




LinkedIn hat Donnerstagnacht nach deutscher Zeit, kurz nach Facebook und Twitter, als dritter und letzter großer Internet-Konzern aus dem Silicon Valley überraschend gute Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Die Zahl der Mitglieder weltweit stieg in einem Jahr von 364 auf 433 Millionen; der Umsatz legte im Vergleich zum ersten Quartal 2015 von 638 auf 861 Millionen Dollar zu. Der Gewinn je Aktie stieg um 37 Prozent auf 99,4 Millionen Dollar oder 0,74 Dollar je Aktie. Analysten hatten mit einem Rückgang auf 60 Cent je Aktie gerechnet.
WirtschaftsWoche: Frau Kolleth, wie viel konnten Sie von Deutschland aus zu den guten Zahlen beitragen?
Kolleth: Wir sind mit dem Geschäftsverlauf im deutschsprachigen Raum, also in Deutschland, Österreich und Schweiz, sehr zufrieden. Wir konnten die Zahl unserer Mitglieder hier seit Anfang 2015 um zwei Millionen Menschen auf insgesamt acht Millionen steigern.

Anders als in den USA, Großbritannien oder Frankreich haben Sie hier zu Lande einen starken Konkurrenten. Xing hat noch rund eine Million mehr Mitglieder. Wie stark hindert Xing Sie am Wachstum?
Der Markt ist groß genug. Wir schätzen das Marktpotenzial auf insgesamt 25 Millionen Fach- und Führungskräfte in den drei Ländern, da sind wir noch lange nicht, wenn wir die Userzahlen beider Unternehmen zusammenzählen. Viel wichtiger ist: Wir wachsen mindestens genauso schnell wie der Wettbewerb und holen auf.
Wie genau definieren Sie dieses Marktpotenzial? Dass man auf Linkedin oder Xing sein sollte, wenn man einen neuen Job sucht, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, aber das dürften ja kaum 25 Millionen Menschen sein…
Natürlich nicht; wir sprechen ja nicht nur aktiv Jobsuchende an, deren Lebensläufe bei uns von Headhuntern gefunden und ausgewertet werden können, sondern alle Fach- und Führungskräfte. Sprich alle, die beruflich in ihrem Fachgebiet auf dem Laufenden bleiben wollen. Die überwiegende Mehrzahl unserer Mitglieder bewirbt sich nicht, sondern tauscht sich in Fachgruppen aus, nutzt unser Online-Weiterbildungsangebot, liest die Artikel und Postings von anderen Mitgliedern aus ihrer Branche auf unserem Nachrichtenkanal Pulse, oder schaut nach, welche Qualifikationen in der eigenen Branche und dem Heimatmarkt gerade benötigt werden. Und natürlich der Klassiker: Man sieht, wer in der Branche wen kennt, und nutzt LinkedIn zur beruflichen Kontaktanbahnung.
Wer wird sich auf die lange Frist durchsetzen, LinkedIn oder Xing?
Wer beruflich ein eher globales Netzwerk braucht und in seiner Arbeit auf internationale Kontakte angewiesen ist, ist in der Regel bei uns. Wir haben weltweit mehr als 400 Millionen Mitglieder, während Xing mit knapp zehn Millionen fast ausschließlich in Deutschland relevant ist. Bestimmte Branchen, die eine globale Workforce haben, sind daher ebenfalls mehr auf LinkedIn vertreten.
So erkennen Sie Fake-Profile bei LinkedIn und Co.
Die Fakes geben sich als selbstständige Headhunter oder als Recruiter von Firmen aus, die es nicht gibt.
Die Profilbilder zeigen in der Regel sehr hübsche, junge Frauen.
Oft stammen Texte und Bilder auch 1:1 aus anderen - echten - Profilen
Die Profile sind voller Keywords (IT-Recruitment, Talent Acquisition, Human Ressources), damit sie leichter gefunden werden. Die meisten Schlagwörter haben einen Bezug zu den Branchen Logistik, Öl- und Gas, also dem Energiesektor
Persönliche Informationen über Uni, Vereine, berufliche Stationen gibt es hingegen kaum.
Zum Beispiel?
IT und Telekom, aber auch die Finanzbranche und die Automobilindustrie sowie Marketing und Werbung. Dann die gesamte Startup-Szene und deren Zielgruppe, also Venture Capital. Aber auch die Industrie ist stark überproportional bei uns vertreten. 29 von 30 Dax Unternehmen nutzen unsere Profi-Tools im Personalwesen.
In welchen deutschen Unternehmen haben Sie die meisten Mitglieder?
Siemens, mit fast 180.000 weltweit, gefolgt von VW, Telekom, Deutscher Bank und Bosch.
Also den Mittelstand müssen Sie erst noch erobern?
Das kann man so nicht sagen; auch Mittelständler mit viel Exportgeschäft wie Hager oder Zeiss sind stark vertreten. 55 Prozent aller unserer Mitglieder im deutschsprachigen Raum arbeiten in kleinen oder mittelgroßen Unternehmen.