzen. Da lügen wir uns in die Tasche.

Brauchen wir nicht trotzdem eine deutsche oder europäische Cloud?

Das ist etwas anderes. Wir bauen tatsächlich eine Cloud für China und in China, eine in Europa und eine in den USA, vielleicht noch eine in Südamerika, allesamt voneinander getrennt. Die meisten Konzerne machen jedoch Geschäfte in der ganzen Welt, sind also vernetzt. Eine regionale Cloud dient vor allem dazu, den Datenzugriff in der privaten Cloud regional zu regeln und klare Standards für Cloud-Sicherheit zu schaffen. Der weltweite Datenverkehr im Internet läuft heute über diverse Datenknoten, die leider auch staatliche Nachrichtendienste anzapfen können.

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