John Legere Der T-Mobile-Boss liebt den Höllenritt

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Bei der AT&T-Party rausgeflogen

T-Mobile-Kunden können inzwischen jederzeit kündigen und müssen dabei nur die Summe nachzahlen, mit der T-Mobile zuvor das Vertragshandy subventioniert hat. Mehr noch: T-Mobile kauft inzwischen sogar die Kunden der Konkurrenz aus ihren Verträgen heraus, inklusive Strafgebühren. Eine kostspielige Taktik, die aber funktioniert, was ganz entscheidend auf Legeres Guerillamarketing zurückzuführen sein dürfte. Er gibt sich als omnipräsenter Frontkämpfer, der sich nicht hinter seinem Schreibtisch verschanzt, sondern wie eine wandelnde Litfaßsäule Stimmung für T-Mobile macht.

Dazu hat er die scharf geschnittenen Anzüge, die er früher als Strategiechef von AT&T trug, gegen magentafarbene T-Shirts, Lederjacke mit Telekom-Logo, Jeans und rote Turnschuhe eingetauscht. Das Outfit ist ganz auf seine Rolle als Rebell zugeschnitten, der sich nicht um Konventionen schert und genüsslich regelmäßig seine Wettbewerber verspottet.

„Wir lieben es, zu gewinnen“, erklärte Legere den Telekom-Managern bei seinem Auftritt in Bonn. „Aber noch mehr genießen wir es, wenn jemand verliert.“ Sein Krawallo-Image bürstet er damit auf, dass er sich schon mal in seiner magentafarbenen T-Mobile-Montur auf einer Party des Wettbewerbers AT&T eingeschlichen hat, um sich dann öffentlichkeitswirksam rauswerfen zu lassen.

Es ist schwer, zu sagen, ob Legere die Karikatur eines durchgedrehten Chefs nur spielt oder ob er tatsächlich so verrückt ist. Sicher ist, dass er die Rolle authentisch verkörpert. Nicht nur im Hauptquartier in Bellevue nahe Seattle, wo Legere in einem extra angefertigten Segway mit Telekom-Logo durch die Gänge rollt, sondern auch während seiner Besuche in den T-Mobile-Shops und im Callcenter, wo er seine Mitarbeiter bespaßt und mit Mitbringseln wie T-Shirts und Kaffeebechern belohnt. „Jede Story braucht einen Helden“, sagt Legere.

Auf Twitter hat er mittlerweile 4,3 Millionen Follower – auch weil er vor keiner Kontroverse zurückschreckt. Seine Tweets verfasst er selbst, genauso wie US-Präsident Trump. Den Telekom-Juristen hat er verboten, seine Mitteilungen zu entschärfen. Legendär sind seine Twitter-Duelle mit Trump. Im April 2015 beklagte er sich über den Geräuschpegel im New Yorker Hotel des Präsidenten. Trump beschwerte sich im Gegenzug über den „lausigen Service von T-Mobile“. Legere, ein Republikaner, prophezeite später, dass Trump nie Präsident der USA werden würde. Eine Fehleinschätzung: Artig gratulierte er zum Wahlausgang.

Der Erfolg des US-Chefs zahlt sich nicht nur für die Telekom aus. Legere hat im vergangenen Jahr inklusive Aktien rund 20 Millionen Dollar verdient, vier Mal so viel wie Konzernchef Höttges. Beim nächsten Deutschlandbesuch könnte es sich Legere locker leisten, 100-Dollar-Scheine an Telekom-Mitarbeiter zu verteilen. In den USA macht er das bisweilen schon so. Bedingung: Wer einen Schein will, muss seine Frage an Legere vorsingen. Sollte er im steifen Bonn auch nur einen Manager dazu bewegen, hat Legere endgültig bewiesen, dass er alles möglich machen kann. Vielleicht sogar doch noch eine Fusion mit Sprint.

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