




Für Tim Cooks Verhältnisse war es ein kleiner Zornesausbruch. Dabei gibt sich der Apple-Chef öffentlich stets ruhig und besonnen. Als Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi ihn jedoch bei der Präsentation der Quartalszahlen am Dienstagabend fragte, warum Apple einen so wichtigen Partner wie den Chiphersteller Qualcomm durch den Stopp von Lizenzzahlungen verprelle, wurde Cooks Stimme hörbar schärfer.
Jeder, der ein wichtiges Patent besitze, habe die Verpflichtung, es zu fairen, nachvollziehbaren und nicht diskriminierenden Bedingungen an jeden Interessenten zu lizenzieren, stellte Cook klar. “Qualcomm hat Apple solch ein Angebot nicht gemacht”.
Hintergrund: Apple und der Chiphersteller aus San Diego liefern sich seit Monaten eine heftige Auseinandersetzung, die Branchenbeobachter bereits mit einem Nuklearkrieg vergleichen. Qualcomm verdient dank seinem umfangreichen Patentportfolio an jedem Smartphone kräftig mit, egal ob Android oder iPhone. Viel zu viel, wie Apple meint, das deswegen jedes Jahr über seine Auftragsfertiger mehrere Milliarden Dollar Lizenzzahlungen abdrücken muss. Deshalb hat man den ungeliebten Partner wegen “monopolistischer Praktiken” verklagt.
Besonders stört Cook, dass Qualcomm seine Lizenzen an den Verkaufswert der Smartphones koppelt. Weil die iPhones in der Regel wesentlich teurer sind, muss Apple mehr berappen als Wettbewerber. Das schmälert die Margen in dem zunehmend gesättigten Markt für Highend-Smartphones.
Apple hätte lieber einen direkten Lizenzvertrag mit wesentlich günstigeren Konditionen, schon wegen der schieren Abnahmemenge. Doch trotz mehrjährigem Verhandlungsmarathon ist man mit Qualcomm zu keiner Einigung gekommen. Deshalb hat Apple – jüngster Höhepunkt der Auseinandersetzung – seine Lizenzzahlungen ganz eingestellt, was die Qualcomm-Aktie auf Talfahrt schickte.
Gefährlicher Stein in der Schleuder
Nun ist Qualcomm von der Größe her kein biblischer David. Der Konzern hat immerhin einen Börsenwert von rund 79 Milliarden Dollar. Doch im Vergleich dazu ist Apple ein Goliath. Dessen Barreserven betragen derzeit 256 Milliarden Dollar, wie Finanzchef Luca Maestri am Dienstag berichtete. Doch Qualcomm-Chef Steve Mollenkopf hat einen gefährlichen Stein in der Schleuder. Analysten wie Sacconaghi fragen sich bereits, ob er es wagt, ihn abzufeuern. Qualcomm könnte wegen der ausbleibenden Lizenzzahlungen den Marktstart des mit großer Spannung erwarteten Nachfolger des iPhone 7 gerichtlich blockieren oder zumindest massiv verzögern. Das wäre der Gau für Apple.





Cook spielte die Gefahr herunter, konnte sie aber nicht ausschließen: “Wir werden sehen”. Doch jede Unsicherheit beim iPhone ist Gift für die Apple-Aktie, wie sich am Dienstag nach Börsenschluss zeigte.
Eigentlich hatten Cook und Maestri gute Zahlen für das erste Kalenderquartal präsentiert. Apple wächst wieder. Der Umsatz legte um 4,6 Prozent auf rund 53,9 Milliarden Dollar zu. Der Gewinn stieg um 4,8 Prozent auf 11,03 Milliarden Dollar. Die Nachfrage nach den ursprünglich von der Kritik verrissenen AirPods kann nicht gesättigt werden. Mit seiner Kategorie “Tragbare Geräte”, zu denen auch Beats-Kopfhörer und die Apple Watch gehören, setzt Apple nach eigener Auskunft mindestens fünf Milliarden Dollar im Jahr um.
Das Dienstleistungsgeschäft, zu dem Apple Music, der AppStore und der Bezahldienst Apple Pay gehören, legte im ersten Kalenderquartal 18 Prozent auf rund sieben Milliarden Dollar zu. Der AppStore, betonte Maestri, setzte mindestens doppelt so viel wie Googles Pendant Google Play um.
Apples Aktionäre werden weiter gehätschelt. Der Konzern erhöht über zusätzliche 50 Milliarden Dollar nicht nur seine Dividende, sondern will die Summe auch für Aktienrückkäufe einsetzen. Trotz all dieser guten Nachrichten fiel die Apple-Aktie im nachbörslichen Handel um fast zwei Prozent.