Isabel Ge Mahe Diese Frau soll Apple in China retten

Apple steht in China stark unter Druck. Die Umsätze brechen ein. Jetzt schickt das Unternehmen mit Isabel Ge Mahe eine neue Cheflobbyistin, die in Peking für gute Beziehungen sorgen soll.

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Isabel Ge Mahe wird Apples China-Chefin Quelle: Apple

Seit dieser Woche hat Isabel Ge Mahe, was man wohl guten Gewissens als einen der härtesten Jobs Chinas bezeichnen darf: Sie ist die lokale Chefin des amerikanischen Techgiganten Apple.

Während das Unternehmen in den USA Kult-Charakter hat, steht Apple in China mit dem Rücken zur Wand. Seit Jahren bezeichnet Apples Konzernchef Tim Cook China zwar als den „nächsten großen Wachstumsmarkt“, wo sein Unternehmen seit 2009 seinen Weltbestseller iPhone verkauft.

Doch nach anfänglichen Erfolgen ist die Offensive der Kalifornier ins Stocken geraten. Seit vergangenem Jahr gehen die Umsätze und Gewinne im Reich der Mitte stetig zurück. Im ersten Quartal lagen diese um 14 Prozent unter den Ergebnissen des Vorjahres.

Wer bei Apple die Fäden zieht
Apple-Legenden Quelle: AP
Tim CookDer Manager ist seit 1998 im Konzern und übernahm 2011 die Zügel von Gründer Steve Jobs, der nur wenige Wochen später verstarb. Der Sohn eines Werftarbeiters arbeitete zunächst bei IBM und Compaq. Beim iPhone-Konzern brauchte er lange, um aus dem Schatten von Übervater Jobs hervorzutreten. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, keine neuen Produktinnovationen an den Start gebracht zu haben. Darauf reagierte er unter anderem mit der Einführung der Apple Watch. 2014 outete er sich als erster Chef eines amerikanischen Großkonzerns als homosexuell. Quelle: dpa
Jonathan IveDer Brite hat als Chefdesigner einen der einflussreichsten Posten im Konzern. Seit 1992 arbeitet er für Apple. Sein erstes großes Projekt war der iMac, dessen Formsprache Apple-Produkte wie das iPhone oder das iPad bis heute beeinflusst. Im Mai 2015 übernahm er den neu geschaffenen Posten als Designvorstand. Ive ist ein großer Bewunderer des Braun-Designers Dieter Rams. Quelle: REUTERS
Luca MaestriDer Italiener ist seit 2013 im Vorstand von Apple für die Finanzen zuständig. Zuvor sammelte er zahlreiche internationale Erfahrung, unter anderem bei General Motors, Nokia, Siemens Networks und Xerox. Quelle: PR
Jeff WilliamsWilliams ist seit 1998 im Konzern und seit Dezember 2015 Chief Operating Officer. Zuvor arbeitete er 13 Jahre lang für den Computerriesen IBM. Er spielte zunächst eine wichtige Rolle beim Einstieg des Konzerns in den Smartphone-Markt und leitete später die Entwicklung der Apple Watch. Quelle: dpa
Eddy CueEddy Cue ist ein echtes Apple-Urgestein. Der studierte Informatiker arbeitet seit 1989 für den Konzern. Er trieb zunächst den Aufbau des Online-Geschäfts von Apple voran und war später auch für den iTunes-Store und den App Store verantwortlich. Als Senior Vice President für Internet-Software und Dienstleistungen unterstehen ihm heute alle Online-Marktplätze. 2014 wurde er für seine Verdienste um die Entwicklung der Medienbranche mit dem „Spirit of Live“-Preis ausgezeichnet. Quelle: REUTERS
Craig FederighiDer Manager ist studierter Informatiker und Elektroingenieur. 1996 lernte er beim Computerhersteller Next den Apple-Gründer Steve Jobs kennen. Nach drei Jahren beim IT-Unternehmen Ariba kehrte er 2009 zu Apple zurück. Er leitet die Entwicklung der Betriebssysteme iOS und macOS. Das für Apple charakteristisch gewordene minimalistische Design geht auch auf sein Konto. Quelle: AP

Die gebürtige Chinesin Isabel Ge Mahe, die auf Chinesisch nur Ge Yue genannt wird, arbeitet bereits seit fast zehn Jahren als Vizepräsidentin der Mobilfunktechnologiesparte in der Zentrale des kalifornischen Konzerns. Nun soll Ge ihr Büro in Cupertino gegen einen Schreibtisch in der ostchinesischen Stadt Shanghai tauschen. Dort muss sie in der neugeschaffenen Rolle als Geschäftsführerin den dunkelsten Fleck in der Erfolgsbilanz von Tim Cook beseitigen.

Apple Pay bekommt in China keinen Fuß auf die Erde

Schuld an Apples Krise sind vor allem preiswerte Android-Smartphones von aufstrebenden chinesischen Konkurrenten wie Lenovo, Huawei, ZTE und BKK Electronics' Oppo und Vivo, die den Geräten von Apple Marktanteile abjagen.

Die chinesische Mittelschicht ist stolz auf den Aufstieg der heimischen Champions. Gleichzeitig nervt sie Apples Drang, alles mit seinem App Store zu verknüpfen. Sie nutzen beispielsweise gerne die Dienste des sozialen Netzwerks WeChat oder den Bezahldienst von Alibaba, anstatt ständig an Apples eigene Produkte geknebelt zu sein. Immer häufiger strafen sie das US-Unternehmen deshalb mit dem Griff nach lokalen Produkten ab.

