Legere selbst ist aber so von sich überzeugt, dass er meint, T-Mobile im Zweifelsfall auch ohne Sprint ganz nach vorne bringen zu können. „In den nächsten vier Jahren werden wir noch schneller wachsen als in den vergangenen vier Jahren“, verspricht er. „Wir werden die Marktführer AT&T und Verizon bereits in naher Zukunft überholen.“ Telekom-Chef Höttges glaubt dagegen, dass ein integrierter Telekom-Konzern mit Mobilfunk, Festnetz und Fernsehen die besseren Wachstumschancen hat. Seine langfristigen Planspiele sehen deshalb vor, dass T-Mobile Teil eines riesigen Telekom- und Medienkonzerns wird, der auf Augenhöhe mit den beiden Platzhirschen AT&T und Verizon konkurrieren kann.
Die Deutsche Telekom will als Gesellschafterin einen so großen Anteil halten, dass die Konzernbilanz weiter mit den in Europa nicht mehr erzielbaren Wachstumsraten aus den USA glänzen kann. Der USA-Chef der Telekom, der diesen Geschäftsplan auch nach solch einer Megafusion umsetzen wird, soll dann weiterhin Legere heißen.
Der Mann ist ein Unikat. Mit seinen langen Haaren, den prägnanten Gesichtszügen und dem Gesangstalent hat er etwas von Mick Jagger. Kombiniert mit Robin Hood: Er steht für Mobilfunkverträge, in denen es keine Knebel-Paragrafen und Fallstricke mehr gibt, und er reißt die Mitarbeiter mit. Das hat es so noch nie gegeben bei der Telekom. „Ich bekomme 100 E-Mails pro Woche mit der Bitte nach einem T-Mobile-T-Shirt. 80 Prozent der Interessenten sind keine Kunden. Ich verschicke das T-Shirt, die Glücklichen machen ein Selfie und werden unsere Kunden“, sagt Legere.
Legere war wohl die letzte Chance für die US-Mobilfunktochter, das lange Jahre belächelte Aschenputtel des Bonner Konzerns. Der aus einer Mittelklassefamilie in Massachusetts stammende Manager liebt Höllenritte. Ein besonders wilder, der eine Dekade dauerte, lag gerade hinter ihm, als er bei der Telekom antrat: Er hatte den bankrotten Glasfasernetz-Spezialisten Global Crossing erst saniert, dann verkauft und sich mit wütenden Gläubigern herumgeschlagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen mutmaßlichen Betrugs und Insiderhandel. Anhörungen vor dem US-Kongress folgten. Die Verfahren wurden gegen Zahlung von 325 Millionen Dollar eingestellt.
Legere ist das Gegenstück zu den eher braven und scheuen Managern in der Bonner Konzernzentrale. Nicht immer politisch korrekt, so soll er in seinen Zeiten bei Global Crossing auch schon mal eine Sekretärin als „Miss Piggy“ verunglimpft haben. Trotzdem oder gerade deswegen heuerte ihn die Telekom im September 2012 als neuen Chef von T-Mobile an. Er sollte das T in den USA zur Kultmarke machen.
Revolutionäre Tarife
Viel Ahnung, gibt Legere freimütig zu, habe er vom Mobilfunkgeschäft nicht gehabt, als er in den Dienst der Telekom trat. Mit seinem engsten Vertrauten David Carey (Legere: „ein Genie“), dem ehemaligen Marketingchef von Global Crossing, heckte er trotzdem einen einfachen, aber genialen Schlachtplan aus: Da T-Mobile ohnehin nichts zu verlieren hatte, so sinnierte das Duo, müsste es sich auch nicht an die von den Branchengrößen Verizon und AT&T aufgestellten Regeln halten – und entwarf revolutionäre Tarifmodelle.