iPhone-Gigant vs. Medienkonzern Warum Apple Facebook attackiert

Seite 2/2

Schwierige Enthaltsamkeit

Seit der Markteinführung vor elf Jahren hat Apple rund 1,4 Milliarden iPhones verkauft. Zuletzt sind die Geräte vor allem teurer geworden, Spitzenmodelle kosten mehr als 1000 Dollar. Mehr ist wohl nicht drin. Die neuesten Premium-iPhones, die im Herbst auf den Markt kommen sollen, dürften wieder günstiger werden, meint der für gewöhnlich gut informierte Analyst Ming-Chi Kuo von TF International Securities.

Apple will deshalb das Zusatzgeschäft weiter ausbauen. Der Umsatz der Servicesparte, die Apps, Musik, Videos und Speicherplatz vermarktet, soll bis 2020 von aktuell 39 auf 50 Milliarden Dollar steigen. Während die Konkurrenten Google und Samsung 15 Gigabyte kostenlosen Speicherplatz bieten, zahlen Apple-Nutzer schon ab fünf Gigabyte. Das allein wird aber nicht reichen, um mögliche Rückgänge im Smartphone-Geschäft aufzufangen. Der Druck, die Kundendaten stärker als bisher zu nutzen, dürfte deshalb steigen.

Zumal Beobachter bereits fürchten, dass Apple wegen der freiwilligen Selbstbeschränkung bei wichtigen Zukunftsthemen hinter die Konkurrenz zurückfällt. So hatte der Konzern mit Siri vor fast sieben Jahren zwar als erstes Unternehmen überhaupt einen sprachbasierten, digitalen Assistenten auf den Markt gebracht.
Doch inzwischen haben Alexa von Amazon und der Assistant von Google das Original technisch weit abgehängt. Während Alexa Einkäufe, Beleuchtung, Heizung und Fernseher steuert, Taxis bestellt, Hotels sucht und den Wagen öffnet, kapituliert Siri schon bei vergleichsweise einfachen Anfragen. Dabei beschäftigt Apple ähnlich viele Experten für künstliche Intelligenz wie die Wettbewerber. Anders als diese verwendet Apple die Anfragen der Nutzer über Siri aber nur anonym.

Im Konflikt mit der US-Regierung hat Cook demonstrativ die Privatsphäre seiner Nutzer verteidigt. So weigerte sich Apple, den Zugang zu Handys von Terroristen freizugeben. Das neue Betriebssystem iOS 12, das im September auf den Markt kommt, soll die technische Hürde nochmals erhöhen.

In China aber ist Cook nicht ganz so konsequent. Seit März speichert Apple die Daten seiner dortigen Kunden in Rechenzentren innerhalb des Landes, die der Konzern gemeinsam mit der chinesischen Regierungsfirma Guizhou-Cloud Big Data betreibt. Die Informationen sind verschlüsselt, die Schlüssel musste Apple aber ebenfalls in China hinterlegen.

„Diese Scheinheiligkeit ist atemberaubend“, empört sich Nicholas Bequelin, der in Hongkong die Menschenrechtsorganisation Amnesty International vertritt. „Alle Apple-Nutzer sind gleich, aber manche sind weniger gleich.“ Cook erklärt, dass er nur lokale Gesetze befolge. Rückschläge auf dem derzeit wichtigsten Wachstumsmarkt kann er sich nicht leisten.

Ablenken mit Attacke

Die verbale Attacke auf Facebook kann von solch unangenehmen Themen und ungelösten Zukunftsfragen ablenken. Entscheidend treffen dürften sie das soziale Netzwerk kaum. Der Anteil von Apples Safari-Browser am Weltmarkt liegt bei gerade mal 14 Prozent.

Die öffentlichen Antworten von Facebook fallen entsprechend selbstbewusst aus. „Kann sich jeder Konsument ein Abo für zehn Dollar oder ein Gerät für 700 Dollar leisten?“, fragt Technikchef Mike Schroepfer. Milliarden Menschen könnten das nicht. Und Zuckerberg selbst weist den Vorwurf als „aalglatt und falsch“ zurück, dass sich sein Unternehmen nicht um seine Nutzer kümmere, weil diese die Dienste kostenlos nutzen könnten.

Die Macht des Facebook-Chefs geht deutlich weiter als die von Cook. Gerade erst scheiterten Aktionäre des Netzwerks mit einer Initiative, dem Gründer jene Mehrfachstimmrechte abzuerkennen, mit denen er den Konzern unangefochten kontrolliert. Er wird vermutlich immer noch an der Spitze des Unternehmens stehen, wenn Cook nicht mehr im Amt ist. Und mit dem Nachfolger dann womöglich wieder spazierengehen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%