Zudem ist der staatliche Druck auf Apple auf dem weltweit größten Markt für Mobiltelefone hoch. Chinas Führungsriege stört sich an der Marktmacht des amerikanischen Herstellers. Um Platz für lokale Anbieter zu schaffen, lässt sich Peking immer wieder neue Gängeleien einfallen. Im vergangenen Jahr gewann etwa ein chinesischer Hersteller von Handytaschen in einem umstrittenen Rechtsstreit die Markenrechte des iPhones – genauer gesagt IPHONE – um diese auf seine billigen Federmäppchen zu drucken. Im gleichen Jahr wurde der Verkauf von Filmen und E-Books über die firmeneigene Plattform nach nicht einmal sechs Monaten am Markt verboten.

Lediglich Apples Bezahldienst Apple Pay sowie sein Online-Musikservice sind in China noch zu erreichen. Allerdings wohl nur, weil die Dienste von chinesischen Wettbewerbern wie Alibaba und Tencent weitaus populärer sind. Apple Pay hat schätzungsweise nicht einmal ein Prozent Marktanteil, obwohl es mit gewaltigen Rabatten um neue Kunden wirbt.

Das sind die größten Meilensteine des IT-Giganten
Steve Jobs (rechts) und Steve Wozniak Quelle: dpa
Apple II Quelle: AP
Jobs Quelle: AP
1982 - 19841982 holt Jobs den deutschen Designer Hartmut Esslinger und sein Team nach Kalifornien, um das Aussehen der Apple Computer neu zu definieren. Der Apple Macintosh von 1984 ist seitdem ein Stück Designgeschichte. Quelle: dpa
1985Krise bei Apple. Jobs sucht den Machtkampf mit CEO John Sculley, der in Jobs Rauswurf endet. Quelle: dpa
1991: der erste LaptopApple bringt seinen ersten erfolgreichen Laptop auf den Markt, das PowerBook 100. Quelle: AP
PDA Apple Newton Quelle: dpa

Um die Mächtigen in Peking zu besänftigen, scheint Apple auch internationale Kritik zu riskieren. So berichteten im April die Macher der amerikanischen Satire-Show „China uncensored“, dass ihr Programm auf Apple TV nicht nur in Festlandchina, sondern auch in Hongkong und Taiwan geblockt sei. Zwei Regionen, die nicht unter chinesischem Recht stehen. Regelmäßig sichtet man Cook zudem in der chinesischen Hauptstadt freudestrahlend mit Unternehmergrößen oder Regierungsvertretern.

Wer in China bleiben will, muss investieren

Nun scheint Apple mit Ge sogar auf eine Vollzeit-Lobbyistin zu setzen. Die erfahrene Managerin stammt aus dem nordchinesischen Shenyang unweit der Hauptstadt Pekings und sie kennt sich nicht nur in vielen Bereichen des Unternehmens aus, sondern spricht auch Chinesisch.

Noch ist die Managerin allerdings eine Unbekannte im Land. In den chinesischen Medien scheint niemand etwas mit dem Namen der erfolgreichen Managerin anfangen zu können. Es gibt nur Fotos aus dem Pressearchiv von Apple, keiner scheint sie aus ihrer Zeit vor dem Studium in den USA zu kennen.

Nichtsdestotrotz: Noch scheint man über die Entscheidung von Apple, eine Frau mit chinesischen Wurzeln nach Shanghai zu schicken, zufrieden zu sein.



Dass ihre Ernennung fast gleichzeitig mit dem Bau eines neuen Datenzentrums in China zusammenfällt, ist sicher kein Zufall. Wer bleiben will, muss lokal investieren, fordert Peking. Eine Milliarde Dollar lässt sich Apple die Investition in der südchinesischen Provinz Guizhou kosten, die als die ärmste Region des Landes gilt. Peking will die Provinz bis 2020 zu einem Big Data Hub ausbauen. Apples lokaler Partner, den das Unternehmen mit ins Boot holen musste, ist das 2014 gegründete Staatsunternehmen Guizhou Cloud Big Data Industry. Keine bekannte Größe im Bereich des Cloud-Computings, sicher aber größter Nutznießer der erzwungenen Partnerschaft.

iPhones gelten noch immer als Statussymbol

China hat jüngst seine Gesetze zur Internetsicherheit verschärft. Peking fürchtet sich vor der amerikanischen Computertechnologie, die sie zunehmend als Sicherheitsrisiko einstuft. Apple-Produkte dürfen deshalb seit jüngster Zeit nicht mehr von Behörden werden. Gleichzeitig müssen ausländische Unternehmen Daten von Nutzern aus China im Land speichern und den Zugang zu ihren Servern für Behörden ausweiten. Auch um diese Vorgabe zu erfüllen, dürfte das Unternehmen nun in Guizhou an seinem neuen Datenzentrum schrauben.

Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP

Ges neuer Arbeitsplatz in Shanghai wird wohl östlich des Flusses Huangpu liegen, der die Millionenmetropole in zwei Hälften teilt. Aus dem gemauerten Hochhaus im Zentrum der Stadt, wo heute schon Mitarbeiter des amerikanischen Herstellers arbeiten, wird sie direkt an Apple-Chef Tim Cook und Jeff Williams berichten.

Als Rückenwind bekommt sie von Cook das neue iPhone 8 auf den Weg, das für den Herbst erwartet wird. Denn trotz Marktanteilsverlusten gelten die iPhones von Apple immer noch als Statussymbol. Apple dominiert zumindest noch das Marktsegment für hochwertige Smartphones.

Wenn das neue Gerät ein großer Wurf wird, dürften auch die Umsätze in China wieder anziehen. Das würde Cook und auch der neuen China-Chefin eine Atempause an der Wall Street verschaffen, die Apples Chinageschäft zunehmend kritisch beäugt.

Zahlen und Fakten zum Mobilfunk-Markt

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