Kampf gegen Internet-Hass Facebook verstärkt sein Löschteam

Facebook auf die wachsende Kritik an seiner Lösch-Politik: Der US-Konzern stellt in Deutschland hunderte neue Mitarbeiter ein und setzt auf einen neuen Standort. Andere Plattformen sind deutlich schlechter aufgestellt.

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Facebook baut die Zahl seiner Mitarbeiter in Deutschland, die strafbare oder beleidigende Einträge entfernen, demnächst stark aus. Quelle: dpa

Düsseldorf Das Netz besteht nicht nur Katzenvideos, Urlaubsschnappschüsse und lustige Emoticons: Fake-News und Hasskommentare machen Sozialen Medien wie Facebook und Twitter das Leben schwer. Das kürzlich verabschiedete „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ von Justizminister Heiko Maas (SPD) setzt die Plattformen zusätzlich unter Druck, schnell auf strafbare Inhalte zu reagieren. Dabei setzt Facebook zwar auch auf Künstliche Intelligenz, beispielsweise um terroristische Inhalte zu enttarnen. Für die Abwägung zwischen Entfernen und Behalten sind allerdings immer noch Menschen nötig – und die machen Fehler.

Jüngstes Beispiel ist die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. Sie hatte einem Facebook-Nutzer, der sie wüst beschimpft hatte, im gleichen Duktus geantwortet. Facebook löschte Hayalis Replik – und sah sich später gezwungen, Fehler einzuräumen. Vor geraumer Zeit hatte Unternehmenschef Mark Zuckerberg deshalb angekündigt, die Mitarbeiterzahl, die sich mit der Bewertung derartiger Inhalte beschäftigen, weltweit von 4.500 auf 7.500 aufzustocken. Auch in Deutschland wird aufgerüstet, wie das Unternehmen am Mittwoch bekannt gab.

Am Standort Essen soll im Herbst ein neues Team seine Arbeit aufnehmen: Partner wird dort der Dienstleistungsanbieter CCC (Competence Call Center), der unter anderem Ebay zu seinen Kunden zählt. CCC beschäftigt rund 5.500 Mitarbeitern an 17 Standorten, neben Deutschland in Österreich, Frankreich und der Türkei. Ab Herbst 2017 soll das neue Team an die Arbeit gehen, dafür sollen 500 neue Mitarbeiter bei CCC für Facebook eingestellt werden. Facebook-Deutschland-Chef Martin Ott betont, dass man sich der Verantwortung bewusst sei und die Anstrengungen im Kampf gegen illegale Inhalte weiter intensivieren wolle: „Wir sind Teil der deutschen Wirtschaft und investieren deshalb in die Region Essen, um unser Engagement in Deutschland weiter auszubauen.“ Das Team soll unter der Leitung der Dubliner Zentrale arbeiten.

Der neue Standort freut auch die neue nordrhein-westfälische Landesregierung: So lässt sich Ministerpräsident Armin Laschet in einer Pressemitteilung mit den Worten zitieren, dass die „Neuansiedlung eines Weltunternehmens“ gut für NRW sei: „Nicht nur wie bisher aus Berlin, sondern jetzt auch aus Nordrhein-Westfalen wird künftig ein wesentlicher Beitrag zur Netzsicherheit und zur Kommunikationskultur im Internet geleistet werden“, so Laschet weiter.

Facebook unterhält bereits ein sogenanntes Löschzentrum in Berlin, betrieben von der Bertelsmann-Tochter Arvato. Dort werde die Zahl auf 700 Mitarbeiter erhöht, teilt Facebook mit.

Am Berliner Standort setzte das Netzwerk zuletzt auf demonstrative Transparenz: Nach kritischen Medienberichten über die Arbeitsbedingungen, die Facebook stets als unzutreffend zurückwies, lud man in diesem Jahr die Grünen-Politikerin Renate Kühnast ins Zentrum. Auch ausgewählte Journalisten durften sich vor Ort ein Bild machen und mit den Arvato-Mitarbeitern sprechen.

Nicht erst das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hatte den Druck auf Facebook erhöht: Manch ein europäischer Politiker sieht darin ein Vorbild für eine gesamteuropäische Regelung. Zuletzt zeigte eine Erhebung der EU-Kommission, dass Facebook und Co. zwar deutlich härter gegen strafbare Inhalte vorgingen, aber in vier von zehn Fällen immer noch nicht wie gewünscht agierten. Auch bei der Reaktionsschnelligkeit gibt es der Studie zufolge noch Nachholbedarf.

Facebook gerät mit seinen knapp zwei Milliarden Nutzern weltweit wegen seines Umgangs mit Hassbotschaften und gezielten Falschnachrichten immer wieder in die Kritik: Dabei sind die Mitbewerbern bei dem Thema noch schlechter aufgestellt: In der EU-Studie heißt es weiter, dass Facebook seine Löschungen in 58 Prozent der Fällen innerhalb von 24 Stunden vornahm. Bei Alphabet-Tochter YouTube betrug die Quote rund 42 Prozent, Twitter schaffte es gerade einmal auf 39 Prozent. Der Künstler Shahak Shapira machte darauf unlängst mit einer umstrittenen Aktion aufmerksam: Er sprayte nicht gelöschten Hass-Tweets vor das Twitter-Büro in Hamburg.

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