
So selbstbewusst wie Ende Januar ist Karl-Heinz Streibich lange nicht vor Presse und Investoren getreten: „In den kommenden Jahren steht die Profitabilität bei uns im Vordergrund“, sagte der Vorstandschef der Software AG, Deutschlands zweitgrößtem IT-Konzern nach SAP, bei der Vorlage der Zahlen für 2014. Seine gute Laune war während der Telefonkonferenz förmlich zu greifen. Kein Wunder, konnte er doch vordergründig eine positive Botschaft verkünden: „Profitabilität vor Wachstum heißt, dass wir keine unrentablen Deals und Projekte machen werden“, erläuterte der 62-Jährige. Um dann noch nachzuschieben: „Aber wir werden natürlich auch wachsen.“





Der neue Fokus auf Klasse statt Masse klingt gut. Zugleich ist er allerdings ein indirektes Eingeständnis von Streibich, dass sich seine Wachstumserwartungen für neu zugekaufte Bereiche nicht erfüllt haben. Das bedeutet: In ihrer derzeitigen Aufstellung – auf der einen Seite das Stammgeschäft mit Datenbanken für Großrechner, das seit Jahren schrumpft, auf der anderen Seite Hoffnungsträger, die nicht wachsen wie geplant – kann die Software AG aus eigener Kraft nicht mehr nennenswert zulegen. Das Unternehmen ist daher dazu verdammt, weiter zuzukaufen.
„Die Software AG hat vor allem im Cloud-Geschäft noch Lücken“, sagt Softwareanalyst Knut Woller vom Münchner Investmenthaus Baader Bank. Cloud Computing bezeichnet die Softwarebereitstellung übers Internet. Woller: „Dort dürfte das Unternehmen nicht um größere Zukäufe herumkommen, wenn es wieder stärker wachsen will.“
Daran hat es bei den Darmstädtern zuletzt gehapert: Seit dem Umsatzhöhepunkt 2010 mit fast 1,12 Milliarden Euro ist das Geschäft deutlich auf knapp 860 Millionen Euro geschrumpft. Das lag zum einen an Spartenverkäufen wie der Abgabe des IT-Beratungsarmes IDS Scheer Consulting im vergangenen Jahr. Zum anderen stottert seit einiger Zeit der als Wachstumsmotor gedachte neue Geschäftsbereich mit sogenannter Integrationssoftware, die verschiedene Programme und Computersysteme miteinander vernetzt.

Dabei hat Streibich den Spagat zwischen Alt- und Neugeschäft lange Zeit gut hinbekommen. Groß geworden ist die 1969 gegründete Software AG mit einem Datenbankprogramm namens Adabas (Adaptable Database System), das auf IBM-Großrechnern läuft und große Informationsmengen verarbeiten kann.
Zwar wächst das Geschäft nicht mehr, weil der Markt für Großrechner seit Jahren stagniert. Aber die Pflege der Adabas-Altsysteme bei Bestandskunden wie Versicherungen oder Finanzdienstleistern spült weiter ordentlich Geld in die Kasse. „Die Sparte ist bis heute die Cashcow des Konzerns“, sagt Mirko Maier, Aktienanalyst bei der LBBW in Stuttgart. Allein im vierten Quartal 2014 lag die operative Gewinnmarge hier bei gut 68 Prozent – mehr als doppelt so hoch wie die Marge bei Integrationssoftware mit rund 27 Prozent. Streibich hat den stetigen Geldstrom aus dem Datenbankgeschäft genutzt, um ein zweites Standbein aufzubauen.
Top 10 der Softwareunternehmen nach Umsatz 2013
Umsatz: 3,8 Milliarden Dollar
Wachstum: 33,3 Prozent (gegenüber dem Vorjahr)
Quelle: Gartner, März 2014
Umsatz: 4,2 Milliarden Dollar
Wachstum: -2,6 Prozent
Umsatz: 4,8 Milliarden Dollar
Wachstum: 14,1 Prozent
Umsatz: 4,9 Milliarden Dollar
Wachstum: -2,7 Prozent
Umsatz: 5,6 Milliarden Dollar
Wachstum: 4,9 Prozent
Umsatz: 6,4 Milliarden Dollar
Wachstum: -0,8 Prozent
Umsatz: 18,5 Milliarden Dollar
Wachstum: 9,5 Prozent
Umsatz: 29,1 Milliarden Dollar
Wachstum: 1,4 Prozent
Umsatz: 29,6 Milliarden Dollar
Wachstum: 3,4 Prozent
Umsatz: 65,7 Milliarden Dollar
Wachstum: 6,0 Prozent
An die Weltspitze katapultiert
Dabei hat er sich auf Software fokussiert, die unterschiedliche Computersysteme und -programme miteinander verbindet – sogenannte Middleware, ein Metier für IT-Spezialisten. Die meisten Nutzer merken von solchen Programmen nichts: Sie sorgen zum Beispiel als Brücke zwischen Bank-Großrechner und Bank-Internet-Seite dafür, dass Online-Banking funktioniert.
Auf solchen Feldern hat Streibich die Software AG durch mehrere Zukäufe in die Weltspitze katapultiert: Die beiden wichtigsten sind 2009 der Kauf von IDS Scheer, der damaligen Nummer drei im deutschen IT-Markt, für rund 482 Millionen Euro. Zwei Jahre zuvor hat er sich für umgerechnet rund 400 Millionen Euro das US-Softwarehaus WebMethods einverleibt. Aus diesen beiden sowie einigen kleineren Übernahmen formt Streibich die intern Business Process Excellence (BPE) genannte Sparte: Sie umfasst verschiedene Softwarepakete zum Management von Geschäftsprozessen.