iPhone X Apple enttäuscht und begeistert zugleich

Das iPhone X Quelle: AP

Der Absatz von Apples Bestseller, dem iPhone, schrumpft. Die Umsatzprognose fürs laufende Quartal liegt unter den Erwartungen der Analysten. Warum sich Apples Aktionäre trotzdem nicht sorgen müssen.

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Berichte des japanischen Wirtschaftsblatts Nikkei Review, dass der Einkauf der Bauteile für das iPhone X gedrosselt worden sei und damit logischerweise auch die Produktion von Apples erst im November eingeführten iPhone Flaggschiff, hatten in den vergangenen Tagen für Panik bei einigen Apple-Aktionären gesorgt. Ist das hochgejubelte iPhone X ein Flop?

Bei der Vorlage der neuesten Quartalszahlen am Donnerstagabend deutscher Zeit gab sich Konzernchef Tim Cook alle Mühe, Sorgen über Apples Geschäftsverlauf zu zerstreuen. Apple steht in voller Blüte, so lässt sich sein zwölfminütiger Monolog zusammenfassen. Das iPhone X sei auch nach Weihnachten das bestverkaufte Modell geblieben, bekräftigte Cook. Er widersprach damit Gerüchten, dass das günstigere iPhone 8 das besser verkaufte Modell sei.

Der kalifornische Konzern hat im Weihnachtsgeschäft 2017 mit 88,2 Milliarden Dollar einen neuen Umsatzrekord aufgestellt. Der liegt über den eigenen Erwartungen und 13 Prozent über dem Weihnachtsgeschäft 2016, dem bisherigen Rekordhalter. Der Gewinn lag bei knapp 20 Milliarden Dollar, ebenfalls ein neuer Spitzenwert.

Unternehmenskennzahlen FAANG (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google)

Und all das, wie Cook stolz betonte, obwohl das Quartal diesmal statt 13 Wochen nur zwölf Wochen umfasste. In dem das iPhone X – Apples neuer Hoffnungsträger – nur knapp zwei Monate einnahm, da es erst Anfang November auf den Markt kam. Auf allen Kontinenten konnte Apple zulegen, in Japan gar 26 Prozent, in Europa immerhin noch 14 Prozent.  Bis auf den Mac-Umsatz, der fünf Prozent zurückging, konnte alle anderen Produkte zulegen, selbst das iPad verbuchte im Weihnachtsgeschäft fünf Prozent Zuwachs.

Finanzchef Luca Maestri bestätigte dann doch indirekt den Nikkei Bericht. Denn fürs das aktuelle Quartal rechnet Apple mit einem Umsatz zwischen 60 und 62 Milliarden Dollar. Analysten hatten 65 Milliarden Dollar erwartet.

Allerdings, so Maestri, sei es normal, dass in dem Quartal nach einer neuen Produkteinführung das Interesse erstmal zurückgehe. Schließlich läge aber die Umsatzprognose über dem Vergleichszeitraum, dem Frühjahr 2017.

Apple-Loyalisten zögern

 

Trotzdem: Eine für Apple ganz wichtige Kennziffer schwächelt. Im vergangenen Quartal wurden rund eine Million weniger iPhones abgesetzt als im Weihnachtsgeschäft 2016. Dass der Umsatz trotzdem auf neue Höhen kletterte, liegt an dem höheren Preis des iPhone X, dessen günstigste Variante in Deutschland stolze 1149 Euro kostet. Apple konnte so den Durchschnittspreis seiner iPhone Reihe von 695 Dollar auf 796 Dollar erhöhen.

Für Toni Sacconaghi ist der Rückgang des iPhone Absatzes Grund zur Sorge. Da die Konkurrenz nicht maßgeblich zugelegt haben und Apple die Zahl der Neukunden betone, könne dies nur bedeuten, dass weitaus weniger iPhone Besitzer zu einem Neugerät greifen. Der Wille von Apple-Loyalisten, regelmäßig auf das neueste Flaggschiff umzusteigen, war in der Vergangenheit der wichtigste Katalysator fürs iPhone-Geschäft.

Eine mögliche Interpretation: iPhone-Besitzer tun das nicht mehr automatisch, was zwangsläufig das Wachstum schmälert. Schelmisch fragte der Sanford-Bernstein-Analyst, ob er bei seinen Überlegungen etwas vergessen habe. Doch Cook tappte nicht in die aufgestellte Falle. Wahrscheinlich hat Sacconaghi recht, dass die iPhones sich künftig nicht mehr wie frische Semmeln verkaufen und das Geschäft und damit Wachstum komplizierter wird. Doch der Apple-Konzernchef kann das natürlich nicht so klar zugeben, ohne ein Schockbeben an der Wall Street zu riskieren.

Doch seine Reaktion spricht Bände und bestätigt Sacconaghis Szenario. Denn Cook möchte, dass die Presse und die Analysten sich künftig nicht mehr so stark auf die Zahl der abgesetzten iPhones fokussieren, sondern lieber auf die Zahl der genutzten Apple-Geräte.  Die liegt auf dem neuen Rekordstand von 1,3 Milliarden, ein Drittel höher als vor zwei Jahren.

Aus dieser Hardware, ob Apple Watch, iPhone oder Mac, lässt sich eine ganze Menge Zusatzgeschäft generieren. Apple tut dies bereits, mit Abos für seinen Musikdienst Apple Music oder zusätzlichen Speicherplatz. Obwohl der Konzern in Geld schwimmt und Premiumpreise verlangt, zeigt sich Apple beim Online-Speicherplatz knausrig. Gerade mal 5 Gigabyte sind gratis, was mittlerweile wegen der immer voluminöseren Fotodateien oft noch nicht einmal für ein Backup reicht. Statt den Speicherplatz zu erhöhen – Wettbewerber Google offeriert immerhin 15 Gigabyte kostenfrei – knöpft Apple seinen Kunden mindestens 99 Cent pro Monat für mehr Speicher ab. Kleinvieh macht auch Mist, besonders wenn viel von ihm vorhanden ist. Apples Servicesparte, die neben Musik und Speicher auch den Bezahldienst Apple Pay einschließt, setzte im Weihnachtsgeschäft die stolze Summe von 8,47 Milliarden Dollar um. Zwar 30 Millionen Dollar weniger als im Quartal zuvor, aber 18 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Die Sparte ist damit die umsatzstärkste nach dem iPhone.

 

Mehr Profit für Apple dank Trump

 

Bei den Diensten, so Cook, steckt noch eine Menge Wachstum drin. Es ist ein Hinweis darauf, dass dem Konzernchef klar ist, dass er zwar weiterhin Premiumpreise für sein iPhone-Flaggschiff verlangen kann, allerdings weniger Käufer dafür findet. Doch das sieht er nicht als Problem, wenn nur die Zahl der genutzten Apple-Geräte weiter zulegt. Mit anderen Worten: Apple wird künftig eine breitere Palette von Geräten anbieten – vom noch günstigeren Einstiegs-  bis hin zum Spitzenmodell. Diese beinhaltet nicht nur iPhones, sondern auch Macs, iPads, Apple Watches und vielleicht sogar eine Datenbrille für erweiterte Realität, von dessen Zukunftschancen Cook am Donnerstagabend wieder einmal überschwänglich schwärmte.

Die Strategie, wesentlich mehr Zusatzgeschäft aus der Hardware herauszuholen, macht Sinn. So kommt der Konzern nicht nur aus seiner gefährlichen Abhängigkeit von seinem Bestseller iPhone heraus, sondern kann trotz der Marksättigung mit hochwertigen Smartphones plausibel weiter wachsen. Anders ausgedrückt: Apple steht in der Blüte. Doch wenn Cooks Strategie aufgeht, dann ist auf dem Baum trotzdem noch Platz für weitere Früchte, der Winter noch in weiter Ferne.

Während die Trumpsche Steuerreform die öffentlichen Kassen schmälert, können Apple Aktionäre frohlocken. Nicht nur, dass Apple laut Finanzchef Maestri künftig im Schnitt nur noch mit einem Steuersatz von 15 Prozent rechnet – im Weihnachtsgeschäft waren es 26 Prozent. Was bedeutet, dass Apple künftig noch mehr Gewinn einsacken wird.

Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP

Mehr noch: Der Konzern hat nun einen wesentlich „flexibleren Zugriff“ auf sein Auslandsvermögen. Sagenhafte 285 Milliarden Dollar hat Apple gehortet, davon 269 Milliarden – rund 94 Prozent – im Ausland. Weil der Konzern vor der Trumpschen Steuerreform bei Heimholen des Auslandvermögens in die USA mindestens 35 Prozent Steuern hätte zahlen müssen, ist das reichste Unternehmen der Welt paradoxerweise zugleich einer der größten Schuldner.

Geldregen im Frühjahr

Mit den aufgenommenen 122 Milliarden Dollar hat Apple bislang Aktienrückkäufe und Dividenden bezahlt, ohne sein Auslandsvermögen anrühren zu müssen und damit Steuern zu triggern. Die Strategie hat sich ausgezahlt. Statt mindestens 95 Milliarden Dollar muss Apple nun nur 38 Milliarden Dollar an den US-Fiskus abdrücken.

Maestri will Schulden und Barmittel künftig besser austarieren. Das bedeutet nicht, dass Apple keine Schulden mehr aufnimmt, wie Cook eilig klarstellt. Aber der Konzern kann so große Akquisitionen noch einfacher stemmen. Selbst das hochgehypte Tesla Motors – mit knapp 60 Milliarden Dollar Börsenwert – ist so finanzierbar.

Vor allem muss Cook sich im Gegensatz zu anderen Unternehmen keine Sorgen über steigende Kreditzinsen machen. Weil Apple aber unmöglich all sein Geld für Übernahmen ausgeben kann, können Aktionäre auf noch höhere Dividenden und Aktienrückkäufe hoffen. Im Frühjahr wollen sich Cook und Maestri zu den künftigen Plänen äußern. Allein das dürfte die Phantasie der Aktionäre und damit die Apple Aktie beflügeln. Am Donnerstag nach Börsenschluss gelang das bereits. Da legte sie um immerhin 3,4 Prozent zu. Die Chance, als erstes Unternehmen der Welt die Börsenbewertung von einer Billion Dollar zu knacken, rückt damit wieder näher.

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